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zur Einführung Unterstützter Beschäftigung

Rede von Ilja Seifert,

Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung Unterstützter Beschäftigung (Tagesordnungspunkt 33 - 16. Wahlperiode - 187. Sitzung)

Die Linke unterstützt das Ziel, behinderten Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Wir haben die Hoffnung, dass einige Menschen mit Behinderungen mit diesem Instrument Arbeit auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt finden. Ergänzend möchte ich anmerken, dass wir hier Arbeit meinen, von der man auch leben kann. Menschen mit Behinderungen sollen ihren gesamten Lohn für ihren Lebensunterhalt wie alle anderen auch behalten können und nicht bis auf den gering bemessenen Selbstbehalt nach SGB XII für die behinderungsbedingten Mehrbedarfe wieder abführen müssen.
Der Ansatz - erst platzieren, dann qualifizieren - ist grundsätzlich sinnvoll. Menschen mit Behinderungen brauchen mehr Chancen, Arbeit auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu erlangen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Behinderungen lebenslänglich in Aussonderungseinrichtungen geparkt werden: von der Sonderschule zur Sonderberufsschule und dann zur Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Die Linke teilt aber nicht die Euphorie der Koalition. An der Situation, dass die Arbeitslosenquote bei Menschen mit Behinderungen doppelt so hoch ist wie bei Nichtbehinderten, wird sich mit dem Instrument der Unterstützten Beschäftigung kaum etwas ändern. Hier sind mehr und wirksamere Aktivitäten des Bundes, der Länder und Kommunen, aber auch der Wirtschaft erforderlich. Gefragt sind aber auch die Gewerkschaften, die Betriebsräte, die nicht behinderten Kolleginnen und Kollegen. Mein Appell an Sie und an euch: Sorgt dafür, dass Menschen mit Behinderungen ausreichend Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt finden. Seid kollegial und solidarisch! Schaut nicht weg, wenn Kolleginnen und Kollegen wegen ihrer Behinderung ausgegrenzt oder gemobbt werden! Ohne euch bleiben alle Gesetze und Förderprogramme wirkungslos. Hier seid ihr gefragt.
Viele der Fragen und Probleme aus den zu Protokoll gegebenen Reden in der ersten Lesung im Bundestag am 16. Oktober und aus der sechzigminütigen Anhörung am 5. November sind bis heute nicht gelöst. Ich begrüße, wenn der Bund Menschen mit Behinderungen, die nicht im Sinne des Gesetzes als schwerbehindert gelten, bei der Beschaffung von Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt helfen will. Gerade diese Menschen fallen allzu oft durch jedes Raster. Die maximal zweijährige arbeitsplatzbegleitende Ausbildung ist gut. Aber was dann?
Wie wird danach die notwendige dauerhafte Förderung bzw. Assistenz zum Erhalt des Arbeitsplatzes gesichert? Hier steht die Antwort der Bundesregierung aus.
Erst gestern fand im Bundestag die erste Lesung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zur Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen statt. Besonders der Artikel 27 - Arbeit und Beschäftigung - der Konvention ist Grundlage und Maßstab für dieses Gesetz, aber auch Artikel 31 - Statistik und Datensammlung - spielt bei diesem Gesetz eine wichtige Rolle. Deswegen bleibt nicht akzeptabel die - von mir schon in der ersten Lesung kritisierte - Abschaffung der Informationspflicht der Bundesagentur für Arbeit über die Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen bei öffentlichen Arbeitgebern. Ist das die Art, wie die Bundesregierung die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umsetze will? Wem nützt die Abschaffung der Informationspflicht? Wenn der Überblick fehlt, werden auch die Anstrengungen im öffentlichen Dienst, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, geringer. Auch ein effizienter Einsatz von Mitteln für die Förderung von Arbeit für Menschen mit Behinderungen ist dann nicht mehr möglich.
Ein weiteres offenes Problem ist die Entwicklung der Ausgleichsabgabe. Laut Antwort der Bundesregierung vom 31. Oktober 2008 auf meine Anfrage ist das Aufkommen der Ausgleichsabgabe rückläufig. Damit sanken zwangsläufig auch die Ausgaben der Integrationsämter und des Ausgleichsfonds - von circa 690 Millionen Euro im Jahr 2002 auf knapp 500 Millionen Euro im Jahr 2007. Es ist ein Trugschluss, zu meinen, dass die zusätzlichen aus dem Instrument der Unterstützten Beschäftigung resultierenden Aktivitäten auch noch aus der Ausgleichsabgabe finanziert werden können. Es gibt also aus Sicht der Linken neben dem Für viel Wider zu diesem Gesetz. Insofern ist die Zustimmung verbunden mit der Erwartung und Forderung an die Bundesregierung, mehr zu tun, um Menschen mit Behinderungen im Geist der UN-Behindertenrechtskonvention in Arbeit zu bringen und in den nächsten Wochen und Monaten die benannten Mängel des Gesetzes auszuräumen.