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System der Verwertungsgesellschaften grundlegend reformieren

Rede von Halina Wawzyniak,

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

Groß war die Aufregung, als die GEMA und die VG Musikedition Ende 2011 36.000 Kindertagesstätten anschrieb und von ihnen eine Gebühr für das Kopieren von Notenblättern verlangte. Die Empörung war damals sehr gerechtfertigt, die Forderungen von GEMA und VG Musikedition ließen sich - zumindest rechtlich - nicht beanstanden. Moralisch mag das alles fragwürdig gewesen sein und realitätsfern sowieso – Erzieherinnen und Erzieher müssten akribisch Buch führen, um ja nicht mehr als die lizensierten 500 Kopien zu überschreiten – rein juristisch waren und sind  GEMA und VG Musikedition im Recht. Dabei nutzen sie eine Lücke im bestehenden Gesetz aus. Das Urheberrecht wurde nämlich zugunsten von Schulen und Aus- und Weiterbildungseinrichtungen u. a. unter Beachtung des Erziehungs- und Bildungsauftrages des Staates beschränkt. Kindertagesstätten als Ort frühkindlicher Bildung sind jedoch davon ausgeschlossen. Dies ist nur schwer einzusehen, werden doch in Kindertagesstätten wichtige Grundlagen insbesondere im Bereich der Spracherziehung gelegt. DIE LINKE fordert deshalb, diese Sonderregelung auch für Kindertagesstätten gelten zu lassen.

 

Dies ist nur ein Beispiel, warum das Image der GEMA und von Verwertungsgesellschaften allgemein stark gelitten hat. Insbesondere die GEMA fällt immer wieder durch eigenmächtiges und unsensibles Handeln auf. Das zeigt auch der Streit um die Reform der GEMA-Tarife, der erbittert geführt wurde und schließlich dazu führte, dass die GEMA ihre Tarifreform aussetzte. Inzwischen hat das Marken- und Patentamt die Reform größtenteils kassiert. Die Tarife würden in vielen Fällen zu derartigen Steigerungen führen, dass diese auch beim besten Willen "nicht als angemessen anzusehen" seien, begründete das Marken- und Patentamt seine Entscheidung. Nun müssen die Verhandlungen wieder neu aufgenommen werden.

 

Doch auch aus anderen Gründen stehen Verwertungsgesellschaften bei Urheberinnen und Urhebern in der Kritik.  Der VG WORT wird vorgeworfen, einen Teil des Geldes, das eigentlich den Urheberinnen und Urhebern zustünde, zu Unrecht an Verleger auszuschütten. Die Sache ist mittlerweile in der zweiten Instanz verhandelt worden. Gegen die GEMA liegt eine ähnliche Klage vor. Und die VFF, eine Filmverwertungsgesellschaft, handhabt einen Verteilungsplan, bei dem die Sender einen Teil des Geldes bekommen, das eigentlich den freien Auftragsproduzenten zustünde. Das Deutsche Patent- und Markenamt schweigt zu all diesen Prozessen, obwohl es mittlerweile sogar ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs gibt, das den originären Rechteinhabern in dieser Sache den Rücken stärkt.

 

Ich könnte noch viele weitere Punkt anführen, die zeigen, dass das bisherige System der Verwertungsgesellschaften seine eigentliche Aufgabe nicht erfüllt. Zum Beispiel, dass in vielen Verwertungsgesellschaften nur ein geringer Prozentteil der Mitglieder über Verteilungsschlüssel bestimmen dürfen - nämlich die, die das große Geld machen. Zum Beispiel, dass aus diesem Grund Geld vor allem an die Gut-Verdienenden ausgezahlt wird und insbesondere Urheberinnen und Urheber, die kaum von ihrem Schaffen leben können, größtenteils leer ausgehen. Es ist daher an der Zeit, dieses System grundlegend zu reformieren. Wir haben deshalb einen Antrag eingebracht, der konkrete Vorschläge für eine solche Reform unterbreitet.

 

Wir fordern, dass eine Regulierungsbehörde gebildet wird, die Tarife vor deren Inkrafttreten überprüft und billigt und darüber hinaus kontrolliert, dass Ausschüttungen den tatsächlichen Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern  zugewiesen werden. Damit würde die Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften aufgebrochen, die die seltsamen Blüten, die dieses System derzeit treibt, erst ermöglicht.

 

Wir fordern, dass Verwertungsgesellschaften erst dann als solche anerkannt werden, wenn sie demokratische Strukturen vorweisen können und sicherstellen, dass alle Mitglieder gleichermaßen mitbestimmen dürfen. Dass dies funktioniert und nicht, wie gerne behauptet, bei großen Verwertungsgesellschaften zu einer Handlungsunfähigkeit führt, zeigt die VG Bild-Kunst, die jedem ihrer knapp 51.000 Mitglieder gleiches Stimmrecht einräumt.

 

Wir fordern, dass Minderheitenrechte gewahrt werden. Sobald mindestens zehn Prozent der Mitglieder dies fordern, soll die Regulierungsbehörde kontrollieren, ob die Verwertungsgesellschaft ihrem gesetzlichen Auftrag angemessen nachkommt, sprich: die Gelder fair verteilt.

 

Wir fordern, dass die GEMA-Vermutung, wonach Veranstalter nachweisen müssen, dass die gespielte Musik, nicht GEMA-pflichtig ist, dann nicht gilt, wenn mehr als fünf Prozent der gespielten Werke nicht GEMA-pflichtig sind. Das ist besonders in Bereichen der elektronischen Musik und des improvisierten Jazz‘ der Fall. Eine generelle Aufhebung der GEMA-Vermutung halten wir für wenig praktikabel. In sehr vielen Fällen erleichtert dies nämlich die Abrechnung von Veranstaltungen.

 

DIE LINKE hat einen Vorschlag für transparente und faire Verwertungsgesellschaften vorgelegt. Sie müssen nur zustimmen.