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Umweltzonen sind notwendig und sinnvoll

Rede von Lutz Heilmann,

Fahrverbote in Umweltzonen seien keine Schikane, sondern für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung notwendig, sagte Lutz Heilmann in der Debatte über Ausnahmen für Oldtimer. Fahrverbote bedeuten aber in der Tat eine erhebliche Einschränkung. Die Bundesregierung müsste deswegen die Umrüstung von Fahrzeugen stärker fördern. Ohne Augenmaß bei Ausnahmegenehmigungen seien Umweltzonen wirkungslos. Problematischer als Oldtimer seien PendlerInnen und der Wirtschaftsverkehr.

Der Bundestag debattiert heute zum zweiten Mal über Oldtimer. Es geht um die Frage, ob Oldtimer generell in Umweltzonen fahren dürfen oder nicht. Wohlgemerkt: Es geht nicht darum, Oldtimern die Teilnahme am gesamten Straßenverkehr zu verbieten. Genau diesen Eindruck vermitteln aber die Oldtimer-Lobby und ihr Sprachrohr, die FDP. Auch wird der Anschein erweckt, die spezialisierten Werkstätten stehen vor dem Ruin.

Dem ist aber nicht so - und das will meines Wissens auch niemand, auch Die Linke nicht, obwohl der durchschnittliche Oldtimer-Besitzer nicht gerade zu unserer klassischen Wählerschicht gehört. Dies weiß ich aus eigenem Erleben, als Tankstellenkassierer bediente ich früher eine Reihe von Oldtimer-Fahrern.
Ein Oldtimer ist eben nicht als Alltagsfahrzeug gedacht, sondern nur als zusätzliches "Liebhaber-Stück" für gelegentliche Ausfahrten vorgesehen. Das muss man sich erst mal leisten können. Deshalb nährt die FDP mit ihrem Antrag den gelegentlich geäußerten Vorwurf, sie sei die Partei der Besserverdienenden. Mit diesem Antrag wird einseitige Klientelpolitik betrieben. Umwelt- und Gesundheitsschutz sind bei der FDP anscheinend nur Lippenbekenntnisse.

Denn genau darum geht es . um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung in den Innenstädten. Dafür werden nach Auskunft der Bundesregierung derzeit 21 Umweltzonen vorbereitet. Dadurch wird die extrem gesundheitsgefährdende Feinstaubbelastung gesenkt. Der EU-Grenzwert wird in vielen Städten, insbesondere an Hauptverkehrsstraßen, sehr häufig - zu häufig - überschritten. Auch für das hochgiftige Stickstoffdioxid gilt ab 2010 ein strenger Grenzwert, der bislang vielerorts überschritten wird.

Mit Umweltzonen werden also nicht Oldtimerfahrer schikaniert, sondern die Bevölkerung in den Innenstädten vor Gesundheitsgefahren geschützt. Oldtimer sind dabei nicht vernachlässigbar, sondern eine nicht unerhebliche Quelle von Luftverschmutzung. Obwohl sie nur 0,4 Prozent an der gesamten Pkw-Flotte Deutschlands ausmachen, sind Oldtimer für 3 Prozent der Stickoxidemissionen verantwortlich. Ihr Schadstoffausstoß liegt um bis zum 60-Fachen über einem Neuwagen.

Deswegen sollte es keine generelle Befreiung für Oldtimer! Es ist aber nun nicht so, dass Oldtimer gar nicht in den Umweltzonen fahren dürften. Die Kommunen können und sollen selber entscheiden, inwieweit sie Oldtimern und anderen Betroffenen - dazu gleich mehr - Ausnahmen erteilen.

Berlin als Vorbild und Vorreiter wird als erste Kommune ab dem 1. Januar 2008 eine Umweltzone einrichten. Stuttgart und andere Städte Baden-Württembergs wollten ursprünglich früher loslegen, mussten ihren Starttermin aber immer wieder verschieben. Man könnte einen gängigen Werbeslogan deshalb etwas abwandeln in "Baden-Württemberg - wir können alles außer Umweltzone".

Vielleicht haben sie aber nur auf die Bestimmungen Berlins gewartet, um sie zu übernehmen? Berlin jedenfalls hat eine großzügige Regelung für Oldtimer vorgesehen. Klar können sie weiter für Hochzeitsfahrten oder Ähnliches genutzt werden. Klar erhalten auch private Oldtimer eine unbefristete Ausnahmegenehmigung. Damit dürfen sie pro Jahr 700 Kilometer in der Umweltzone fahren.

Diese erstreckt sich nun nicht auf ganz Berlin, sondern nur auf den S-Bahn-Ring. Wenn man da einmal
rein- oder durchfährt, sind das fünf bis zehn Kilometer. Oldtimer können also weiterhin gelegentlich über die "Linden" fahren und ihre Werkstätten besuchen. Und Oldtimerbesitzer, die in der Umweltzone wohnen, müssen ihren Wagen weder verkaufen noch außerhalb der Umweltzone parken.

Deswegen frage ich mich: Warum diskutieren wir ausgerechnet über Oldtimer in Umweltzonen? Kritisch
ist nicht der Freizeitverkehr mit Oldtimern. Die wirklich problematischen Fälle sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aufs eigene Auto angewiesen sind. Erfreulicherweise hat sich durch die nachträgliche Regelung für G-Kats der Kreis der Betroffen erheblich reduziert.

Auch der Wirtschaftsverkehr, dessen Lkw und Transporter oft veraltet sind, ist ein Problem. In beiden Fällen hat Berlin ebenfalls sinnvolle Ausnahmeregelungen geschaffen. Klar ist aber auch, dass nicht allen eine Ausnahme erteilt werden kann. Dann könnte man die Umweltzone gleich sein lassen.

In der Bundesregierung und insbesondere beim kleineren Koalitionspartner wird ja viel über "Fordern und
Fördern" gestritten. Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung auch im Gesundheitsschutz dem Fördern mehr Gewicht gegeben hätte. Denn wenn man Menschen zu Einschränkungen zwingt - Fahrverbote sind in der Tat eine Einschränkung -, dann sollte man ihnen auch Alternativen anbieten.

Da der Gesundheitsschutz eine öffentliche Aufgabe ist, sollte er nicht nur denjenigen angelastet werden, die alte Fahrzeuge haben. Nein, die Bundesregierung ist gegenüber der EU für die Einhaltung der Grenzwerte mitverantwortlich. Deshalb hätte sie die steuerliche Förderung der Umrüstung von Fahrzeugen mit Dieselrußfiltern deutlich großzügiger gestalten müssen. Die sehr enttäuschenden Zahlen bislang erfolgter Umrüstungen belegen, dass 330 Euro viel zu wenig sind. Auch für den Wirtschaftsverkehr sollten Förderprogramme - so weit möglich zur Nachrüstung, ansonsten zur Flottenerneuerung - aufgelegt werden.

Der Schutz der Gesundheit der Menschen geht alle an, nicht nur Einzelne!

- die Rede wurde wie alle Reden zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll gegeben -