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Umwelthaushalt zeigt: Koalition hat nichts begriffen

Rede von Ralph Lenkert,

Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Damen und Herren! Kollege Hirte, Lesen bildet. Hätten Sie unseren Antrag zum Haushalt komplett gelesen, dann hätten Sie gewusst, dass wir weit über 50 Milliarden Mehreinnahmen über eine Millionärsteuer, über eine Vermögensteuer erzielen wollen. Das zu sagen, wäre ehrlich gewesen.

Ein weiterer Punkt: Die Linke betrachtet die Atommüllendlager Schacht Konrad und Gorleben als komplett überflüssig und falsch. Wir wollen kein Geld in tote Pferde, in falsche Entscheidungen investieren. Das ist das, was die CDU in Thüringen regelmäßig getan hat. Ich erinnere an die hoffnungslos überdimensionierten Abwasseranlagen, in die Ihre Partei investiert hat und die heute für allein 1,5 Milliarden Euro Schulden des Freistaates verantwortlich sind.

Aber jetzt zum Umweltbereich. Ich möchte den Abgeordneten der Koalition danken. Bei zwei Punkten sind Sie unseren Vorschlägen gefolgt. Beim Hochwasserschutz haben Sie unsere Forderungen sogar verdoppelt. Danke, dass Sie unseren Argumenten gefolgt sind. Vielen Dank auch, Frau Dött, für Ihren Einsatz für die Wiedereinführung der Förderung der Filternachrüstung bei Dieselfahrzeugen. Das ist ein wichtiger kleiner Schritt. Schade, dass Sie andere Vorschläge ignoriert haben.

Die Mieten steigen in Ballungszentren, die Betriebskosten explodieren bundesweit. Allein für Warmwasser und Heizung muss ein durchschnittlicher Haushalt heute jährlich 3 100 Euro ausgeben. Im Jahr 2000 waren es noch 1 500 Euro. Und was machen Sie, Frau Umweltministerin Hendricks? In Interviews thematisieren Sie dieses Problem, und das Wohngeld wird um 100 Millionen Euro gekürzt.
Wir beantragen 460 Millionen Euro mehr für die Wiedereinführung des Zuschlags für Heiz- und Energiekosten für Wohngeldempfänger.

Das wären durchschnittlich 40 Euro je Monat, 15 Prozent der Energiekosten. Damit würden Sie fast 1 Million Menschen helfen. Sie würden über 100 000 Rentnerinnen und Rentner sowie Aufstockerinnen und Aufstocker aus Mindestsicherung und Hartz IV herausholen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Argen könnten sich dann statt mit Kosten der Unterkunft mit der Weiterbildung und Vermittlung von Langzeitarbeitslosen befassen. Ganz nebenbei würden Kommunen in strukturschwachen Regionen entlastet. Frau Ministerin, Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie diesem Vorschlag einfach zu!
Zwei Beispiele, wie es Hunderte in Deutschland gibt: In Gera in Thüringen stehen 11 Prozent der Wohnungen leer. Die Mittel für den Stadtumbau würden für Gera entsprechend der Einwohnerzahl 700.000 Euro betragen. Wie soll damit die Strukturanpassung gelingen?

In Jena in Thüringen herrscht Wohnungsmangel. 800 000 Euro stellt der Bundeshaushalt für sozialen Wohnungsbau bereit. Wie soll damit ein Wohnungsproblem gelöst werden? Sie kleckern, statt zu klotzen. Stimmen Sie unseren Investitionsprogrammen zu, oder legen Sie eigene auf! Dann könnten die Mieten in Ballungszentren sowie die Betriebskosten in strukturschwachen Regionen sinken. Ganz nebenbei wäre dies ein Konjunkturprogramm für die Wirtschaft und gelebter Klimaschutz.

Frau Hendricks, ich war überrascht, dass Sie sogar Gelder in die Forschung zur Altlastensanierung zur Beseitigung von Umweltschäden investieren. 314 000 altlastenverdächtige Flächen gibt es bundesweit. Bei 90 000 wurden die Gefahren inzwischen bewertet. Davon wurden 28 000 saniert. 4 800 werden saniert, 3 700 Altlasten müssen dauerhaft überwacht werden, und mindestens 14 000 warten noch auf ihre Sanierung, so wie die Deponien mit belasteten Erdölbohrschlämmen bei Meppen und der Teersee in Rositz, der eigentlich saniert sein sollte. 80 Millionen zahlte Thüringen. Das Ergebnis ist - freundlich gesagt - unzureichend. Da wurde vorher nicht genug geforscht.

Für viele Altlastenprobleme - seien es Schwermetalle oder Phenole, Dioxine oder Polychlorierte Biphenyle, auch PCB genannt, gibt es keine oder nur extrem teure Sanierungsstrategien. Oft werden belastete Böden, belastetes Material einfach in Sondermülldeponien weggeschlossen und bleiben gefährlich. Da muss man forschen, neue Verfahren zur Sanierung und Überwachung entwickeln. Das haben Sie, Frau Hendricks, und Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, wohl erkannt und sagenhafte fette 2 Millionen Euro im Haushalt eingestellt. Ich sage: Sie haben nichts begriffen. Das sind 6 Euro je Verdachtsfläche oder 150 Euro je Altlast. Damit werden Sie keine Lösung für die Altlastenprobleme finden, weder für Rositz noch für Meppen noch für die Sondermülldeponie Herfa-Neurode.
Forschung wäre auch wichtig bei Wirkungen von neuartigen Chemikalien. Da zwingt die EU die Pkw-Hersteller zur Umrüstung der Kältemittel in Klimaanlagen. 1234yf heißt das neue Wundermittel. Verbrennt dieses Kältemittel, was bei über 20 000 Pkw-Bränden in Deutschland pro Jahr sicher passieren wird, dann entsteht nicht nur hochgiftige Flusssäure. Es entsteht mit 20 Prozent Volumenanteil auch Dicarbonylfluorid. Das sagt Ihnen vielleicht nichts. Dicarbonylfluorid ist chemisch verwandt mit Phosgen, einem Kampfgas aus dem Ersten Weltkrieg, und ist um ein Vielfaches gefährlicher als Flusssäure. Ein ppm, also ein Teil, Dicarbonylfluorid auf 1 Million Teile zehn Minuten eingeatmet, ist lebensbedrohlich. Folgt man den Angaben der Hersteller Dupont und Honeywell von 1234yf zur Verdünnung der bei einem Brand entstehenden Flusssäure in den Abgasen, dann wird bei Pkw-Bränden eine Konzentration von 13 ppm Dicarbonylfluorid auftreten. Für mich als Maschinenbauer sind diese von Professor Kornath, Experte für anorganische Fluorchemie der TU München, ermittelten Werte nachvollziehbar. Aber was antwortet die Bundesregierung auf meine Frage zur Gefährlichkeit von Dicarbonylfluorid? Ich zitiere:
Eine abschließende Bewertung kann aufgrund des nicht abgeschlossenen Bewertungsverfahrens noch nicht vorgenommen werden.

Die Bewertung läuft seit 2010. Wollen oder können Sie diese nicht abschließen, oder fehlt einfach wieder einmal das Geld für Testversuche? Falls Geld fehlt, gefährdet Ihre schwarze Null Menschenleben.
Die meisten Menschen wissen inzwischen, wie wichtig Umweltschutz ist. Dieser Haushalt zeigt: Sie haben nichts begriffen. Die Qualität dieses Haushalts ist schlechter als meine Stimme am heutigen Abend.