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Wachstum des Luftverkehrs wirksam bremsen

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatten um den Klimaschutz haben zurzeit Hochkonjunktur. Es wird mehr in der Gesellschaft diskutiert; es wird um Lösungen gerungen. Das ist gut so.
Dass der Flugverkehr zunehmend zu einem ernsten Problem für das Weltklima wird, wurde schon angesprochen. Ich möchte dazu eine Zahl nennen: Im letzten Jahr gab es nach dem Statistischen Bundesamt in diesem Bereich ein Plus von 6,5 Prozent. Wir haben noch nicht darüber gesprochen, dass es immer noch Pläne gibt, weitere Flughäfen zu bauen und bestehende auszubauen, zum Beispiel in München eine dritte Startbahn, und so den Flugverkehr zu forcieren.
Jetzt soll also der Flugverkehr in das europäische Emissionshandelssystem eingebracht werden. Dies soll die Lösung bringen. Daran habe ich meine Zweifel. Die Kommission schreibt, die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel würde sich auf die Ticketpreise in einem geringeren Maße auswirken als die Besteuerung von Flugkraftstoff oder eine Emissionsabgabe und dies bei angeblich gleichen Verbesserungen für die Umwelt. Ich meine, das mit den Preisen stimmt sicherlich, das mit dem zusätzlichen Umweltschutz aber nicht.
Ich frage Sie im Hinblick auf die Billigfliegerei: Wenn die Tickets nur um 1,80 bis 9 Euro teurer werden, wer würde da vom Fliegen Abstand nehmen? Ich glaube, niemand. Auch wird sich angesichts dieser geringen zusätzlichen Kosten in die Tasche gelogen, wenn in diesem Zusammenhang von einem Lenkungseffekt für die Fluggesellschaften, sich sparsamere Maschinen anzuschaffen, gesprochen wird. Steigende Kerosinpreise treiben hier Erneuerungen viel schneller an als ein Emissionshandel light. Ich gehe natürlich davon aus, dass Landesregierungen in Zukunft den Verbrauch von Kerosin nicht mehr unterstützen werden.
(Dr. Andreas Scheuer (CDU/CSU): Sie fliegen aber auch von München nach Berlin, oder?)
Das Grundübel der Konstruktion der Kommission ist, dass Kohlendioxid nur mit einem Faktor eins in die Berechnungen eingeht. Dabei ist die Wärmewirkung des Flugverkehrs je Tonne CO2 zwei- bis viermal so hoch wie am Erdboden ausgestoßenes Kohlendioxid. Das heißt, wir bräuchten hier einen anderen Faktor.
Die Verzahnung mit dem EU-Emissionshandel führt dazu, dass der Flugverkehr weiter ungezügelt wachsen wird. Das Problem hätte man umgehen können, wenn der Emissionshandel im Flugbereich ein eigenes, abgeschlossenes System wäre. Dann entstünde nämlich für dessen Emissionen ein echter Deckel, also eine Begrenzung, die wir natürlich brauchen. Dieser Deckel wird aber angehoben, wenn Emissionsrechte aus dem Energie- oder Industriesektor hinzugekauft werden können,
(Michael Kauch (FDP): Aber da wird dann abgesenkt!)
und zwar vergleichsweise billig, da ja die Umweltwirkungen im Emissionsfaktor nur zu einem Viertel berücksichtigt werden.
Zu begrüßen ist am Richtlinienentwurf die angestrebte Versteigerung der Zertifikate. Hier hat man offensichtlich aus dem Desaster im Handelssystem im Zusammenhang mit den Extraprofiten für die Energiewirtschaft und die Industrie gelernt.
Weil wir gerade dabei sind: Nach dem Willen der EU-Kommission musste Deutschland seinen Zuteilungsplan für die nächste Handelsperiode in fast allen Punkten ändern, wie auch die Linke in ihrem Antrag vom Frühsommer letzten Jahres bemängelt hat. Es gab eine viel zu hohe Zertifikationszuteilung, unakzeptable Übertragungs- und Neuanlagenregelungen und verdeckte Beihilfen für die deutsche Industrie.
Leider konnte sich die Bundesregierung immer noch nicht zu einer brennstoffunabhängigen Zuteilung der Zertifikate durchringen. Das heißt, Kohle erhält mehr Zuteilungen als Gas. Damit wird die Lenkungswirkung des Emissionshandels hin zu emissionsärmeren Kraftwerken deutlich beschnitten. Dass die Bundesregierung weiterhin nicht von der Möglichkeit Gebrauch macht, Zertifikate zu versteigern, ist ein Skandal.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir reden hier über Milliardenprofite; darauf haben wir schon an vielen Stellen hingewiesen. Die Begründung, dass dann die Preise noch mehr steigen würden, halte ich für illusorisch; denn die Gelder werden schon jetzt eingepreist.
Herr Gabriel hat gestern gesagt, wir wollten, dass die Preise steigen. Vor allem für Geringverdiener sei das aber ein Problem. Dazu kann ich nur sagen: Herr Gabriel, wir haben den Antrag eingebracht, die im Zusammenhang mit Windfall-Profits entstehenden Gewinne abzuschöpfen und sie in regenerative Energien zu stecken, sie aber auch an Niedrigverdienerinnen und Niedrigverdiener sowie Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger als Kompensation für die höheren Preise weiterzugeben. Sie haben uns damals ausgelacht; Sie haben das Problem nicht erkannt. Jetzt sprechen Sie es selber an. Also: Tun Sie etwas!
(Beifall bei der LINKEN)
Wir wollen auch den Haushalten, die wenig Geld haben, die Möglichkeit geben, Energie zu sparen, etwa durch neue Geräte.
Noch etwas zum Schluss: Es wurde die Firma Audi angesprochen. Herr Stadler erpresst die Beschäftigten hinsichtlich des Klimaschutzes. Ich kann dazu nur sagen: Klimaschutz erreicht man nicht durch Angstmache. Das sollte sich Herr Stadler merken. Er sollte sich informieren und darüber Gedanken machen, wie man wirklich CO2 einsparen kann. Die Firma Audi hat im letzten Jahr den Gewinn um 63 Prozent gesteigert. Das ist nicht wenig. Dass die Firma nicht zu einer Sozialstation werden will, verstehe ich. Das war sie aber auch noch nie.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir fordern dazu auf, diese Erpressungen mit Blick auf die Arbeitsplätze zu unterlassen.
(Beifall bei der LINKEN)