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Union will mehr Profite für Atomkonzerne

Rede von Eva Bulling-Schröter,

BT-Plenarrede zum Umweltetat 2009 - 1. Lesung

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Letzte Woche hat sich der Vorstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu Wort gemeldet. Mit seinem Energiepapier macht er nicht nur Front gegen den Koalitionspartner, die Union richtet sich auch gegen die Bürgerinnen und Bürger, denen sie mit sehr seltsamen Argumenten niedrige Strompreise verspricht.

So soll der Ausstieg aus dem Ausstieg den Stromkunden angeblich 40 Milliarden Euro einbringen; denn Atomstrom ist ja so billig. Billig ist aber auch die Logik. Ich frage Sie: Würden Eon & Co. die Preise wirklich senken wollen? Warum sollten sie das tun? Noch einmal zum Mitschreiben:

Der Handelspreis bildet sich an der Strombörse nicht auf Grundlage der niedrigsten Kraftwerksgrenzkosten bei Brennstoffen und Betrieb, sondern auf Basis der höchsten, und die haben in der Regel Gas- oder Steinkohlekraftwerke, nicht aber abgeschriebenen AKWs. Je deutlicher ein Kraftwerk unter den genannten Kosten liegt, umso höher ist dessen Gewinn. Deshalb bedeutet jede Stunde längere Laufzeit zusätzlichen Profit für Atomkraftwerke. Für alle, die zuhören: Das heißt, eine Million Euro Profit pro Tag pro abgeschriebenem AKW. Darum geht es!

(Beifall bei der LINKEN)

Um dieses Geld zu kassieren, bliebe die Brennelementesteuer, die Minister Gabriel vorschlug. Wir unterstützen diese Idee. Die Union lehnt sie natürlich ab, ganz strikt, wie ich lese. Ich frage Sie: Wie wollen Sie denn an die 40 Milliarden Euro herankommen? Vielleicht wird diese Frage ja gleich noch geklärt.

(Ulrich Kelber (SPD): Freiwillige Gespräche!)

Glauben Sie tatsächlich an eine Vereinbarung mit den Konzernen? Da kann ich nur lachen. Das kennen wir alle. Das ist lächerlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Brennelementesteuer wäre der einzige Weg, die enormen Mitnahmeeffekte der Atomverstromer für die bislang vereinbarte Laufzeit wenigstens zu begrenzen. Sie wäre übrigens auch der einzige Weg, die absurd hohen Gewinne abzuschöpfen, die den AKW-Betreibern aus dem Emissionshandel zusätzlich zufließen. Durch die Kosten für die Zertifikate steigt der Großhandelspreis nämlich noch ein Stück weit an. Diese Windfall-Profits bei AKWs bleiben im Gegensatz zum Kohle- und Gasbereich übrigens auch dann bestehen, wenn die Emissionsrechte ab 2013 vollständig versteigert werden.

Nun will die Union die Laufzeiten sogar um weitere 30 Jahre verlängern. Das heißt nicht nur 30 Jahre mehr Risiko insbesondere in Bayern, wo 62 Prozent des Stroms aus Atomenergie stammen , sondern auch 30 Jahre lang Extraprofite in Milliardenhöhe aus dem Zertifikatshandel. Aber Sozialtarife für Familien, die ihre Kinder nicht in die Ferien schicken können, lehnen Sie ab. Das zeigt für mich, wie christlich und sozial Sie wirklich sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt wollen CDU und CSU auch noch schnell das Gorleben-Moratorium aufheben. Dazu kann ich nur sagen: super. Das ist die Antwort auf das Desaster mit Asse II und kommt gerade jetzt, wo klar wird, dass all die Versprechungen von Politik und Wissenschaft, die wir jahrzehntelang hören konnten, in sich zusammenstürzen wie in Kürze die Salzpfeiler des vermeintlichen Endlagers.

Noch ein letztes Wort zum Emissionshandel: Wer die Energiewirtschaft auch nach 2012 kostenlos mit Zertifikaten ausstatten will und seien es nur die Kraftwerksneubauten , hat entweder nichts von der Idee des Emissionshandels begriffen oder ist ein unverbesserlicher Lobbyist der Stromkonzerne. Eines von beiden können sich Herr Glos und Herr Huber aussuchen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine Wahlkampfrede für die Linke in Bayern!)

In Ehrfurcht vor der Weisheit der beiden tippe ich auf Lobbyismus. Hier kennt man sich schließlich aus, besonders prächtig in Bayern. Im Freistaat freut man sich beispielsweise über mehr Verkehr, sei es auf der Straße, in der Luft oder zu Wasser. Das nutzt den Baukonzernen und auch anderen.

Die Union möchte folgerichtig für 2009 1 Milliarde Euro mehr zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, weil Deutschland, wie ich gelesen habe, ein Transitland ist. Dafür muss dann die Donau herhalten. Eine dritte Startbahn in München und einiges mehr sollen gebaut werden. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Menschen in Bayern wehren sich. Sie wehren sich zum Beispiel gegen den Transrapid, gegen den Bau der A 94 München-Passau durch das Isental, gegen die Fichtelgebirgsautobahn und gegen die Verkehrsanbindung an den Nürnberger Flughafen durch den Reichswald. Ich kann Ihnen nur sagen: Es gab in München eine große Demonstration von Umweltverbänden. Diese sagen: So geht es nicht weiter. Wir wollen ein lebenswertes Bayern. Das unterstützen wir. Ich hoffe, auch Sie unterstützen das mit dem Haushalt, indem diese Großprojekte klug überdacht und gestrichen werden. Wir brauchen das Geld für andere Dinge.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich hoffe, dass Sie - leider sind nur wenige Kolleginnen und Kollegen der CSU bei dieser Umweltdebatte anwesend

(Bernhard Schulte-Drüggelte (CDU/CSU): Qualität zählt!)

- nächste Woche die Quittung dafür bekommen. Danke.

(Beifall bei der LINKEN)