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Zur Bahnprivatisierung

Rede von Dorothée Menzner,

LINEK fordert Stopp der Börsenpläne

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dorothée Menzner
von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Dorothée Menzner (DIE LINKE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen
und Kollegen! Liebe Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer!
(Zurufe von der CDU/CSU: Hui!)
Wir diskutieren im Rahmen einer sehr ungewöhnlichen
Sitzungswoche, einer der ungewöhnlichsten der vergangenen
Jahre, in einer Woche, in der nicht nur unsere
Arbeit, sondern auch die Ängste, Unsicherheiten und
Überlegungen der Menschen maßgeblich durch die Finanzkrise
und die daraus möglicherweise resultierende
Wirtschaftskrise geprägt sind, über die Deutsche Bahn.
Die Große Koalition, die mit aller Macht und vielen
Tricks monatelang das Verscherbeln unserer Bahn, eines
in Jahrzehnten und über Generationen hinweg aufgebauten
Volksvermögens, vorangetrieben hat, war angesichts
dieser Krise wenigstens schlau genug, den Börsengang
der DB AG erst einmal zu verschieben.
(Beifall bei der LINKEN)
Verschieben reicht aber nicht. Die Bahn gehört nicht an
die Börse. Das haben wir von der Linken immer gesagt,
und dabei bleiben wir.
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der
CDU/CSU: Dann hätten Sie das beantragen
müssen!)
Unsere Bahn darf nicht Renditeinteressen unterworfen
werden. Der Bahn-Börsengang muss endlich vollständig
abgesagt werden. Darin liegt die Differenz zum Antrag
der Grünen.
(Beifall bei der LINKEN)
Aktuell vertreten wir diese Forderung in diesem Haus
noch allein. Inzwischen teilen aber 90 Prozent der Menschen
diese Ansicht. Das sind die Menschen, deren Interessen
wir hier eigentlich zu vertreten haben.
Wir diskutieren heute aber auch über einen Gesetzentwurf
des Bundesrates; das wurde bereits angesprochen.
Dieser hat den durchaus verräterischen Titel „Entwurf
eines Gesetzes zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität
und Fernverkehrsangebot“. Der Börsengang
bedroht also die Infrastruktur und das Fernverkehrsangebot?
Wen sollte das überraschen? In seinem
Gesetzentwurf benennt der Bundesrat auch gleich eine
Alternative. Wie alle wissen, ist der Bundesrat beileibe
nicht von den Linken dominiert. Als Alternative benennt
er den Verzicht auf die Kapitalprivatisierung der DB AG.
Genau das ist die Alternative.
(Beifall bei der LINKEN)
Seit es darum geht, die Bahn kapitalmarktfähig zu
machen, erlebten wir in den letzten Jahren eine Ausdünnung
des Fernverkehrsnetzes. Das muss durch den Einsatz
von immer mehr Regionalzügen, die von den Ländern
gestellt werden, kompensiert werden. Ganze
Regionen wurden und werden vom Fernverkehr abgeschnitten.
Außerdem ist es zu zahlreichen und lauter
werdenden Klagen gekommen, unter anderem zu Klagen
der Verkehrsverbünde über den Zustand des Schienennetzes.
Daraus kann nur eine einzige Schlussfolgerung gezogen
werden: Wo es um Rendite geht, bleibt die Mobilität
von Gütern und Menschen auf der Strecke.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel verdeutlichen:
Der polnische Sejm beschloss kürzlich, Gelder für die
Verbesserung der Eisenbahnfernverkehrsverbindungen
Polen-Berlin und Polen-Dresden bereitzustellen. Die
DB AG sperrte sich aber, da mit diesen Fernzügen keine
Rendite von 14 Prozent erzielt werden kann. Eine Renditeerwartung
von 14 Prozent ist eine Renditeerwartung an
sogenannte innovative Finanzprodukte: an Swaps, Futures
und all die Dinge, die die Mehrzahl von uns vor ein paar
Wochen wahrscheinlich noch gar nicht kannte.
(Patrick Döring [FDP]: Von denen Sie nach
wie vor nichts verstehen!)

Dies sind aber keine Renditen, die in der realen Wirtschaftswelt,
in Industrie und Handel im Normalfall dauerhaft
erzielt werden, schon gar nicht im Schienenpersonenfernverkehr.
(Patrick Döring [FDP]: Die Bahn macht mehr
als Personenfernverkehr!)
Dies gilt auch im Hinblick auf die innovativen Finanzprodukte.
In diesen Tagen wird Folgendes deutlich - wenn wir
nicht aufpassen, wird sich das bei der Bahn wiederholen
Die Zeche zahlt letztendlich der Steuerzahler und
zahlen damit alle Menschen im Land.
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der
CDU/CSU: Was denn für eine Zeche?)
Genau deswegen fordern wir die endgültige Absage des
Bahn-Börsengangs, die Wiederherstellung des Einflusses
des Eigentümers auf das Management der DB AG
und ihrer Tochterfirmen, ein flächendeckendes Verkehrsangebot,
gerade in der Sparte Fernverkehr - das muss
gesetzlich verankert sein -,
(Beifall bei der LINKEN)
und nicht zuletzt faire Arbeitsbedingungen und Beschäftigungssicherung
für die Mitarbeiter der DB AG.
Danke.
(Beifall bei der LINKEN - Uwe Beckmeyer
[SPD]: Das macht weitere 10 Milliarden
Euro!)