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Überhöhte Dispozinsen - Fakten sind klar, Lösung liegt auf der Hand

Rede von Caren Lay,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Die Fakten sind schon lange klar: Die Dispozinsen in Deutschland sind viel zu hoch. Die Stiftung Warentest hat auch in diesem Jahr Zahlen dazu geliefert: Die Dispozinsen betragen im Schnitt 12,4 Prozent, in einigen Fällen sogar über 14 Prozent. Viele Menschen kennen diese Dispoabzocke seit vielen Jahren aus eigenem Erleben. Auch der Politik muss dies Problem wenigstens seit einigen Jahren bekannt sein. Schließlich hat die Fraktion Die Linke dieses Thema bereits in der letzten Legislaturperiode aufgeworfen. Daher frage ich mich, ehrlich gesagt, warum die Koalition auch jetzt andeutet, dass sie keine gesetzlichen Initiativen ergreifen möchte, und ich frage mich, ehrlich gesagt, auch, warum Frau Aigner eine neue Studie in Auftrag gegeben hat, anstatt zu handeln. Die Stiftung Warentest ‑ auch Vertreter der Koalition haben sie zitiert ‑ hat ja zuverlässiges Datenmaterial geliefert. Jetzt ist nicht die Zeit, weiter zu analysieren; jetzt muss endlich ein Gesetzentwurf her.

Die Tatenlosigkeit der Bundesregierung trifft wieder einmal Menschen mit kleinem Geldbeutel. Für sie ist der Dispo die einzige Möglichkeit, finanzielle Notlagen zu überbrücken. Herr Kollege, ich muss schon sagen, dass ich es arrogant finde, zu sagen, niemand sei gezwungen, sein Konto zu überziehen.

Menschen, die beispielsweise erwerbslos sind, geringfügig beschäftigt sind oder Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sind, haben gar keine andere Möglichkeit, einen Kredit zu bekommen, als eben in den Dispo zu gehen. Das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen. Es gibt einfach sehr viele Menschen, die knietief im Dispo stecken, und die Banken zocken sie ab. Da können wir uns als Politiker doch nicht hinstellen und tatenlos zusehen.

Es mag ja sein, dass es sich etwas angeglichen hat. In der Tat: Der Leitzins der Europäischen Zentralbank ist ja geringfügig gestiegen. Dennoch steht ein Leitzins von 1,25 Prozent einem Dispozinssatz von durchschnittlich 12 Prozent gegenüber. Das steht doch in keinem Verhältnis, meine Damen und Herren!

Die Geldhäuser sanieren sich hier auf dem Rücken der sozial Schwachen, während die Bundesregierung Milliarden für die Bankenrettung ausgibt. Das ist für uns als Linke einfach nicht hinnehmbar.

Auch der Markt funktioniert an dieser Stelle offensichtlich nicht. Dieses Problem ist, wie gesagt, ebenfalls seit vielen Jahren bekannt. Ja, warum wechseln die Menschen die Bank nicht? Vielleicht hängt das damit zusammen - dieses Thema haben wir ja unter einem früheren Tagesordnungspunkt besprochen -, dass viele Menschen Angst haben, gar kein Girokonto mehr zu bekommen.

Die Fakten stehen jedenfalls fest: 777 Millionen Euro haben Verbraucherinnen und Verbraucher allein in den letzten 15 Monaten durch überhöhte Dispozinsen verloren. Es ist Aufgabe der Politik, hier endlich tätig zu werden.

Deswegen haben wir als Linke in dieser Legislaturperiode erneut die Initiative ergriffen. Die Lösung liegt in der Tat auf der Hand: Die Dispozinsen müssen gedeckelt werden. Ich habe aus Ihrer Begründung kein sachliches Argument herausgehört, warum das ein unerlaubter staatlicher Eingriff sein soll. Der Vorschlag der Linken lautet: Dispozinsen dürfen höchstens 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen, den die Bundesbank halbjährlich veröffentlicht. Das ist ein Modell, das möglich ist und das an anderer Stelle auch gesetzlich angewendet wird. Das ist nämlich der Maßstab für Zahlungsverzug. Es gibt keinen Grund, diesen Maßstab nicht auch an dieser Stelle anzuwenden.

Dann hätten wir aktuell einen maximalen Dispozinssatz von 5,37 Prozent. Damit wären Dispoexzesse beendet, aber Gewinne der Banken - meine Herren und Damen von der Koalition, ich kann Sie da beruhigen - wären immer noch vorhanden, wenn auch in einem sozialverträglichen Rahmen.

Meine Damen und Herren, wir begrüßen, dass sich auch die Grünen für eine Obergrenze aussprechen, wenn auch, ohne einen eindeutigen Rahmen zu nennen. Fest steht jedenfalls: Schwarz-gelbe Verbraucherpolitik schützt wieder einmal die Unternehmen und nicht die Verbraucherinnen und Verbraucher. Ich werbe um Zustimmung zu unserem Antrag.