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Ulla Jelpke: Antimuslimischen Rassismus bekämpfen

Rede von Ulla Jelpke,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die AfD arbeitet sich mit den vorliegenden Anträgen, aber auch mit dem Beitrag heute von Herrn Baumann einmal mehr an ihrem Lieblingsfeindbild ab, nämlich dem Islam. Sie schürt Angst und Hass gegen Muslime. Keine andere Bevölkerungsgruppe wird von der AfD so systematisch dämonisiert. Dem gilt es entschlossen entgegenzutreten, meine Damen und Herren; denn wir dürfen nicht zulassen, dass Muslime ständig unter den Generalverdacht der Demokratiefeindlichkeit gestellt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Schon im Grundsatzprogramm der AfD lautet eine Zwischenüberschrift: „Der Islam im Spannungsverhältnis zu unserer Werteordnung“. Millionen von muslimischen Bürgerinnen und Bürgern werden hier unter den Generalverdacht der Demokratiefeindlichkeit gestellt. Doch damit entlarvt sich in erster Linie die AfD selbst als Verfassungsfeindin. Denn niemand darf wegen seines Glaubens oder seiner religiösen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Das ergibt sich aus dem Grundrecht der Religionsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke sagt dazu ganz klipp und klar: Der Islam gehört zu Deutschland – ebenso wie die Menschen, die ihn leben.

Meine Damen und Herren, die AfD unterstellt pauschal – ich zitiere –: „Nicht wenige Muslime vertreten eine Form von Islamismus …“. Dazu jongliert sie in ihren Anträgen mit zweifelhaften Zahlen, um das Gespenst von vermeintlich Hunderttausenden gewaltbereiten Muslimen an die Wand zu malen. Ich bin mir sicher: Würde man eine Studie unter den Anhängern der AfD machen, dann sähen dort die Zustimmungswerte zu Demokratie, Rechtsstaat und Toleranz gegenüber anderen Lebensweisen

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gibt es gar nicht!)

weitaus schlechter aus als bei den meisten Muslimen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die AfD will islamistische Vereine kurzerhand verbieten lassen. Bei aller Kritik an der dort gepflegten reaktionären Auslegung des Islam halte ich eine solche Forderung schlicht für grundgesetzwidrig. Dem Staat ist es nicht gestattet, Religionsinhalte zu kontrollieren. Glaubensinhalte sind selbst dann von der Religionsfreiheit geschützt, wenn sie als verfassungsfeindlich anzusehen sind.

(Dr. Lars Castellucci [SPD]: Sehr richtig!)

Andernfalls müssten auch so manche evangelikalen Eiferer oder stockkonservative Ultras ein Verbot fürchten.

(Beatrix von Storch [AfD]: Sie reden so viel dummen Quatsch! Das ist nicht auszuhalten!)

Jeder darf glauben, was er will, Frau von Storch, auch wenn er an eine muslimische Verschwörung glaubt, wie offenbar die AfD. Verboten ist allerdings, auf Grundlage von Glaubensüberzeugungen Straftaten zu begehen. Das sollten sich die Gefolgsleute der AfD mal reinziehen. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wo Islamisten, Nazischläger oder andere Fanatiker zur Gewalt gegen Andersdenkende aufrufen, wo sie Spenden für Terrorgruppen sammeln, gibt es genug rechtliche Möglichkeiten, dagegen vorzugehen, bis hin zu Verboten. Leider gibt es tatsächlich eine ganze Reihe hochproblematischer Islamverbände, in denen sich Muslimbrüder, Graue Wölfe und Agenten Ankaras tummeln, in denen gegen Christen, Juden und vermeintlich Ungläubige gehetzt wird.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Zum Glück repräsentieren diese islamistischen Vereinigungen nur einen Bruchteil der Muslime, Frau von Storch.

Umso mehr ist es ein Skandal, wenn solchen Verbänden – gerade unter dem CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Laschet – der rote Teppich ausgerollt wird. Erst im Mai beschloss die NRW-Regierung, dass der türkische Islamverband DITIB beim Islamunterricht an staatlichen Schulen mitbestimmen darf. Ich finde, es muss ganz klar sein: Erdogans langer Arm hat in deutschen Klassenzimmern nichts verloren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es hat leider auch viel mit antimuslimischem Rassismus, mit der Erfahrung von Ausgrenzung und Diskriminierung zu tun, dass solche rechten islamistischen Gruppen weiterhin Zulauf haben. Statistisch gesehen findet in Deutschland jeden zweiten Tag ein Angriff auf eine Moschee, eine muslimische Einrichtung, einen muslimischen Repräsentanten statt.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])

Hinzu kommt eine Vielzahl von Übergriffen auf Muslime. Muslimas werden auf offener Straße angespuckt, beschimpft und ihnen werden die Kopftücher heruntergerissen. Die rechten Terroranschläge in Halle 2019 und Hanau 2020 mit neun Toten haben verdeutlicht, wie sich Rassismus und Antisemitismus und Hass auf Muslime zu einem brandgefährlichen Weltbild verbinden.

Die Linke fordert: Islamfeindlichkeit muss ebenso entschieden bekämpft werden wie Antisemitismus und andere Formen des Rassismus. Wir brauchen echte Gleichberechtigung, unabhängig von Herkunft, Religion und Staatsbürgerschaft. Wir brauchen soziale Sicherheit, gute Bildung und demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten für alle, die hier leben. Das ist zugleich die beste Prävention gegen ein Abgleiten in Islamismus oder in eine andere Form von Fundamentalismus.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Lars Castellucci [SPD])