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Zurück zum Verteidigungsauftrag!

Rede von Paul Schäfer,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Wir sprechen über einen weiteren Baustein zur Umsetzung der Bundeswehrreform. Bisweilen hat man von einem großen Wurf gesprochen. Wenn wir nun in die Details schauen, dann erscheint vieles doch eher unausgegoren, kurzsichtig, ja klein.

Sie haben jetzt 1,3 Milliarden Euro mehr für die Durchsetzung der Reform zur Verfügung. Trotzdem bleibt das, was Sie vorlegen, hinter einem nötigen sozialverträglichen Personalabbau weit zurück. Bis 2017 sollen circa 20 000 Dienstposten bei den Soldatinnen und Soldaten wegfallen, bei den Zivilbeschäftigten sind es circa 30 000.

Wir sprechen jetzt über ein Gesetz, das die Voraussetzungen dafür schaffen soll, dass insgesamt 2 170 Berufssoldatinnen und -soldaten in den Ruhestand versetzt werden sollen bzw. können. Beim Zivilpersonal sollen es 1 050 Beamtinnen und Beamte sein. Selbst wenn ich die natürliche Fluktuation in Rechnung stelle, also diejenigen, die in diesem Zeitraum ohnehin altersbedingt ausscheiden, reicht das nicht aus, um Ihre eigenen Vorgaben zu erreichen. Das sagen Ihnen auch die Berufsverbände bzw. der BundeswehrVerband. Sie gehen darüber hinweg und ignorieren es. Hier muss noch nachgebessert werden. Der Vorschlag, man bekomme das Problem gelöst, indem man Personal einfach in andere Behörden verschiebt – ob das zweckmäßig ist, lasse ich einmal außen vor –, ist nichts anderes als Rosstäuscherei; denn auch dann muss es vom Steuerzahler bezahlt werden.

Offensichtlich scheinen Sie, was die sozialverträgliche Reduzierung des Personalkörpers betrifft, über Ihre eigenen ideologischen Dogmen zu stolpern, sprich: Rente erst ab 67. (Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wir haben keine ideologischen Dogmen, über die wir stolpern könnten!) Dies verhinderte offensichtlich großzügige Vorruhestandsregelungen. Auch die Regelung zu den Hinzuverdienstgrenzen kann man nur kleinkariert nennen.
Mit Ihrem Gesetz geraten Sie in trübe Gewässer, wenn Sie nun zivile Dienststellen mit Militärs besetzen wollen. Die Bundeswehrverwaltung ist nicht ohne Grund zivil ausgerichtet. Es ging und es geht darum, neben der strikten Militärlogik eine etwas andere Organisationskultur im Bereich der Streitkräfte zu etablieren. Das war eine Folgerung aus der deutschen Militärgeschichte. Das wollen Sie nun offensichtlich schleichend aushebeln, weil es bequemer für Sie ist und Sie die gesamte Bundeswehr auf Einsatzarmee trimmen wollen.

Ich kann dazu nur sagen: Art. 87 b Grundgesetz regelt eine klare Aufgabentrennung. Lassen Sie die Finger von diesem Grundgesetzartikel! Das kann man Ihnen nur raten. (Beifall bei der LINKEN)

Wir sprechen hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, über die Umsetzung der Reform, wir müssen aber auch über die Ziele der Reform sprechen. Wenn man schon alles neu strukturiert, dann hätte am Anfang stehen müssen, alles auf den Prüfstand zu stellen, also sozusagen eine kritische Betrachtung der Militäreinsätze der letzten 20 Jahre. Von einer solchen kritischen Revision des Auftrags der Streitkräfte kann keine Rede sein. Ihr Motto ist: Weiter so, nur effektiver!

Die Linke bleibt dabei: Der wichtigste Einsatz der letzten zehn Jahre war Afghanistan. Das ist wahrlich keine Blaupause für die Zukunft; im Gegenteil. Auch die anderen Einsätze sind – ich drücke mich vorsichtig aus – nicht nachhaltig erfolgreich. Deshalb schließt sich an dieser Stelle der Kreis. Die Ausrichtung auf diesen globalen Militärinterventionismus hat einen Preis. Sie verschlingt viel Geld. Mit anderen Worten: Vom Ausgangspunkt Ihrer Reform, zu sparen und zur Haushaltskonsolidierung beizutragen, redet keiner mehr. Wir jedoch sind nach wie vor der Meinung, man sollte an der richtigen Stelle sparen. Das ist immer gut. (Beifall bei der LINKEN)

Ihre Hauptsorge ist: Wie kriegen wir das nötige Personal für die künftige Bundeswehr? Unsere Hauptsorge ist: Was machen Sie mit den Menschen? Wir reden viel über Attraktivitätssteigerung. Es ist nicht alles falsch, was Sie auf den Weg bringen. Aber Attraktivität und Auftrag gehören zusammen. Das sagen Ihnen auch die Studien des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr. Soldatinnen und Soldaten müssen von der Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit überzeugt sein. Dort hapert es vor dem Hintergrund der Erfahrungen in Afghanistan oder anderswo. Auch das zeigen die Studien. (Elke Hoff [FDP]: Dann stimmt doch für einen Einsatz!)

Die Zweifel wachsen. Hier müsste die Reform ansetzen – also zurück zum Verteidigungsauftrag, Beendigung der Auslandseinsätze. Das wäre zukunftsweisend.
Danke. (Beifall bei der LINKEN)