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Zu Protokoll gegebene Rede

Rede von Gökay Akbulut,

Wir debattieren heute über die Verlängerung des Insolvenzaussetzungsgesetzes bis zum 31. Dezember 2020. Die Bundesregierung legt hier eine unzureichende Lösung vor, um eine reflexartige Schadensbegrenzung zu verlängern. Einen durchdachten und vor allem weitsichtigen Plan sehen wir nicht.

Als Linksfraktion haben wir im März – trotz einiger Kritik – dem Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen der Coronapandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht zugestimmt. Denn natürlich musste schnell und kurzfristig gehandelt werden. Nun soll dieses Gesetz bis zum Ende des Jahres verlängert werden.

Wir unterstützen natürlich Maßnahmen zum Schutz von kleinen und mittelständischen Unternehmen, aber nicht den Ansatz der Bundesregierung.

Die Bundesregierung handelt, wie in vielen Bereichen während des Krisenmanagements, nicht vorausschauend. Denn was passiert, wenn die Frist endet?

Anstatt die drohende Insolvenzwelle nur zu verschieben, ist eine Debatte darüber nötig, welchen Beitrag der Staat zu einer Belebung der Wirtschaft leisten kann. Der beste Schutz vor Insolvenzen ist ein Staat, der investiert, und genau in diesem Bereich fehlt der Bundesregierung der Mut. Diesen fehlenden Mut kritisiert nicht nur Die Linke.

Zwangsläufig sehen wir die Gefahr, dass es nach Ende der Frist – ob diese nun im September oder Dezember endet – zu einem schlagartigen Anstieg von Insolvenzanmeldungen kommt. Zahlreiche Insolvenzanträge, die bisher und über die nächsten drei Monate hinweg aufgeschoben wurden, werden dann die – ohnehin überlasteten – Insolvenzgerichte erreichen.

Der massive Anstieg bzw. die verspäteten Meldungen der Insolvenzen bergen das Risiko, dass die Bilanz – bis dahin gesunder Unternehmen – in Mitleidenschaft gezogen werden und deren Zahlungsfähigkeit gefährdet wird. Hier sehen wir eine Belastung der Stabilität von Teilen des Bankensektors. Uns fehlt an dieser Stelle die Präsentation einer umfassenden Strategie zur Abwendung der Krise.

Die Priorität zur Lösung der Coronakrise darf nicht an erster Stelle die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen bilden. Wir müssen die Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Höhere Löhne – insbesondere für systemrelevante Berufe, höhere Investitionen in das Bildungs- und Gesundheitswesen, ein Pandemiezuschlag auf niedrige Renten und Hartz IV: Das ist das, was viele Menschen brauchen.

All das wären Maßnahmen, die die Kaufkraft stärken und damit nicht nur die Lebensbedingungen der Menschen verbessern, sondern eben auch den von Insolvenz bedrohten Unternehmen helfen würden.

Wir haben an vielen Stellen gesehen, dass die Coronapandemie die Krisen verstärkt hat, die die Bundesregierung vernachlässigt. Wir brauchen vorausschauende Planung, um diese Krise gut zu überstehen, und keine reflexartige Politik.