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"Wir fordern eine haushaltspolitische Wende" (Rede)

Rede von Gesine Lötzsch,

Rede zu den Haushaltsberatungen 2008, 1.Lesung

Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Wenn Sie sich das Medienecho dieser Haushaltswoche im Bundestag anschauen, dann müssen Sie den Eindruck bekommen, dass es nur noch eine Oppositionspartei gibt: die Linke. Das ist zwar bedauerlich; aber wir stehen das durch.
(Beifall bei der LINKEN - Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Das stand wohl im Neuen Deutschland! - Otto Fricke (FDP): Ein rotes Rumpelstilzchen, das ist die Linke!)
Ich weiß jetzt, dass Herr Niebel mit Herrn Pofalla Hirsch aß und dass die FDP jederzeit bereit ist - eigentlich schon seit 40 Jahren -, mit der CDU/CSU eine Koalition einzugehen.
(Otto Fricke (FDP): Wir hatten in den letzten 40 Jahren auch mit anderen eine Koalition! - Steffen Kampeter (CDU/CSU): Sie verlieren mit den Sozialdemokraten! Seien Sie vorsichtig da vorn!)
Auch Herr Kuhn von den Grünen lobte die Kanzlerin so sehr, dass ich noch einmal nachgeschaut habe, wann die Bundestagwahl eigentlich stattfindet. Sie ist erst im Jahre 2009; aber FDP und Grünen sind die Oppositionsbänke offensichtlich schon jetzt zu hart.
(Ulrike Flach (FDP): Na, na!)
Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht auf eine klare und kritische Opposition, und die bekommen sie von uns.
(Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr sitzt in Berlin ganz schön weich auf den Bänken!)
Der Hauptvorwurf des Finanzministers gegen die Linke lautet, dass wir allen alles versprechen. Das, verehrter Kollege Steinbrück, ist natürlich grober Unfug, um einmal bei Ihrer Wortwahl zu bleiben. Wir versprechen der Allianz Versicherung gar nichts.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Gegenteil: Wir fordern, dass die Unternehmensteuerreform, mit der Sie den Konzernen Milliarden Euros an Steuern erlassen wollen, gestoppt wird. Wir wollen, dass die riesigen Gewinne, die die Versicherungen mit der Riester-Rente gemacht haben, besteuert werden.
(Beifall bei der LINKEN - Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD): Wer hat Ihnen denn den Blödsinn aufgeschrieben?)
Wir versprechen auch Herrn Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank, nichts. Im Gegenteil, wir als Linke wollen, dass er und die anderen Besserverdienenden in Zukunft einen Spitzensteuersatz von 50 Prozent zahlen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir versprechen auch Enron und Vattenfall nichts. Im Gegenteil, wir wollen eine Sondersteuer zur Abschöpfung der leistungslos erzielten Gewinne aus dem Emissionshandel.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Steinbrück, den Teil der Gesellschaft, der von Ihnen nach allen Regeln der Kunst verwöhnt wird, den wollen wir wirklich fordern und fördern. Für diese Bundesregierung gilt die Formel „Fordern und Fördern“ dagegen nur im Hinblick auf die Arbeitslosen, nicht im Hinblick auf die Unternehmen. Das ist eine Schieflage.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich fand den Einwurf von Bundespräsident Köhler richtig, der von den Unternehmen gefordert hat, sie sollten doch einmal selber Vorschläge machen, wie die Subventionen, die sie erhielten, gesenkt werden könnten. Ich nahm das zum Anlass, im Wirtschaftsministerium, bei Herrn Glos, eine Anfrage zu stellen.
(Zuruf von der CDU/CSU: Hier ist er, in den Reihen der Abgeordneten!)
- Mein Lieblingsminister, ja. -
(Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich habe ihn gefragt, ob ihm denn Vorschläge der Wirtschaft zum Subventionsabbau vorliegen. Sie erinnern sich sicherlich an Ihre Antwort, Herr Glos. Die Wirtschaft hat keine Vorschläge zum Abbau der Subventionen vorgelegt. Sie macht immer nur Vorschläge zulasten der sozial Schwachen. Das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Regierung vermittelt immer den Eindruck, dass nur wir als Linke Steuergelder umverteilen wollen. Das ist aber nicht richtig. Die rot-grüne und auch die schwarz-rote Regierung haben ein gigantisches Umverteilungskarussell angeschoben. Herr Eichel, der Vorgänger von Herrn Steinbrück, nannte die Zahl von 60 Milliarden Euro Steuerausfall durch Umverteilung. Wir wollen dieses Karussell erst einmal anhalten und die wieder aufnehmen, die aus der Bahn geworfen wurden. Das bedeutet zum Beispiel die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I, die Erhöhung des Arbeitslosengeldes II auf 435 Euro und ein gerechtes Elterngeld auch für Menschen mit geringem Einkommen.
(Beifall bei der LINKEN)
Doch es geht nicht nur um Umverteilung - wie immer behauptet wird -, sondern wir fordern auch mehr Geld für öffentliche Investitionen. Ich wiederhole: Es ist ein Skandal, dass der Verteidigungshaushalt wesentlich größer ist als der Umfang der Mittel für die öffentlichen Investitionen. Auch diese Schieflage wollen wir beseitigen.
(Beifall bei der LINKEN)
Es geht aber nicht nur darum, Investitionen zu tätigen, sondern auch darum, sie zu schützen. Es geht nicht an, dass die Deutsche Bahn, die die Menschen jahrzehntelang mit ihren Steuern subventioniert haben, jetzt zu einem Bruchteil ihres Wertes verscherbelt werden soll. Das ist Betrug an den Menschen. Dem stellen wir uns entgegen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir wollen Schluss machen mit der Umverteilung von unten nach oben, der Finanzierung von Kriegen und der Zerstörung der Umwelt. Es ist Zeit für eine haushaltspolitische Wende.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)

Rede, gehalten im Deutschen Bundestag am 14.09.2007