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Tourismuspolitischer Bericht der Bundesregierung: Steigerungspotential vorhanden

Rede von Kerstin Kassner,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Rängen! Es ist jetzt für mich nicht ganz leicht, zu sprechen. Auch von meiner Seite alles Gute und vielen Dank für die wirklich sehr gute Zusammenarbeit, Frau Gleicke! Für die Zukunft alle guten Wünsche!

(Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin: Danke schön!)

Das Beste zum Schluss der heutigen Sitzung! Sie werden mir nicht widersprechen: Tourismus gehört zu den besten Dingen im Leben. Man freut sich auf Reisen. Es ist etwas Wunderbares. Deshalb ist es für meine Fraktion und für meine Partei sehr wichtig, dass wir uns mit diesem Thema beschäftigen.

„Tourismus, Reisen für alle“, das ist unser Motto. „Reisen für alle“ heißt: Wir möchten, dass Kinder und Jugendliche reisen können – unabhängig vom Portemonnaie der Eltern. Wir möchten, dass sie viel erleben, nicht nur in Sachen Bildung und Wissensanhäufung, sondern vor allem auch im Sinne von sozialer Kompetenz. Es geht um wunderbare Erlebnisse, die einen durch das Leben tragen.

Reisen ist aber noch viel mehr. Reisen ist Gesundheitsvorsorge, ist Gesundheitsförderung, und das sollte uns unbedingt wichtig sein. Reisen – wir haben es gerade gehört – ist natürlich auch Völkerverständigung, eine ganz wichtige Botschaft nach draußen. Das Zusammensein mit anderen Nationen, mit anderen Völkern bereichert uns und macht auch über Grenzen hinweg die Verständigung, die Akzeptanz und den gegenseitigen Respekt einfacher. Das ist etwas sehr Wichtiges.

Deshalb ist es gut, dass wir noch in dieser Legislaturperiode den Tourismuspolitischen Bericht diskutieren können. Da will ich gleich sagen: Es ist eine Fleißarbeit, die dahintersteckt. Es gibt nur zwölf Mitarbeiter, die sich in allen Ministerien zusammen mit Tourismus beschäftigen. Frau Gleicke hatte noch acht Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Ich sage ganz deutlich: zu wenig für eine solch wichtige Aufgabe. Wir haben gehört, wie viel Wertschöpfung sich dahinter verbirgt, wie viele Menschen sich dahinter verbergen. Deshalb sage ich: Da gehören deutlich mehr hin.

Ich gehe noch einen Schritt weiter: Für mich ist es Chefsache. Tourismus muss Chefsache werden; denn nur dann, wenn alle Ministerien dieser Regierung alle Belange, die sie vorantreiben, auch auf ihre Relevanz für den Tourismus hin prüfen, wird es solche Dinge, wie wir sie in dieser Legislaturperiode erlebt haben, nicht mehr geben.

Ich nenne einmal drei Beispiele, die nicht nur mich, sondern auch alle anderen im Ausschuss sehr geärgert haben.

Das erste Beispiel ist das Wassertourismuskonzept aus dem Verkehrsministerium. Dieses Konzept verdient weder den Namen „Konzept“, noch hat es etwas mit Tourismus zu tun. Denn es war eigentlich ein Konzept, um Geld einzusparen, und das kann doch bitte schön nicht sein. Wir wollen doch nicht auf der einen Seite etwas aufbauen und es auf der anderen Seite wieder einreißen. Das darf nicht passieren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein zweites Beispiel, das ich Ihnen leider auch nicht ersparen kann, ist die Frage der Hinzurechnung von Hotelkapazitäten. Ein Reiseveranstalter mietete Hotelzimmer an. Diese wurden von den Finanzbeamten so angesehen, als ob er sie sein Eigentum nennen dürfte. Das geht nicht. Wir müssen wirklich sagen: Wir wollen, dass mehrere Anbieter miteinander kooperieren können, aber wir wollen nicht, dass das zulasten ihrer Finanzausstattung geht. Das geht so nicht.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])

Ein drittes Beispiel ist die Pauschalreiserichtlinie. Hier ist europäisches Recht umgesetzt worden. Das ist alles gut und mit Blick auf den Verbraucherschutz für die Reisenden eine Verbesserung. Wenn ich mir aber anschaue, was dabei herausgekommen ist, so muss ich leider eine Verschlechterung konstatieren, und zwar bei Tagesreisen. Erst ab 500 Euro für eine Tagesreise greift der Versicherungsschutz. Liebe Zuhörerinnen und Zuschauer, es ist wahrscheinlich die Ausnahme, dass man 500 Euro für eine Tagesreise bezahlt. Aber erst dann, wenn die Reise so teuer ist, fällt man unter den Versicherungsschutz. Die meisten Reisen kosten aber im Durchschnitt 120 Euro. Insofern geht diese Regelung wirklich am Verbraucherschutz vorbei; das müssen wir so sagen. Das wäre nie passiert, wenn das tatsächlich zur Chefsache gemacht worden wäre; das muss ich hier so konstatieren.

Eine Sache fehlt mir noch im Bericht. Frau Gleicke hat es schon gesagt: Das Allerwichtigste, das Kapital in der Tourismusbranche sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die tatsächlich oft unter schwierigen Bedingungen – harte Arbeit, wenig Geld – zu Zeiten, wo andere frei haben oder sich erholen wollen, arbeiten müssen. Deshalb müssen wir hier sagen: Das muss gewürdigt werden, das muss unterstützt werden, und wir müssen gemeinsam vorantreiben, dass hier bessere Bedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Branche geschaffen werden, damit es zukünftig Spaß macht, dort zu arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Gabriele Hiller-Ohm [SPD])

Eine letzte Bemerkung.

Ja, natürlich. – Es gibt immer weniger Forschung im Tourismus. Wenn wir wollen, dass das Gute, das Beste noch besser wird, dann müssen wir uns auch mit der Zukunft beschäftigen. Es kann nicht sein, dass immer weniger Professoren in der Tourismusbranche forschend tätig sind. Da muss ein Umdenken, ein andere Förderung stattfinden. Das wünsche ich mir. Insofern: Ihnen allen einen schönen Urlaub und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Tourismusbranche ein gutes Auskommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)