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Wer bestellt, der zahlt!

Rede von Ralph Lenkert,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wer zahlt die Zeche? Normalerweise der, der bestellt! Das heißt, für die Lagerung des Atommülls und für die Stilllegung und den Rückbau der Atomkraftwerke müssten selbstverständlich die Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW zahlen.

Angeblich haben die Atomkonzerne 35 Milliarden Euro an Rückstellungen. Egal ob wir von 50 Milliarden Euro, 80 Milliarden Euro oder 100 Milliarden Euro reden, die wir für den Rückbau der Atomkraftwerke und für die Endlagerung von Atommüll brauchen: Diese Rückstellungen werden nicht reichen. Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, müssen wir fürchten, dass die Hinterlassenschaften von 50 Jahren Atomkraftnutzung der Gesellschaft aufgedrückt werden. Das lehnt die Linke ab. Für uns gilt: Wer bestellt, der zahlt.

Liebe Koalitionäre, haben Sie aus den Manövern von Eon, RWE und Co. eigentlich nichts gelernt? Zuerst versuchten die Konzerne, sich per Ablasshandel von der Verantwortung freizukaufen und dann eine Bad Bank zu gründen - und das alles, um der Gesellschaft den Atommüll anzudrehen. Die Bundesregierung verhinderte wenigstens, dass sich Eon von der Atomsparte trennt. Ihr Gesetzentwurf zur Haftung der Mutterkonzerne für ihre Atomtöchter fehlt aber nach wie vor.

Die Rückstellungen sind sicher, sagt die Regierung. Doch selbst Ihr Gutachter, Herr Irrek, zerpflückt die eigenwillige Argumentation bei dieser Betrachtung.

Liebe Koalitionäre, kennen Sie das Insolvenzrecht? Maximal zehn Jahre rückwirkend besteht die Möglichkeit, auf ehemalige Vermögenswerte der Atomkonzerne zuzugreifen. Der Rückbau der AKW und der Aufbau der Endlager dauern jedoch noch viele Jahrzehnte - genügend Zeit für die Konzerne, das Geld beiseitezuschaffen.

Ich erinnere Sie an den PCB-Skandal in Dortmund. Dort wurde mit krebserregenden Chlorverbindungen - mit PCB - aus Profitgründen nachlässig gearbeitet. Die Gewinne wurden aus dem Unternehmen gezogen. Gleichzeitig wurden Mitarbeiter und Umwelt vergiftet. Dann ließ man das Unternehmen in die Insolvenz gehen, und für die Sanierung der Umweltschäden fließen jetzt viele Millionen Euro - aus dem Steuertopf.
Sie haben anscheinend noch nichts gelernt, denn wenn Sie etwas gelernt hätten, dann würden Sie heute die Anträge der Grünen und von uns, den Linken, nicht ablehnen.

Wir wollen die Rückstellungen in einem Fonds unter öffentliche Kontrolle bringen. Aus Erfahrung wissen wir: Das ist verdammt notwendig. Denn oftmals versuchen Manager und Aktionäre alles, nur um nicht zahlen oder haften zu müssen. Dagegen muss sich unsere Gesellschaft wehren.

Wir müssen verhindern, dass sich die Rückstellungen der Atomkonzerne in Luft auflösen - sei es, weil alte Anlagen oder Kohlekraftwerke zu Rückstellungen erklärt werden, weil profitable Unternehmensteile scheibchenweise ausgegründet werden oder weil die leeren Hüllen der ehemaligen Atomkonzerne letztendlich in Insolvenz gehen. Vor diesen Gefahren müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geschützt werden. Das sehen Sie von der Koalition doch hoffentlich genauso.

Seit Montag gibt es wenigstens ein bisschen Hoffnung auf Vernunft bei der Bundesregierung. Jetzt wird nämlich eine Kommission eingesetzt, die die Höhe, das Vorhandensein und die Verfügbarkeit der Rückstellungen für den Atommüll untersuchen soll. Ich kann nur wünschen, dass sich die Kommission durchsetzt und Abstand zu den Konzerninteressen bewahrt.

Damit aber dauerhaft sichergestellt wird, dass beim Atommüll die Verursacher die Zeche zahlen, müssen wir die Rückstellungen in einem öffentlichen Fonds sichern. Das sagt übrigens auch Ihr eigenes Gutachten, und das geht auch ganz einfach: Stimmen Sie heute den Anträgen der Grünen und von uns, den Linken, zu.

Vielen Dank.