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Sudan: Ein friedenspolitischer Kurswechsel ist nötig

Rede von Hüseyin Aydin,

Nur mit einer politischen Friedensstrategie können die Konflikte im Sudan beendet werden. UNAMID ist gescheitert.

Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Der Krieg in Darfur ist mit der Sommeroffensive der Regierung in eine neue, verschärfte Runde gegangen. Luftangriffe, Kämpfe und gezielte Gewalt aller bewaffneten Gruppen gegen die Zivilbevölkerung haben eine neue humanitäre Katastrophe heraufbeschworen.

Die Gründe für die neue Eskalation sind vielfältig. Die Regionalisierung des Konflikts, die fortschreitende Zersplitterung der Konfliktparteien und die mangelnde Gesprächsbereitschaft der Akteure sind die wichtigsten internen Gründe. Externen Friedensbemühungen fehlten tragfähige Konzepte, politischer Wille und Geschlossenheit. Vor diesem Hindergrund ist die schlecht ausgestattete Hybridmission von AU und UNO, UNAMID, fast zwangläufig zwischen die Fronten geraten.

Auch im Süden eskalierten im Mai Gefechte zwischen der Regierungsarmee und der SPLM, die sich an der umstrittenen Grenzziehung in der ölreichen Abyei-Region entzündeten. Die vorerst entschärfte Krise hat uns die Instabilität des im Jahre 2005 initiierten Friedensprozesses zwischen Nord und Süd klar vor Augen geführt.

Die Lage im Sudan ist der Bundesregierung bekannt. Doch die heute zur Abstimmung vorliegenden Anträge zu UNAMID und UNMIS zeigen, dass sie falsche Schlussfolgerungen gezogen hat. Die Linke wird keinem der Anträge zustimmen; denn beide stehen für ein militärisches „Weiter so“. Die veränderten politischen Bedingungen wurden nicht ausreichend reflektiert.

In Bezug auf UNMIS vermissen wir ein angepasstes Konzept zur Unterstützung des Friedensprozesses, der in seine entscheidende und kritische Phase tritt. Unsere Ablehnung des UNAMID-Antrags ist grundlegender. Hier fehlt jeder Hinweis darauf, wie sich die Mission in eine politische Konfliktbearbeitungsstrategie einfügen soll. Damit ist die entscheidende Voraussetzung nicht erfüllt. Denn durch Militäreinsätze, auch durch solche mit UNO-Mandat, werden Konflikte nicht gelöst.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

UNAMID trägt nicht zur Lösung des Darfur-Konflikts bei. Daran wird auch eine Aufstockung der Mission nichts ändern. Denn ihre entscheidenden Probleme sind die fehlende politische Grundlage und die mangelnde Akzeptanz durch die Konfliktparteien.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Darfur-Friedensabkommen von 2006, das von wichtigen Rebellengruppen nie unterzeichnet wurde, ist politisch tot, und die seither eingeleiteten Vermittlungsprozesse sind gescheitert. Die Blockadeversuche des Baschir-Regimes und die zunehmenden Angriffe von Rebellengruppen und Milizen belegen, dass UNAMID vor Ort als Kriegspartei wahrgenommen wird. Daher ist eine Fortsetzung des Einsatzes aus unserer Sicht kontraproduktiv.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])

Der Linken und der Friedensbewegung wird wegen der Ablehnung von Kriegseinsätzen oft Verantwortungslosigkeit vorgeworfen. Ich sage Ihnen aber: Verantwortung zu übernehmen heißt, die nötigen Konsequenzen aus dem gescheiterten militärischen Engagement zu ziehen. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon unterstrich in seinem letzten Missionsbericht, dass UNAMID kein Ersatz für einen politischen Prozess sein darf.

Wir fordern die Bundesregierung auf, die Initiative zu ergreifen und den politischen Prozess wiederzubeleben. Zu unseren Forderungen gehören:

• Waffenstillstands- und Friedensgespräche auf der nationalen, der regionalen und der lokalen Konfliktebene, in denen auch zivilgesellschaftliche Kräfte Gehör finden; hier gibt es bereits Bewegung.
• Unerlässlich sind eine verbesserte Verzahnung und Koordination der Initiativen durch permanent tätige Vermittler der AU und der UNO sowie die stärkere Einbeziehung der Arabischen Liga.
• Vermittlung erfordert glaubwürdigen politischen Druck auf Rebellenführer, Regierungsmitglieder und Militärs. In diesem Zusammenhang plädiere ich in Übereinstimmung mit Kräften der sudanesischen Opposition für ein vorläufiges Aussetzen weiterer Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes gegen al-Baschir.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Dies ist nach Art. 16 der Römischen Statuten zulässig und politisch geboten, wenn sich al-Baschir in Richtung Friedensprozess bewegt.
• Parallel zu den Friedensgesprächen muss unter Beteiligung lokaler Kräfte ein Entwicklungsplan für den gesamten Sudan erarbeitet werden, um die sozioökonomischen Konfliktursachen zu überwinden.

Meine Damen und Herren, Betätigungsfelder für ein aktives und wirksames friedenspolitisches Engagement im Sudan gibt es genug. Die Beteiligung an UNAMID gehört nicht dazu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier [fraktionslos])