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Teilhabe ermöglichen statt Heime zu füllen

Rede von Ilja Seifert,

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Zylajew, ich weiß nicht, was ich von diesem Lob halten soll. Sie schaffen es jedenfalls nicht, mich gegen meine Kollegin auszuspielen.
(Beifall bei der LINKEN Jens Spahn (CDU/CSU): Das ist schade!)
Wir haben in der Pflege das weiß jeder, der sich mit diesem Thema befasst kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Wir wissen doch, was wir brauchen. Jeder, der sich ein bisschen damit beschäftigt, weiß, dass es bald darum gehen wird, Pflege und assistierende Begleitung, die mindestens genauso wichtig ist, aus den Heimen in die Wohnungen zu verlagern.
(Beifall bei der LINKEN)
Darüber redet aber fast niemand. Das muss man doch zumindest einmal erwähnen.
Herr Kollege Zylajew, wir haben auch keinen Bedarf an einer Demografiereserve. Vielmehr brauchen wir einen Bonus, der sich aus der Produktivitätsentwicklung ableitet. In die Berechnung muss die Steigerung der Produktivität einbezogen werden und nicht, wie viele Leute arbeiten.
(Beifall bei der LINKEN)
Das ist, woraus wir Einnahmen generieren können. Es geht nicht um die Anzahl der Beschäftigten, die nach der Demografieprognose immer weniger werden. Es geht um einen Produktivitäts-Faktor!
Lassen Sie uns darüber reden das ist der zentrale Punkt , was wir eigentlich brauchen. Ich freue mich ja, dass es mit Ihnen, Herr Zöller und Herr Singhammer, und Ihnen aus Nordrhein-Westfalen, Herr Zylajew, eine Koalition aus CDU und CSU gegen die FDP gibt; das finde ich prima.
(Beifall bei der LINKEN - Ulrike Flach (FDP): Das ist aber nicht Teil der Debatte gewesen!)
Wir machen mit, wenn wir dazu kommen, die Bedürfnisse derer, die jetzt auf Hilfe angewiesen sind, zu decken und nicht immer weiter in die Zukunft zu schauen. Was im Jahr 2050 sein wird, interessiert heute keinen Menschen. Wir müssen jetzt den Leuten helfen, die Hilfe brauchen.
Sie haben die Regierung beauftragt, einen neuen Pflegebegriff zu erarbeiten. Der Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs unter Vorsitz von Jürgen Gohde hat einen sehr guten Vorschlag vorgelegt. Ich hatte diesen Beirat im Vorhinein kritisiert. Als das Ergebnis auf dem Tisch lag, habe ich mich für meine Kritik entschuldigt. Ursprünglich dachte ich, dass seine Mitglieder nur ein Gefälligkeitsgutachten erstellen. Sie haben aber richtig ordentliche Arbeit geleistet.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie sagen, dass es nicht um „satt, sauber, trocken“ geht, sondern um die Ermöglichung von Teilhabe, auch wenn jemand auf fremde Hilfe angewiesen ist ob das in jungen Jahren ist, wie bei Menschen mit Behinderung, oder im Alter. In jedem Falle wollen die Menschen teilhaben. Jemand, der im Sterben liegt, hat natürlich ein anderes Teilhabebedürfnis als jemand, der noch sein ganzes Leben vor sich hat, arbeiten geht und seine Freizeit genießen will. Es ist völlig klar, dass wir das auseinanderhalten müssen. Es geht, wie gesagt, darum, Teilhabe zu ermöglichen, und nicht darum, die Heime vollzubekommen. Vor diesem Problem stehen wir zurzeit.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es gibt ein Umsetzungsproblem. Frau Staatssekretärin, wir brauchen daher keine Kommission, die sich einen neuen Begriff ausdenkt. Wir müssen vielmehr den Begriff, der ausgearbeitet worden ist, mit Leben erfüllen. Dazu hat unser heutiger Antrag, wie ich finde, eine sehr gute Diskussionsgrundlage geliefert. Lassen Sie uns auf dem Wege weitermachen. Dann kommen wir auch zu einem Ergebnis, welches den Menschen, die heute Probleme haben, helfen wird.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)