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Wolfgang Gehrcke: Deutschland sollte sich nicht selbst seiner politischen Möglichkeiten berauben

Rede von Wolfgang Gehrcke,

Danke sehr, Frau Präsidentin. – Ich möchte mit Fragen beginnen: Was müsste Deutschland eigentlich tun, um zu erreichen, lieber Kollege Post, was du angesprochen hast, nämlich dass es nicht nur im Libanon einen Waffenstillstand gibt – was schon wichtig ist –, sondern auch in Syrien? Was müsste Deutschland tun, um den UNO-Vermittler de Mistura besser zu unterstützen? Was müsste Deutschland in dieser Region tun, um Israel deutlich zu machen, dass es sich als Teil des Nahen Ostens verstehen muss, damit aus einem Waffenstillstand ein Friedensschluss werden kann? – Ich möchte Ihnen dazu einige Vorschläge unterbreiten.

Wir waren immer für Waffenstillstand. Ich war zu der Zeit, als dort der Krieg tobte, in Beirut und habe die Raketen- und Bombenanschläge nicht nur gesehen, sondern auch gespürt. Die Hetze gegen die UNO, sie sei unfähig, ist nur ein Kaschieren des Zustands, dass der UNO nicht die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt werden. Das muss man ändern. Ich bin dafür, die UNO und die Vermittlungsbemühungen der UNO zu stärken,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

aber nicht militärisch. Meine Sorge war immer, dass Deutschland seine politischen Möglichkeiten kleiner macht, wenn wir auf Militär setzen und militärisch agieren. Ich mache Ihnen einen Vorschlag – die sozialdemokratischen Kollegen können vielleicht einmal darüber nachdenken –: Wäre es nicht ein erster Schritt, zu sagen: „Wir werden uns kategorisch dafür einsetzen, dass Deutschland sich an keinerlei Waffenlieferungen in den Nahen Osten beteiligt, und überall eine nichtmilitärische Lösung befördern“? Ich will kurz einige Punkte ansprechen.

Wieso bauen wir die Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien weiter auf und nicht ab? Sie kritisieren zu Recht den amerikanischen Präsidenten; Sie finden das alles furchtbar und unanständig. Gleichzeitig müsste dies aber Anlass zur Selbstkritik sein, wie sich unser Land gegenüber Saudi-Arabien, einer Kopf-ab-Diktatur, verhält. Warum vermeiden Sie das?

(Beifall bei der LINKEN)

Müssten wir nicht völlig klar sagen, dass das Leasing bewaffneter Drohnen aus Israel, die Stationierung dieser Drohnen und die Ausbildung der sogenannten Piloten in Israel eine Katastrophe ist? Man muss mit Israel darüber reden, dass sie an ihren Grenzen mehr Sicherheit erhalten, wenn sie mit den Palästinensern zu einer Regelung kommen und es eine Zwei-Staaten-Lösung gibt. Die Chance auf eine Zwei-Staaten-Lösung ist geringer, wenn Deutschland Waffen liefert. Deutschland liefert überallhin Waffen.

Meinen Sie nicht, dass wir gemeinsam dafür sorgen müssen, dass die AWACS-Flugzeuge nicht mehr in Syrien eingesetzt werden? Sie sollten nicht nur aus der Türkei abgezogen werden, sondern dieser Einsatz sollte generell beendet werden. Und glauben Sie nicht, dass wir darüber reden sollten, keine atomwaffenfähigen U-Boote mehr an Israel zu liefern und zu verkaufen? Mit solch einer Politik würden wir im Nahen Osten einen ganz anderen Weg gehen.

Zu diesen Entscheidungen war die Bundesregierung nie fähig und bereit. Sie hat immer auf eine militärische Lösung gesetzt; das haben wir immer kritisiert. Deswegen sagen wir – wir wissen, dass dies eine schwierige Entscheidung wäre –: Der Krieg in Israel und die Lage im Libanon machen einen Waffenstillstand unter dem Dach der Vereinten Nationen notwendig. Das bedeutet nicht, dass sich Deutschland militärisch daran beteiligen muss. Deswegen werden wir Nein sagen. Daran hat sich nichts geändert. Ich biete Ihnen aber an – daran haben wir ein großes Interesse –, mit Ihnen und allen anderen über Fragen eines nichtmilitärischen Agierens im Nahen Osten zu diskutieren.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)