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UNMISS - kein Schutz für die Zivilbevölkerung im Südsudan

Rede von Jan van Aken,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur einmal daran erinnern: Es geht hier um einen Bundeswehreinsatz innerhalb des Südsudans.

(Robert Hochbaum (CDU/CSU): Ja! Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): Das ist sehr deutlich geworden!)


Es ist relativ wichtig, das zu betonen, weil Sie alle heute und in der Debatte vor zwei Wochen sehr viel über Abyei, Südkordofan, die Grenze zum Sudan geredet haben. Das hat nur sehr bedingt mit UNMISS zu tun. Hier geht es um einen internationalen Militäreinsatz innerhalb des Südsudans. Ich glaube, es hilft nicht, das alles in einem Topf zu verrühren. Das verstellt manchmal den Blick auf die Lage, Herr Hochbaum.
(Beifall bei der LINKEN)
UNMISS war von vornherein ein Konstrukt mit völliger Schieflage. Wir hatten es mit Interessen der UNO und Interessen der Regierung des Südsudans zu tun. Das ließ sich nicht vereinbaren: Die UNO wollte zum Beispiel die Armee reformieren, vor allem reduzieren. Die Regierung Südsudans wollte vor allem die eigene Machtposition ausbauen. Dann gab es einen Kompromiss, der extrem problematisch ist. UNMISS steht an der Seite der Regierung Südsudans. Die Regierung ist es, die darüber bestimmt, wo und wann UNMISS eingreifen darf. Das große Problem hier ist, dass die Regierung Südsudans manchmal überhaupt kein Interesse daran hat, dass UNMISS zuschaut: wenn nämlich die Regierung selbst oder ihre Armee, die SPLA, Verbrechen an der Zivilbevölkerung begeht.
Sie wissen ganz genau Frau Schuster hat es dankenswerterweise erwähnt , dass die Regierung Südsudans die Arbeit von UNMISS massiv behindert. Vor kurzem hat sie eine UNMISS-Mitarbeiterin ausgewiesen. Daher ist es relativ hilflos, Frau Schuster, sich hierhinzustellen und zu sagen: Das kritisieren wir; die Regierung Südsudans sollte es anders machen.

(Marina Schuster (FDP): Ja, sollen wir denn schweigen, oder wie?)


Trotzdem wollen Sie hier darüber entscheiden, dass Bundeswehrsoldaten an die Seite einer menschenrechtsverletzenden Regierung gestellt werden. Das finde ich nicht akzeptabel.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich möchte hier ein einziges Mal von Ihnen ein Argument dazu hören, wie Sie es verantworten können, Bundeswehrsoldaten an die Seite einer Regierung zu stellen, die die eigene Zivilbevölkerung bedroht. Das geht nicht.
(Beifall bei der LINKEN)


Sie wissen genauso wie ich Herr Hochbaum, eigentlich müssten auch Sie es wissen , dass die Regierung gerade dabei ist, einen Einparteienstaat zu etablieren mit Korruption, mit Vetternwirtschaft, mit Unterdrückung der eigenen Bevölkerung, mit Vernachlässigung der Bevölkerung in der Peripherie und auf dem Lande, um nur einige Punkte zu nennen. Und dafür hat sie jahrelang Unterstützung bekommen? Ist das der Staatsaufbau, den Sie wollen, den die UNO wollte?
Sie sollten eigentlich eingestehen, dass die bisherigen Bemühungen gescheitert sind. Jetzt ist es unsere Aufgabe, zu schauen: Wo ist der Fehler? Was können wir anders machen? Da möchte ich Sie, Herr Hochbaum, einmal beim Wort nehmen. Sie haben die Frage gestellt: Sollen wir einfach zuschauen? Meine Antwort ist: Nein. Wir wollen helfen.
(Beifall bei der LINKEN)


Aber wir wollen nicht so helfen, wie man es die letzten Jahre versucht hat und womit man komplett gescheitert ist. Wir haben dazu vor einem Jahr sehr ausführliche und detaillierte Vorschläge gemacht die entsprechende Vorlage hätten Sie vielleicht lesen sollen, Herr Hochbaum; ich kann Ihnen die Drucksachennummer nennen ,
(Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Das kennen wir alles! Alles Gerede!)
wie man den Menschen im Südsudan ganz konkret helfen kann, Gewalt zu vermeiden und den Staat wiederaufzubauen.


Ich möchte nur einen einzigen Vorschlag nennen. Da es um den Schutz der Zivilbevölkerung, auch vor der südsudanesischen Regierung, geht, brauchen wir ein Frühwarnsystem.
(Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Das macht doch UNMISS!)
Ich war im Südsudan und habe mir angeschaut, wie funktionierende Frühwarnsysteme aussehen können. Das Ganze funktioniert nicht mit internationalem Militär. Dazu braucht man Menschen vor Ort. Die Menschen, die in den Dörfern leben, die lokalen Autoritäten, die anerkannt sind, muss man einbinden. Dann braucht man neutrale Vermittler. So kann man einen Konflikt vermeiden.
Was Sie machen, ist: Sie gucken in Jonglei zu, bis 800 Leute tot sind,
(Marina Schuster (FDP): Das stimmt doch gar nicht!)
und dann schicken Sie einen Hubschrauber hin, um frühzuwarnen. Das reicht nicht. Wenn Sie den Menschen helfen wollen, dann machen Sie es zivil! Mit dem Militär funktioniert es nicht.
(Beifall bei der LINKEN)


Ich finde es ganz zynisch damit komme ich zum Schluss , dass Herr Westerwelle vor zwei Wochen an dieser Stelle gesagt hat, seit der Unabhängigkeit habe der Südsudan eine eigene stabile Staatlichkeit.
(Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Sie blenden doch vollkommen aus, was vorher passiert ist!)
Das ist ein Schlag ins Gesicht der Menschen im Südsudan, die immer noch hungern, die immer noch an behandelbaren Krankheiten sterben, die ohne Anklage im Gefängnis sitzen, die gefoltert werden. An die Seite eines solchen Regimes darf man keine Bundeswehrsoldaten schicken. Deswegen werden wir dem UNMISS-Mandat nicht zustimmen.
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU/CSU: Unmöglich!)


Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland keine Waffen exportieren sollte. Auch das ist ein wichtiges Thema, aber dafür habe ich keine Zeit mehr.
Danke.