Zum Hauptinhalt springen

Rechts- und Geheimnisbruch durch das Parlamentarische Kontrollgremium

Pressemitteilung von Wolfgang Neskovic,

Anlässlich der heutigen Beratung des Parlamentarischen Kontrollgremiums über einen von der Bundesregierung vorgelegten Bericht zur CIA-BND-Affäre kritisiert Wolfgang Neskovic, Mitglied im PKG für die Fraktion DIE LINKE., das Vorgehen der Bundesregierung scharf.

1. Die Strategie der Bundesregierung, einen Untersuchungsausschuss dadurch zu vermeiden, dass dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) angesonnen wird, den von der Bundesregierung angefertigten Bericht im Lichte der vorgenommenen Beratungen des Gremiums zu bewerten, läuft auf einen glatten Rechtsbruch durch das Gremium und auf Täuschung der Öffentlichkeit hinaus. Nach der eindeutigen Gesetzeslage ist es dem PKG nicht gestattet, die gewünschte Bewertung öffentlich vorzunehmen. Außerdem fehlen dem Gremium die für eine verlässliche Sachverhaltsfeststellung erforderlichen Aufklärungsinstrumente. Über diese verfügt allein ein Untersuchungsausschuss.

2. Die vorgesehene Bewertung des Berichtes der Bundesregierung zu den „Vorgängen im Zusammenhang mit dem Irakkrieg und der Bekämpfung des Internationalen Terrorismus“ durch das PKGr stellt einen offenkundigen Rechtsbruch dar und verletzt die den Gremienmitgliedern obliegende gesetzliche Geheimhaltungspflicht. 2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichten¬dienstlicher Tätigkeit des Bundes (PKGG) sind die Beratungen des Gremiums geheim. Von dieser strikten Geheimhaltungspflicht macht § 5 Abs. 1 S. 5 eine Ausnahme, in dem er bestimmt, dass Satz 1 nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge gilt, "wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ihre vorherige Zustimmung erteilt." 2.2. Diese Voraussetzungen sind erkennbar nicht erfüllt, denn die vorgenannte Ausnahme gilt nur für die Bewertung aktueller Vorgänge. Gegenstand des Berichtes sind jedoch nicht aktuelle (also laufende) Vorgänge, sondern abgeschlossene. Die gesamten hier zur Debatte stehenden Verhaltensweisen von BND-Mitarbeitern (Anwesenheit während des Irakkrieges; Vernehmung von Terrorverdächtigen in Syrien und Guantanamo) sind längst beendet, so dass sie nicht Gegenstand einer Bewertung gemäß § 5 Abs. 1 S. 5 PKGG sein können. 2.3. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Verhalten des BND Gegenstand aktueller Diskussionen ist. Aus dem Gesetz (vgl. § 2 PKGG) ergibt sich eindeutig, dass mit dem Begriff "Vorgang" allein das jeweilige Verhalten der der Kontrolle unterliegenden Geheimdienste gemäß § 1 Abs. 1 PKGG erfasst werden soll. Das PKG soll nicht die öffent¬liche Diskussion über die Geheimdienste kontrollieren (und bewerten), sondern die Tätigkeit der Bundesregierung hinsichtlich der Geheimdienste (vgl. § 1 Abs. 1 PKGG).

3. Das PKG ist auch ungeeignet, die von der Bundesregierung gewünschte und erbetene Entlastung herbei zu führen, weil es auf Grund seiner gesetzlichen Befugnisse überhaupt nicht in der Lage ist, eine verlässliche Sachverhaltsfeststellung und eine umfassende Aufklärung zu erreichen. Hierzu fehlen schon die dafür erforderlichen Aufklärungsinstrumente, über die allein ein Untersuchungsausschuss verfügt.
3.1. Das Kontrollgremium kann sich für seine Einschätzung ausschließlich auf die ihn von der Bundesregierung überlassenen Informationen stützen, so dass diejenigen, die um Entlastung durch das Gremium ersuchen, letztlich die Hoheit über Art und Umfang der Kontrolle haben. Umfassende Kompetenzen zur Sachverhaltsermittlung durch Beweiserhebung stehen ihm - anders als einem Untersuchungsausschuss - nicht zur Verfügung.
3.2. So hat das PKG keinen selbständigen Zugriff auf Beweismittel außerhalb der Dienste. Es kann lediglich Mitarbeiter der Dienste hören und die bei ihnen vorhandenen Akten einsehen.
3.3. Ein Untersuchungsausschuss hingegen könnte grundsätzlich auch außerhalb der Dienste befindliche Personen hören und sogar mit Zwangsmitteln (Beschlagnahme) auf Dokumente und Unterlagen zugreifen, die sich nicht im Verfügungsbereich der Geheimdienste befinden (etwa bei anderen Behörden und bei Privatpersonen).
3.4. Weiterhin kann das PKG keine Zeugenvernehmungen durchführen. Behördenmitarbeiter, die dem Gremium berichten, unterliegen nicht der Wahrheitspflicht. Sie können nicht vereidigt werden und sich nicht wegen einer Falschaussage strafbar machen.
3.5. Hinzu kommt, dass den Mitgliedern des PKG die für eine sachgerechte Aufklärungsarbeit erforderliche Zuarbeitung durch Mitarbeiter fehlt. So kann dass der Bewertung zugängliche Material weder von Mitarbeitern aufgearbeitet werden, noch kann es mit diesen kritisch diskutiert werden.
3.6. Schließlich sind die Mitglieder des PKG nachrichtendienstliche Laien, so dass das für eine sachgerechte Aufklärung notwendige fachliche Vorverständnis fehlt.