Zum Hauptinhalt springen

Telemediengesetzänderungsgesetz

Rede von Lothar Bisky,

Zu Protokoll gegebene Rede von Prof. Dr. Lothar Bisky

zum Antrag der FDP-Fraktion „Gesetzes zur Änderung des Telemedien-gesetzes (Telemediengesetzänderungsgesetz - … TMGÄndG)“ (DS 16/11173) / 2. und 3. Lesung

am 18.06.2009 im Plenum des Deutschen Bundestages

Sehr geehrte Frau (Herr) Präsident(in),
Meine Damen und Herren,

die Novellierung des Telemediengesetzes ist längst überfällig. Bei der Verabschiedung des Gesetzes zu Beginn des Jahres 2007 war beabsichtigt, unterschiedliche Gesetzesregelungen unter einheitlichem Bundesrecht zusammenzuführen. Damit sollte die Rechtslage besser an die Konvergenz der neuen Medien angepasst werden. Durch die Zusammenführung wurden bedeutsame Bereiche im Internet teilweise neu geregelt, also zum Beispiel Haftungsfragen von Diensteanbietern, Regeln zur Anbieterkennzeichnung wie die Impressums-Pflicht, die Verfolgung von Spam-Mails und Maßnahmen des Datenschutzes und der Herausgabe von personenbezogenen Nutzerdaten.

Das Gesetz entstand seinerzeit unter großem Zeitdruck und schon damals wurde angekündigt, dass nach seinem In-Kraft-Treten eine Novellierung erforderlich sei. Das spricht für sich und ich will das nicht weiter kommentieren. In seiner jetzigen Fassung jedenfalls enthält das Telemediengesetz viele ungeklärte, fragliche oder praxisferne Regelungen. Hier ist Nachbesserung dringend geboten! Entgegen der ursprünglichen Zielsetzung trägt das Telemediengesetz in der digitalen Welt nicht zu mehr Rechtssicherheit bei, sondern zu mehr Rechtsunsicherheit. Das lehnt DIE LINKE ab!

Obwohl die zahlreichen Probleme für eine der zentralen Vorschriften des Internetrechts bekannt sind, sieht sich das Bundeswirtschaftsministerium außer Stande, zeitnah eine Überarbeitung vorzulegen. DIE LINKE und auch die Grünen haben bereits im vergangenen Jahr in eigenen Anträgen darauf hingewiesen und Lösungsvorschläge präsentiert. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf der FDP sucht einen Teil der erheblichen Lücken und Rechtsunsicherheiten im Telemediengesetz zu schließen. Allerdings erfolgt das allein aus wirtschaftlich motivierter Sicht. Das halte ich für inakzeptabel.

Im FDP-Entwurf werden wesentliche Aspekte bislang vielfach ungeklärter Haftungsfragen von Inhalte-Anbietern und Providern angesprochen. Soweit, so gut, doch fehlt zum Beispiel eine ausdrückliche Definition des Begriffes „Telemedien“. Und darum bleibt weiterhin ungeklärt, wie digitale Inhalte in der Folge klassifiziert werden und wer beispielsweise für die Aufsicht der Inhalte zuständig ist, wenn es um Fragen des Jugendschutzes geht. Das ist ein bisschen dünn und zudem werden viele neue unbestimmte Rechtsbegriffe im Gesetzentwurf verwendet. Es bleibt unklar, wie diese zu bestimmen sind. Als Beispiel sei das „zumutbar“ im neu vorgeschlagenen § 7 Absatz 2 TMG im vorletzten Satz genannt. Mit dem Begriff „zumutbar“ haben wir alle schlechte Erfahrungen gemacht. Ich verweise nur auf „zumutbare Arbeit„. Durch die Ungenauigkeit solcher Formulierungen wird die Gefahr der Rechtsunsicherheit nicht gemindert, sondern sogar verstärkt. Das ist der falsche Weg!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
im Gesetzentwurf der FDP werden zwar etliche elementare Fragen des Datenschutzes angesprochen und es wird auch der Versuch unternommen, dafür eine gesetzliche Regelung zu finden. Doch aus Sicht der LINKEN gehen uns diese Vorschläge nicht weit genug. Wir sagen: Von vornherein muss gewährleistet werden, dass immer nur möglichst wenige Daten erhoben werden. DIE LINKE will den Datenschutz stärken! Deswegen dürfen unseres Erachtens Daten nicht mehr an eine nahezu beliebige Zahl von Interessenten und Interessentinnen aus Polizei, Geheimdiensten und Militär heraus gegeben werden, wie es bislang im Gesetz verankert ist.

Meine Damen und Herren,
wir fordern für die Herausgabe von personenbezogenen Bestandsdaten einen Richtervorbehalt. Zudem lehnen wir die im Gesetz zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes vorgesehene Erhebung und Verwendung von Nutzungsdaten durch Diensteanbieter ab. Wir fordern, dass die Erstellung von Nutzerprofilen durch Diensteanbieter nur nach vorheriger ausdrücklicher Einwilligung möglich ist. Und wir fordern, dass Datenschutz und Verbraucherschutz im Netz generell gestärkt werden. Schließlich lehnen wir Filter- und Sperrmaßnahmen im Internet durch Zugangsanbieter oder staatliche Stellen grundsätzlich ab. Wie heißt es doch so schön im Grundgesetz: „Eine Zensur findet nicht statt.“

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.