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Wissen ist ein öffentliches Gut

Rede von Ulla Lötzer,

Wenn es um die Förderung von Innovationen bei Unternehmen geht, fällt den neoliberalen Parteien immer nur zweierlei ein: Erstens Steuern senken und zweitens Verschärfung und Ausweitung von geistigen Eigentumsrechten. Dabei spielt es offenbar keine Rolle mehr, dass alle heutigen Industriestaaten den Aufbau ihrer Industrien dadurch betrieben haben, was heute als „Raub geistigen Eigentums“ gebrandmarkt wird.

Das gilt für die USA, die es als junges Land abgelehnt haben, fremdes geistiges Eigentum anzuerkennen. Sie argumentierten damals, dass sie freien Zugang zu ausländischen Werken benötigen, um ihre eigene soziale und ökonomische Entwicklung zu fördern. Und das gilt für deutsche Unternehmen, die „Produktpiraterie“ so weit vorangetrieben haben dass sich Großbritannien nur noch mit der Aufschrift „Made in Germany“ auf Nachahmungsprodukten aus Deutschland zu helfen wusste.

Der wirtschaftliche Schaden, der durch Produktpiraterie hervorgerufen wird, wird meist maßlos übertrieben. Die OECD hat ihre Schätzung um rund 400 Milliarden Dollar auf mutmaßliche 175 Milliarden nach unten korrigieren müssen.

Mit der Verschärfung der Geistigen Eigentumsrechte werden nur die Interessen der großen Konzerne bedient. 63% der weltweiten Patente gehören Konzernen der G8. Durch die Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums wird der Transfer des Wissens erschwert. Die Kosten der Lizenzen dafür sind so hoch, dass sie für Unternehmen aus Entwicklungs- und Schwellenländern genauso wenig zu bezahlen sind wie für kleine und mittlere Unternehmen hier. Selbst die EU-Kommission hat bereits beklagt, dass der ausufernde Patentschutz auch in Europa zur Behinderung von Forschung und Entwicklung führt.

Mit zunehmender wirtschaftlicher Bedeutung wissensintensiver Dienstleistungen wird der Geltungsbereich von Patenten immer weiter ausgeweitet, auf die belebte Natur, Pflanzen, Gene und Tiere. Die Menschrechtskommission der UN weist immer wieder darauf hin, dass die Patentierungsabkommen gegen zahlreiche Menschenrechtsabkommen verstoßen: Dem Recht auf Teilhabe am wissenschaftlichen Fortschritt, Gesundheit, Ernährung und Selbstbestimmung. Deshalb fordert DIE LINKE - wie übrigens auch die Enquetekommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ unter anderem eine Revision des TRIPS-Abkommens hinsichtlich der Problembereiche Landwirtschaft, Gesundheit und Biodiversität, um es mit den Menschenrechts-, Sozial- und Umweltabkommen in Einklang zu bringen.

Leidtragende sind derzeit die Menschen in den Entwicklungsländern, die sich zum Beispiel die teuren Medikamente nicht leisten können und keine billigen Nachahmerprodukte bekommen. Nicht die Nachahmerprodukte gefährden Leib und Leben, wie die FDP es im Antrag behauptet, sondern der Schutz der Patente der Pharmakonzerne. Ihr Profit ist ihnen wichtiger als das Leben von Millionen von Menschen in Afrika.

Die FDP will einen Ausbau der Privatisierung von Wissen in der Hand der Konzerne. Wir wollen Wissen als öffentliches Gut erhalten, als Mittel demokratischer Öffentlichkeit, sozialer Gerechtigkeit und der Überwindung von Wissensunterschieden auch zwischen den Ländern.