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Zu Protokoll gegebene Rede

Rede von Diether Dehm,

Die Linksfraktion hat ein ambivalentes Verhältnis zu Auslandsschulen. Der Anspruch, interkulturellen Dialog zu ermöglichen und zu befördern, klingt großartig und wäre ein nicht zu unterschätzender Beitrag für eine friedlichere Welt.

Durch das nunmehr in der Evaluierung befindliche Auslandsschulgesetz jedoch wurde mit dem System von gesetzlich und freiwillig geförderten Schulen ein Zweiklassensystem eingeführt. Die nicht vorhandene finanzielle Planungssicherheit muss dann zwangsläufig durch die Einnahmen aus privaten Schulgeldern kompensiert werden. Damit ist aber auch klar, dass der Besuch einer Deutschen Auslandsschule nicht jedem Kind gleichermaßen offensteht, sondern vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Und wer seine Augen nicht davor verschließt, weiß, dass Bildung als privat zu finanzierende Leistung nie Chancengleichheit gewährt, sondern Elitenförderung ist.

Alles in allem nehme ich eine zunehmende Veränderung des Bildungsverständnisses wahr, das sich auch durch den vorliegenden Antrag von Union, SPD, FDP und Grünen zieht, wenn da gefordert wird, den internationalen Wettbewerb im Bildungswesen anzunehmen und aktiv zu gestalten. Bildung als Standortfaktor und Wettbewerbsvorteil verkommt damit zur Ware; also etwas völlig anderes, als es einer „Kulturnation“ anstünde. Und es unterminiert den allenthalben formulierten Anspruch, wonach gerade die Schulförderung als Bestandteil der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) die Deutschen Auslandsschulen (DAS) zu etwas substanziell anderem als Privatschulen mache.

Bei der laufenden Evaluation des Auslandsschulgesetzes wird meine Fraktion für eine Sozialklausel werben, die sicherstellen soll, dass das Schulgeld für ärmere Familien kein Ausschlusskriterium ist. Mein Fraktionskollege Stefan Liebich berichtete nämlich anlässlich einer Delegationsreise nach Brasilien von einer DAS in São Paulo, an der durch einen Umverteilungsmechanismus zumindest Berufsschülern aus armen Haushalten die Ausbildung an der Schule ermöglicht wird.

Nach meinem Eindruck liegt der Schwerpunkt des vorliegenden Antrags darauf, DAS vordringlich als Mittel zur Gewinnung von Fachkräften einzusetzen. Das geht zulasten von Perspektive und Entwicklung in den Herkunftsländern und gilt spiegelbildlich für Bildungs- und Förderungsperspektiven von Menschen hierzulande. Sie wissen doch selbst, dass, wenn dort die gut Ausgebildeten fehlen, sich weder wirtschaftliche Entwicklung noch Prosperität einstellen werden – mit allen schlimmen Konsequenzen.

Neben diesen grundsätzlichen Problemen liegt mein Augenmerk auf der Situation der Lehrkräfte, und ich stehe dazu im Austausch mit der Arbeitsgruppe Auslandslehrerinnen und ‑lehrer (AGAL) bei der GEW.

Da gilt es zunächst einmal zu konstatieren, dass ähnlich dem inländischen Schuldienst auch die Auslandsschulen an Lehrermangel leiden. Die im Gesetz beschlossene Reduktion der Zahl der Auslandsdienstlehrkräfte (ADLK) von 1 400 auf 900 ist da ein völlig falscher Ansatz und geht zusätzlich zulasten der Lehrenden; denn die ADLK hat einen inländischen Dienstvertrag. Damit sind Pauschalen für Flug, Umzug, Kitabetreuung, Arztbesuch und Altersrückstellung für die Rente geregelt, wenn mir auch Fälle bekannt sind, in denen die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) erst mit monatelanger Verzögerung Kosten erstattete, was die Betroffenen zwischenzeitlich in eine große finanzielle Notlage brachte.

Kompensiert wird die reduzierte Zahl von ADLK vor allem durch Ortslehrkräfte (OLK), die am schlechtesten gestellt sind, da der Trägerverein vor Ort ihr Arbeitgeber ist und sie zu ortsüblichen Bedingungen beschäftigt sind. Das macht sich vor allem bei Kündigungsfristen, Rechten und dem Gehalt bemerkbar. Hinzu kommt, dass noch immer eine Regelung zur Übernahme des Versorgungszuschlags durch den Bund fehlt. Gegenwärtig ist es so, dass eine OLK bis zu einem Drittel ihres Gehalts für Rückstellungen für das Alter aufwenden muss. Wem wollen Sie das als attraktiv anbieten?

Auch die Tatsache, dass im außereuropäischen Ausland tätige Lehrkräfte keinen Anspruch auf Kindergeld haben, ist ein Problem. Ein weiterer Punkt, der – auch um die Attraktivität einer Lehrtätigkeit im Ausland zu erhöhen – gelöst werden muss.

Und wenn ich dann zu hören bekomme, dass sich etliche Landesvertreter im zuständigen Bund-Länder-Ausschuss durch Desinteresse an der Situation der aus ihren Bundesländern entsandten Lehrkräfte während deren Aufenthalt im Ausland auszeichneten, dann stelle ich fest, dass offenbar noch viel Gesprächs- und Sensibilisierungsbedarf bei 14 Landesschulministerien besteht; denn einzige Ausnahmen sind: Berlin und Thüringen.