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Gregor Gysi im Interview © dpaFoto: dpa

Militärische Eskalation stoppen, israelisch-palästinensische Friedenslösung suchen

Pressemitteilung von Gregor Gysi,

Zu den aktuellen Entwicklungen im Konflikt zwischen Israel und Palästina erklärt der außenpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, Gregor Gysi:

„Der Beschuss von zivilen Einrichtungen Israels mit Raketen aus dem Gaza-Streifen ist und bleibt völkerrechtswidrig. Wenn überhaupt, dürfen nach dem Kriegsrecht nur militärische Ziele angegriffen werden. Da die Raketen oft über dem Gazastreifen abgefangen werden, gibt es durch die Hamas-Raketen auch Opfer unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Darüber hinaus beschießt Israel auch Stellungen der Hamas im Gazastreifen, wobei über die Angemessenheit unterschiedlich debattiert wird. Die militärische Eskalation muss umgehend gestoppt werden.

Aber warum die Eskalation? Israel versucht, in Jerusalem Palästinenserinnen und Palästinenser aus ihren Häusern zwangszuräumen, die sie 1956 errichtet haben und seitdem bewohnen. Nach 1948 ist dieses Land von einer UN-Hilfsorganisation unter jordanischer Garantie den Palästinenserinnen und Palästinensern zur Verfügung gestellt worden. Allerdings hat niemand an die Grundbücher gedacht, woraus jetzt Israel einen Anspruch ableitet. Aber juristisch ist darauf hinzuweisen, dass durch Beschluss der UNO von 1946 Jerusalem insgesamt unter internationaler Verwaltung stehen soll. Danach ist Israel dort zu Zwangsräumungen überhaupt nicht berechtigt. Vor allem aber kann niemand bestreiten, dass seit 1956 dort die Palästinenserinnen und Palästinenser leben. Unabhängig von der juristischen Beurteilung kann die Räumungsaktion politisch und moralisch nur deutlich verurteilt werden.

So gibt es nicht nur die Raketen aus dem Gaza-Streifen, sondern auch palästinensischen Widerstand in Jerusalem. Dieser Widerstand erwächst aus der Ohnmacht gegen die polizeiliche und militärische Überlegenheit Israels. Und es gibt kein Land, das diesen Palästinenserinnen und Palästinensern wirksam hilft. Die gesamte Unruhe wird durch die Perspektivlosigkeit der Palästinenserinnen und Palästinenser geschürt. Seit Jahren ruft die Fatah zur Friedlichkeit auf, aber sie erreicht ebenfalls seit Jahren kein Entgegenkommen bei der Regierung unter Ministerpräsident Netanjahu. Das Ergebnis ist, dass in der palästinensischen Bevölkerung die Zustimmung zur Hamas wächst, die wesentlich radikaler, gewaltbereiter ist und sich mit der Existenz des Staates Israel immer noch nicht abfinden will. Auch sie ist im Verhältnis zu Israel erfolglos, aber strahlt für Palästinenserinnen und Palästinenser mehr Widerstandsgeist aus. Es ist nicht zu begreifen, dass die israelische Regierung keine Verständigung mit der Fatah anstrebt und damit indirekt einen Beitrag leistet, die Hamas zu stärken, was die Lösung des Nahost-Konflikts deutlich erschwert. Will die israelische Regierung dies?

Wenn man diesen gesamten Unruheherd überwinden will, gibt es nur eine Möglichkeit: Wir brauchen einen souveränen und sicheren Staat Israel in den Grenzen von 1967 und endlich ebenso einen sicheren und souveränen Staat Palästina im Gazastreifen und im Westjordanland. Gebietstausch kann zwischen beiden Seiten vereinbart werden. Wenn die demütigende Besatzung, die eingeschränkten und sehr unterschiedlichen Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser, die Blockade gegen den Gazastreifen nicht aufhören, werden die Unruhen eskalieren, was die Sicherheit Israels keinesfalls erhöht – im Gegenteil.

Die Räumungsaktionen gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser müssen unverzüglich und dauerhaft gestoppt werden. Wenn sowohl Israel als auch Palästina keine internationale Verwaltung von Jerusalem wollen, gibt es nur die Möglichkeit, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels und Palästinas wird. Die Gleichberechtigung beider Seiten müsste garantiert werden, und eine unparteiische dritte Seite wäre hinzuziehen.

Ende der Gewalt, zwei souveräne und sichere Staaten Israel und Palästina, eine israelisch-palästinensische Lösung für Jerusalem – anders ist Frieden in Nahost nicht zu erreichen!“