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Die Erhöhung des EZB-Leitzinses bremst das Wachstum

Pressemitteilung von Herbert Schui,

Zur Erhöhung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank von 2,25% auf 2,5% erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE., Herbert Schui:

Die EU kann froh sein, wenn ihr Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr 2 Prozent nicht unterschreitet. (Deutschland liegt mit 1,4 Prozent unter dem Prognosedurchschnitt.) Dennoch redet die Europäische Zentralbank von Inflationsgefahren und erhöht den Leitzins auf 2,5 Prozent. Sie begründet diese Verteuerung der Kredite mit der besseren Konjunktur, den höheren Ölpreisen und den bevorstehenden Steuererhöhungen.

Die japanische Wirtschaft ist im Jahr 2005 bei einem Leitzins von nahe Null um 3 Prozent gewachsen. Für 2006 wird ein Wachstum von 4 Prozent prognostiziert. Die USA haben ihren Leitzins mittlerweile zwar auf 4,5 Prozent erhöht, ihr Wachstum aber beläuft sich im Jahr 2005 auf 3,5 Prozent.

Dieser Vergleich zeigt, dass die Politik der EZB durch nichts zu rechfertigen ist: Trotz einer möglichen, leichten Erholung der Konjunktur im kommenden Jahr sind umfangreiche Produktionskapazitäten nicht ausgelastet. Überdies können Erweiterungsinvestitionen jederzeit durchgeführt werden. Steigende Preise wegen unzureichender Produktionskapazitäten und einer Verknappung des Warenangebotes sind daher nicht zu erwarten - es sei denn, die EZB bremst die Investitionen durch ihre Zinspolitik und verursacht damit, dass die Produktionskapazitäten nicht hinreichend vergrößert werden. Preiserhöhungen als Folge steigender Ölpreise und einer Erhöhung der Mehrwertsteuer lassen sich mit der Geldpolitik nur bei einer sehr drastischen Minderung des Wachstum erreichen: Durch hohe Zinsen müsste das Wirtschaftswachstum so sehr gedrosselt werden, dass die Unternehmen weder die höhere Mehrwertsteuer noch die steigenden Energiepreise in ihren Verkaufspreisen überwälzen könnten. Nur durch Stagnation ließe sich hier Preisstabilität erreichen.

Wenn aber die in Deutschland geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 2007 ohnehin die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit das Wachstum absenkt, und wenn die EZB darauf mit Zinserhöhungen reagiert, die das Wachstum um ein weiteres drosseln, dann werden die Steuereinnahmen sinken. Eine Haushaltskonsolidierung ist mit Mehrwertsteuererhöhungen dann mit Sicherheit nicht mehr möglich.

Als neuer Chef der US-Zentralbank meisterte Alan Greenspan im Herbst 1987 den Börsenkrach mit niedrigen Zinsen und reichlicher Liquiditätsversorgung: "Die FED steht bereit, alle notwendige Liquidität zu liefern." Der damalige Chef der Deutschen Bundesbank Schlesinger dagegen erhöhte prompt den Leitzins. Die US-Notenbank reagierte damit, dass sie die Bundesbank und ihren Chef als Inflationsneurotiker beschimpfte. Offenbar ist dieses zwanghafte Verhalten nun auf die europäische Zentralbank übergesprungen.