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Zur Kulturellen Dimension Europas

Rede von Lukrezia Jochimsen,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Entdeckung der kulturellen Dimension Europas auch und gerade als Element der europäischen Integration ist eine existenzielle Aufgabe der Politik. Sie ist Aufgabe und Abenteuer gleichermaßen.

Denn historisch haben sich die durchaus sehr unterschiedlichen Kulturen Europas für sich und sogar gegeneinander entwickelt, mit bewussten und nichtbewussten Einflussnahmen, Nachahmungen, Unterdrückungen und Ablehnungen.
Es ist auch deswegen keine leichte Aufgabe, weil die Dimension Europas innerhalb der EU bisher vor allem als Wirtschaftsverbund, Währungseinheit, politische Struktur, Rechtskonstruktion und Sicherheitsbündnis bestimmt wurde. Das war auch im Lissabon-Vertrag der Fall, den wir gerade deshalb ablehnen, weil wir uns als eine proeuropäische Partei begreifen

(Lachen des Abg. Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU))

ja, Herr Kollege , die eine andere, eine bessere EU will: ohne Ausgrenzung und Armut, ohne eine wachsende soziale Spaltung. Wir wollen vor allem eine friedliche EU, die im Sinne der Charta der Vereinten Nationen Krieg ächtet.

(Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU): Das steht alles im Lissabon-Vertrag drin!)

Auch das ist für uns ein Fundament der kulturellen Dimension Europas.
Spät setzt nun die Erkenntnis ein, dass die europäische Integration ohne kulturellen Dialog nicht gelingen kann. Wir plädieren für eine Politik, die sich auf den Schutz und die Förderung von Kultur in ihrer Vielfalt richtet und der Kulturpolitik einen höheren Stellenwert gibt. Wir sehen in der Mitteilung der Kommission über eine europäische Kulturagenda den Beginn für eine neue abgestimmte europäische Kulturpolitik, die Einheit und Vielfalt schützt und fördert, wie im Antrag auch mehrfach betont wird. Wichtig ist dabei, dass die Kultur nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine gesellschaftliche Produktivkraft ist.

In der Enquete-Kommission hatten wir uns parteiübergreifend auf eine Analyse der Situation und die darauf basierenden Handlungsempfehlungen geeinigt. Meine Fraktion war zu jeder Zeit zu einer konstruktiven Mitarbeit an einem gemeinsamen Antrag bereit. Der ist leider nicht zustande gekommen. Warum wir angeblich keine demokratische Fraktion und unsere Wähler keine Demokraten sind, müssen Sie uns eines Tages noch einmal genau erklären, lieber Herr Kollege. Das sind Sie uns und vor allen Dingen unseren Wählern schuldig.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU): DKP-Leute, Stasi-Leute, SED-Leute! Das ist alles nicht demokratisch!)

Sie haben wieder mit Hinweis darauf, wir seien keine demokratische Fraktion, die Zusammenarbeit mit uns abgelehnt.

(Dr. Stephan Eisel (CDU/CSU): Was machen Sie denn mit den Stasi-Spitzeln in Ihrer Fraktion?)

So ist leider ein gemeinsamer Antrag nicht zustande gekommen, und wir haben heute über drei verschiedene Anträge zu befinden, die so verschieden gar nicht sind. Wir werden keinen der Anträge ablehnen. Dem der Grünen werden wir zustimmen, da er aus unserer Sicht die weitergehenden Forderungen enthält und den Intentionen des Berichts der Enquete-Kommission am ehesten entspricht. Den Vorschlag, einen großen europäischen Kunstpreis auszuloben und vor allem den, einen europaweiten Feiertag zu schaffen, finden wir gut.

„Culture comes before Economy“, soll Kommissionspräsident Barroso konstatiert haben. Wenn das stimmt, dann müsste den Millionen Kulturschaffenden in Europa ein neuer Stellenwert eingeräumt werden. Ihre soziale Lage ist schlecht. Ihre Arbeitsbedingungen und ihre soziale Sicherung sind schlecht. Ihre urheberrechtlichen Belange werden missachtet. Wenn da politisch nicht gegengesteuert wird, entsteht gerade durch das Aufblühen einer Kulturwirtschaft ein Kulturwirtschaftsproletariat. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei der LINKEN - Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Nur schlechtmachen!)

Leider bleiben, was diese Kernfrage betrifft, alle drei Anträge vieles schuldig. Damit bleibt dieser Bereich eine Aufgabe für uns alle in der Zukunft.
Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Steffen Reiche (Cottbus) (SPD))