DIE LINKE wird dem Antrag zustimmen, denn er geht in die gleiche Richtung wie viele parlamentarische Initiativen meiner Fraktion. Und er ist nötig und hilfreich: vier Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention als innerstattliches Recht in Deutschland und vier Jahre nach Vorlage des Berichts „Chancen und Perspektiven behinderungskompensierender Technologien am Arbeitsplatz“ (Bundestagesdrucksache 16/13860) vom Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Vergangen sind vier Jahre, in denen zwar viel über die UN-Behindertenrechtskonvention geredet wurde, aber sich kaum etwas im wirklichen Leben von Menschen mit Behinderungen zum positiven veränderte. Vier Jahre brauchte es, um das Unwort „Inklusion“ – immerhin gibt es dieses Wort in der „amtlichen“ deutschen Übersetzung der UN-Behindertenrechtskonvention nicht – zu einem Modewort zu entwickeln. Heutzutage vergeht kaum ein Tag, an dem nicht wichtige oder sich wichtig nehmende Politikerinnen und Politiker über „Inklusion“ reden, ohne zu wissen oder zu begreifen, was damit gemeint ist, geschweige denn, sich ernsthaft für eine inklusive Gesellschaft einzusetzen.
Denn: Hätten sie es verstanden, wären wir bei der Entwicklung und Herstellung von Produkten und Dienstleistungen, die dem Konzept des universellen Designs entsprächen, schon viel weiter.
Deswegen ärgert mich – in der Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 17/13702 für alle nachlesbar – die Ablehnung des Antrages durch CDU/CSU und FDP und die dafür herangezogenen Begründungen ebenso wie die Stimmenthaltung der Grünen. Hilfreicher wäre gewesen, mit Änderungsvorschlägen den Antrag zu verbessern. Dafür schien aber Wille und Geist zu fehlen.
Der Antrag fordert dazu auf, im Rahmen einer nationalen Strategie Leitlinien festzulegen und Barrierefreiheit zum festen Bestandteil auch von Berufsausbildung und Hochschulstudium zu machen. Dies hält die Fraktion DIE LINKE. für sehr wichtig. Ergänzen möchte ich: es sollte auch zum Grundlagenstudium für jede Politikerin und für jeden Politiker gehören. Notwendig ist auch, Menschen mit Behinderungen und ihren Organisationen wesentlich mehr Mitsprache bei Technologie-Förderungen einzuräumen. Sie sind die Experten in eigener Sache und sie haben auch nach der UN-Behindertenrechtskonvention, Artikel 4, einen Anspruch darauf. Natürlich geht es nicht nur um ein „paar Behinderte“. Es geht um Ältere, um Schwangere, um Kranke, um Menschen mit kleinen Kindern, etc., um alle, die im Alltag oftmals auf ganz einfache Probleme stoßen. Und es schafft mehr Komfort für alle.
Zu den inhaltlichen Aspekten des Antrages möchte ich mich hier nicht noch einmal ausführlich äußern, sondern auf meine Rede in der 1. Lesung am 18. April 2013 verweisen. Diese und vieles weitere dazu finden Sie auf meiner Homepage www.ilja-seifert.de.
Barrierefreiheit und Design für Alle sind kein neues Thema. Bereits am 15. August 1991 hatte ich mich dazu in einer für mich eigenen Art, nämlich mit einem Gedicht geäußert, welches ich Ihnen hiermit zum Abschluss mit auf den Weg geben möchte:
DIE ALPEN SIND
Nicht für mich gefaltet. Berge
Verweigern
Dem Rollstuhl
Den Weg. Aufwärts
Nicht anders
Als abwärts. – Trotzdem
War ich da.
Venedig ist
Nicht für mich gebaut. Kanäle
Tragen
Den Rollstuhl
Nicht. Und viele Brücken
Sind stufig. – Dennoch
War ich da.
Freunde
Traf ich und
Weniger
Erfreute. Die Welt ist
Nicht eingestellt
Auf mich, auf
Meine Lebensweise. – Aber
Ich
bin
da!