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Vorschläge der LINKEN zur Wirtschaft haben Hand und Fuß

Rede von Roland Claus,

Rede von Roland Claus, Mitglied des Haushhaltsausschusses und Ost-Koordinator der Fraktion DIE LINKE, in der Debatte zum Etat des Wirtschaftsministers am 22.11.2012

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Herr Bundesminister Rösler,

damit sich dieser Irrtum nicht bei Ihnen festsetzt und Sie die Opposition im Deutschen Bundestag und die Kirchen gleich mit nicht weiter diskriminieren,

 (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh! Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Das tun Sie schon selber!)

sage ich Ihnen hier eindeutig: Opposition ist Verantwortung und nicht Verantwortungslosigkeit. Das haben Sie bis vor kurzem auch noch so gesehen. Daran muss man Sie erinnern.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es angebracht ist, sich mit Schadenfreude über die Umfragewerte anderer Parteien zurückzuhalten. Dem will ich auch gerne nachkommen. Aber es geht hier nicht um den Parteivorsitzenden Philipp Rösler, sondern um den Bundeswirtschaftsminister. Was Sie für Ihren Nebenjob versprochen haben, Herr Minister, muss doch auch für das Ministeramt gelten: Sie wollten liefern. Mit Ihrem Etat und mit der Rede, die wir soeben gehört haben, sind Sie aber - das muss ich Ihnen so deutlich sagen - in einen einzigen Lieferstreik getreten, und das nehmen wir natürlich nicht hin.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das würde Ihnen keine Opposition dieser Welt durchgehen lassen und schon gar nicht die demokratische Linke im Deutschen Bundestag.
Sie sagen: Es ist alles gut am Arbeitsmarkt. Aber Fakt ist: Leiharbeit und Niedriglohn haben ein ungeheures Ausmaß angenommen. Dieses Ausmaß ist im Osten - daran will ich erinnern - doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Junge Leute beginnen ihr Arbeitsleben in aller Regel mit Zukunftsungewissheit. Sie erhalten beispielsweise im Gastronomiegewerbe Arbeitsverträge mit einer Laufzeit von zehn Monaten und sollen dann die restlichen zwei Monate bei der Bundesagentur für Arbeit quasi überwintern. Gestern haben wir Ihre neue Losung gehört, wir hätten es hier mit der erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung zu tun.

(Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Das ist richtig! Sie müssen einfach die Fakten zur Kenntnis nehmen!)

Das Bundespresseamt hatte die Losung der Woche formuliert - das ist von Ihnen, nicht von mir -: Der Aufschwung ist bei den Menschen angekommen. Ich erlebe immer wieder, dass Menschen, die in schlecht bezahlten Jobs arbeiten, diese Losungen und diese Schönrederei als einen Zynismus und als eine Verhöhnung ihres Lebens empfinden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ihr Haushaltsplan ist während der Beratungen leider nicht besser geworden. Aber wir haben redlich versucht, ihn zu korrigieren. Bei aller selbstkritischen Analyse, die ich unserem Antrag gegenüber noch einmal an den Tag gelegt habe, musste ich feststellen: Es waren allesamt gute Vorschläge. Ich will Ihnen nur vier Beispiele nennen:

Erstens. Wir wollten uns dafür einsetzen, dass es eine bessere Ausstattung des Bundeskartellamtes gibt. Das ist eine Behörde, bei der interessanterweise jeder Euro, den man ihr zukommen lässt, 7 Euro hervorbringt. Eine bessere Ausstattung ist auch deshalb erforderlich, weil das Kartellamt bekanntlich dafür zuständig ist, den Wettbewerb zu überwachen. Die Leute interessiert es momentan wirklich sehr, ob es an den Zapfsäulen und an den Stromzählern mit rechten Dingen zugeht.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wäre also gut gewesen, unserem Antrag zu folgen. Ich bin mir ziemlich sicher: An diesem Vorschlag kommen Sie nicht vorbei. Irgendwann werden Sie das Ganze selber machen, und Sie werden sehen: Opposition wirkt; Opposition ist alles andere als Verantwortungslosigkeit. Mir wird zuweilen mit Blick auf das Kartellamt vorgehalten: Man darf das mit der Kontrolle nicht übertreiben. Ich gehe einmal davon aus, dass auch der Freiheitsbegriff der Liberalen nicht die Freiheit zu Gesetzesverletzungen meint.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Wir haben Ihnen vorgeschlagen, im Bereich von Luft- und Raumfahrt Subventionen abzubauen. Dieser Bereich wird gigantisch subventioniert. Sie protegieren hier staatsnahe Monopolisten, und das mit einem FDP-Minister. Dass Ihnen das noch ein Sozialist sagen muss, das ist ja nun wirklich ein dicker Hund. Mit diesen Subventionen fördern Sie auch die Rüstungsproduktion. Wir sagen Ihnen: Wer Rüstungsgüter produziert, verdient natürlich auch am Gebrauch dieser Güter. Klarer gesagt: Rüstungsproduktion verdient am Krieg. Das wollen wir nicht. Sie haben zwar auch unsere Anträge, die sich darauf bezogen, abgelehnt, aber Sie werden damit wieder zu tun haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Die Wirtschaft im Osten verdient mehr Unterstützung. Die Kürzung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ - sie ist hier schon angesprochen worden - betrifft zu sechs Siebteln den Osten. Deshalb unterstützen wir auch die Anträge, die Mittel für diese Aufgabe wieder auf das bisherige Niveau anzuheben.

Ich muss Ihnen noch eine Vorhaltung machen. Sie haben vollmundig verkündet, bis zum Jahre 2019 500 Millionen Euro mehr für die Forschung in Ostdeutschland einzubringen. Das hat natürlich auch mit Ihrem Etat zu tun, Herr Minister Rösler. Wir haben einmal nachgeschaut, was genau passiert ist. Ich wiederhole: 500 Millionen Euro zusätzlich waren versprochen. Was haben Sie gemacht? Sie haben alles, was bisher schon vorhanden ist, neu sortiert, haben neue Überschriften formuliert. Sie haben es gerade einmal geschafft, im Etat für 2013 zusätzlich 10 Millionen Euro - versprochen waren 500 Millionen Euro - einzustellen. Das kann man Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Viertens. Wir haben angesichts komplizierter wirtschaftlicher Entwicklungen, die bevorstehen, vorgeschlagen, wenigstens die Kriseninstrumente auf Stand-by zu stellen, also sicherzustellen, dass man das Arbeitslosengeld I schnell abrufen könnte, dass man den Investitions- und Tilgungsfonds und Konjunkturprogramme, so wie Sie es eben getan haben, nicht diskriminiert, sondern gewissermaßen vorhält. Auch diese Vorschläge haben Sie abgelehnt.

 Meine Damen und Herren, die Linke will eine Wirtschaftspolitik, die Mittelstand und Existenzgründern Chancen eröffnet und nicht verbaut, die Arbeit schafft, von der Beschäftigte sorgenfrei leben können, und die so zu mehr Stabilität und sozialer Gerechtigkeit gleichermaßen beiträgt. Kleiner geht es nicht.
Die Linke hat mindestens vier Alleinstellungsmerkmale, vielleicht auch Erfahrungsvorsprünge in Sachen vernünftiger Wirtschaftspolitik.

 (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP - Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU): Das habt ihr ja bewiesen!)

Erstens. Die Linke weiß genau, wie es nicht geht.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

Es möge sich melden, wer mit mir in den Wettbewerb treten will.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Zweitens. Die Linke will als Einzige die Übermacht der Finanzmärkte über die Realwirtschaft stoppen.

(Beifall bei der LINKEN)

In dieser Woche haben wir bei den sogenannten Schattenbanken von einem Umsatz von über 50 Billionen Euro gehört. Da geht es nicht mehr um Regulieren, sondern um Abschalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Die Linke kann als einzige von sich sagen: Wir können auch Osten.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Na ja!)

Die Linke ist die Einzige, die nicht von der Finanzbranche und der Großindustrie Parteispenden einsteckt. Die wollen wir auch gar nicht.

 (Beifall bei der LINKEN - Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Ihr habt schon genug zur Seite gebracht nach der Wende!)

Ihr Plan A von einer vernünftigen Wirtschaftsentwicklung hat versagt. Es muss ein Plan B her.

(Beifall bei der LINKEN)

Viertens. Auch der Nachbau des Westen im Ostens funktioniert nicht. Deshalb brauchen wir einen neuen sozialökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, bei dem Soziales und Ökologisches in der Tat zusammengeht. Das geht zu machen. Das geht immer auch anders, aber das geht nur mit Links.

 (Beifall bei der LINKEN - Rainer Brüderle (FDP): Wenn das der Erich wüsste!)