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Unser Ziel ist es, unser Land sicherer und gerechter zu machen

Rede von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicher wird in dieser Debatte wieder viel über die schwarze Null gesprochen werden. Ich will Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, was mich an dieser Diskussion am meisten stört: Es wird bewusst davon abgelenkt, wie ungerecht unser Steuersystem ist – die Reichen werden verschont, und die Mittelschicht muss löhnen. – Das muss ein Ende haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir Linke haben gute Vorschläge in die Haushaltsberatungen eingebracht. Unser Ziel ist es, unser Land gerechter und sicherer zu machen. Nur ein Beispiel – wir haben uns dabei an der Forderung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes orientiert –: Wir wollen das Kindergeld deutlich erhöhen. Das wäre ein Anfang im Kampf gegen steigende Kinderarmut. Aber Sie haben den Antrag abgelehnt. Sie haben kein Herz für Kinder. Das ist ein Armutszeugnis für diese Koalition.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Alle unsere Vorschläge sind finanzierbar. Wir müssen nur endlich in diesem Land ein gerechtes Steuersystem haben, und die Vermögenden müssen endlich ihren Beitrag im Kampf gegen die Armut leisten. Das ist die zentrale Frage. Dafür kämpfen wir Linke: für Gerechtigkeit und Solidarität.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt ja noch einige Kollegen, die sich über die Wahlerfolge der AfD wundern. Aber schauen Sie sich doch einmal die Vermögensverteilung in unserem Land genau an. Gab es im Jahr 2002  34 deutsche Milliardäre, waren es 2012 schon 55. 1 Prozent der Vermögenden besitzt ein Drittel des Gesamtvermögens. Das ist das Ergebnis einer falschen Steuerpolitik. Das können wir nicht länger hinnehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Selbst die Bertelsmann-Stiftung stellt in einer aktuellen Studie fest, dass die Zahl der Menschen, die von ihrer Arbeit nicht leben können, in unserem Land dramatisch angestiegen ist. Der Chef der Stiftung kommentiert:

"Ein steigender Anteil von Menschen, die ... nicht von ihrer Arbeit leben können, untergräbt die Legitimität unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung."

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz deutlich: Die AfD ist ein Kind der Politik der Großen Koalition.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Oh!)

Mit dieser Politik haben Sie die AfD stark gemacht.

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Oh!)

Wir müssen in unserem Land endlich umsteuern.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Grund [CDU/CSU]: Ihnen laufen doch die letzten Wähler weg!)

Die Stimmen in den USA waren noch gar nicht ausgezählt, da forderte die Verteidigungsministerin schon wieder mehr Geld für die Bundeswehr. Ich glaube, Frau von der Leyen, wäre die US-Wahl anders ausgegangen, hätten Sie wohl den gleichen Sprechzettel vorgetragen. Obwohl das Verteidigungsministerium in den nächsten Jahren 130 Milliarden Euro für Kriegsgeräte ausgeben will, kam in der Bereinigungssitzung noch eine Nachforderung von 1,5 Milliarden Euro auf den Tisch. Es handelte sich um fünf Korvetten. Angeblich würde die NATO fünf Korvetten von Deutschland fordern, und dieser Forderung müsse man entsprechen. Nur: Die Bundesrepublik besitzt bereits fünf dieser Korvetten. Das Problem ist: Von den fünf ist in der Regel nur eine einsatzfähig. Die Bundeswehr braucht also zehn Korvetten, damit zwei halbwegs funktionieren. Meine Damen und Herren, das ist doch Misswirtschaft, und Misswirtschaft wollen wir nicht finanzieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich stelle auch die Frage: Warum sagt Frau von der Leyen nicht ehrlich, dass sie fünf neue Schiffe haben will? Warum versteckt sie sich hinter der NATO? Oder vielleicht ist es gar nicht die NATO, die das will. Vielleicht vertritt sie wieder einmal die Interessen der Rüstungslobbyisten. Ich bin der Meinung, wenn wir aus der Atomindustrie aussteigen können, dann können wir auch aus der Rüstungsindustrie aussteigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, viele Menschen in unserem Land haben Angst vor Altersarmut, vor steigenden Mieten, vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes und vor steigenden Gesundheits- und Pflegekosten. Ich sage ganz deutlich: Das sind reale Ängste und keine eingebildeten. Die Linke will den Menschen diese Ängste nehmen, indem wir nicht nur darüber reden, sondern wirklich in Solidarität investieren, nämlich in eine solidarische Rente und in ein solidarisches Gesundheitssystem. Wir brauchen endlich eine Rentenversicherung, in die alle einzahlen und in die die Menschen aufgrund von guten Löhnen einzahlen können, damit sie eine Rente bekommen, von der sie im Alter leben können.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch einmal zur schwarzen Null. Der Bundesrechnungshof spricht in seinem jüngsten Bericht von „anstrengungsloser Verbesserung“ der Bundesfinanzen aufgrund fallender Zinslasten. Ich glaube, Herr Schäuble, das ist doch wirklich ein harter Schlag für Sie. Sie haben die schwarze Null ja als Krönung Ihrer Karriere angesehen. Nun schreibt Ihnen der Bundesrechnungshof, der wahrlich nicht von der Linken geleitet wird, dass das alles anstrengungslos erreicht worden sein soll.

Ja, muss ich Ihnen sagen, der Bundesrechnungshof hat recht: Niedrige Zinsen, niedriger Wechselkurs und billiges Öl wären großartige Voraussetzungen für einen Finanzminister gewesen, endlich eine Gerechtigkeitsoffensive zu starten. Seit 2008 haben wir wegen sinkender Zinsen rund 100 Milliarden Euro Zinszahlungen eingespart. Ich frage mich, warum der Finanzminister aus diesen guten Rahmenbedingungen nichts Vernünftiges gemacht hat. Im Gegenteil: Er kritisiert die EU-Kommission für Investitionspläne. Dabei müssten Sie, Herr Schäuble, doch endlich einsehen, dass die Kürzungspolitik Europa in eine schwere Krise getrieben hat. Sie müssen sich doch nur die Arbeitslosenzahlen in Europa anschauen. Sogar in Italien sind 30 Prozent der Jugendlichen ohne Ausbildung und ohne Arbeit. Die Kürzungspolitik raubt der europäischen Jugend ihre Zukunft. Meine Damen und Herren, wir müssen diese Politik spätestens im Herbst 2017 beenden.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Linke steht für Solidarität, soziale Sicherheit und Zukunft. Und dafür streiten wir.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])