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Zustimmung zum Afghanistan-Mandat widerrufen!

Rede von Stefan Liebich,

Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. So kontrovers unsere Debatten zu Auslandseinsätzen auch sind – der intensive öffentliche Diskurs über den Einsatz der Bundeswehr in diesem Parlament ist eine demokratische Errungenschaft. Übrigens ist dies auch eine Errungenschaft, die es unter komplizierteren Bedingungen des Agierens in Bündnissen oder im Rahmen der Gemeinsamen Außenpolitik der Europäischen Union zu erhalten gilt, selbst wenn andere Länder diese Tradition des Parlamentsvorbehalts nicht kennen.

Der Bundestag hat sich hierfür 2005 ein Instrument geschaffen: das Gesetz über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland. Das Parlamentsbeteiligungsgesetz enthält einen § 8. Dort heißt es: „Der Bundestag kann die Zustimmung zu einem Einsatz bewaffneter Streitkräfte widerrufen.“ Das Rückholrecht des Parlamentes ist ein politisch schwerwiegendes und zentrales Recht des Parlaments und begrenzt die Handlungsmöglichkeit der Regierung. Wenn sich die Regierung in einer Sackgasse befindet, dann kann das Parlament für eine Umkehr sorgen.

Darum geht es uns heute. Unsere Fraktion möchte dieses parlamentarische Recht nun erstmalig in Anspruch nehmen, um einen Beitrag zum Frieden zu leisten und um unsere Soldatinnen und Soldaten nach einem viel zu langen Einsatz wieder nach Hause zu holen.

Heute morgen wurde schon mit Blick auf das laufende und von der Regierung zur Verlängerung vorgeschlagene Mandat für den Afghanistan-Einsatz inhaltlich argumentiert. Außenminister Westerwelle sagte, die Fortsetzung des Krieges sei nötig für die Kinder in Afghanistan, aber auch für unsere eigene Sicherheit hier in Deutschland. Wir bestreiten das. Die Strategie der US-Armee der Bekämpfung von Aufständen verbunden mit gezielten Tötungen führt nicht zu mehr Sicherheit oder zu besseren Voraussetzungen für die Übergabe in Verantwortung. Im Gegenteil!

Die andauernde Präsenz ausländischer Truppen ist mehr und mehr Teil des Problems und weniger die Lösung. Darauf verweisen auch Teile der afghanischen Zivilgesellschaft.

Auf die Verletzungen von humanitärem und Kriegsvölkerrecht wurde schon verwiesen.

Der Afghanistan-Krieg ist der längste deutsche Kriegseinsatz. Er hat sich von seinem Ursprung, der Reaktion auf die Terroranschläge von 9/11, längst gelöst, und die immer wieder vorgegebenen Ziele lassen sich nicht mehr erreichen.

Wir wissen auch, dass durch den Abzug der Bundeswehr allein kein friedliches Afghanistan entsteht. Aber wir sind uns sicher: Ohne ihn endet der Krieg nie.

Natürlich muss so ein Abzug geordnet und verantwortungsbewusst erfolgen, aber er darf auch nicht mit unerfüllbaren Kriterien bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Genau das steht nach den Anträgen der Bundesregierung zu befürchten. Wenn Verteidigungsminister de Maizière in der Debatte heute Vormittag betont, dass der Abzug nur in dem Maße erfolgen kann, wie die Soldaten nicht gefährdet werden, halte ich dem entgegen, dass die Soldatinnen und Soldaten in Deutschland am sichersten wären.

Natürlich muss das zivile Engagement in Afghanistan weitergehen und sogar verstärkt werden. Aber die Bundeswehr sollte dabei keine Rolle mehr spielen. Einige andere Staaten sind schon gegangen, andere planen den Abzug. Dem kann auch Deutschland Rechnung tragen.

Die Bundeswehrtruppen sollten in diesem Prozess nicht die letzten sein. Unser Rückholantrag ist daher die friedliche Alternative zur Mandatsverlängerung der Bundesregierung.

Der BundeswehrVerband und der von Herrn Robbe moderierte Runde Tisch haben uns zu Weihnachtsgrüßen an die Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan eingeladen.

Viele von ihnen stellen sich gerade in diesen Tagen die Sinnfrage über das, was sie dort in unserem Auftrag tun. Mein Wunsch wäre daher: Feiert Weihnachten daheim! Dem soll unser Rückholantrag dienen.