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Sudan: DIE LINKE fordert verstärkte Friedensdiplomatie

Rede von Heike Hänsel,

Heike Hänsel, entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, fordert in der Bundestagsdebatte um die UN-Einsätze im Sudan eine verstärkte Friedensdiplomatie und die Bekämpfung der sozialen Konfliktursachen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

leider diskutieren wir hier im Bundestag fast immer nur im Zusammenhang mit Militärmissionen über den Sudan. Friedensinitiativen standen hier noch nie zur Diskussion. Allein DIE LINKE hat in einem Antrag vor zwei Jahren Vorschläge für eine aktive Friedensdiplomatie und zur Bekämpfung der sozialen Konflikt-ursachen eingebracht. Diese Debatten sollten wir viel stärker führen.

Der Sudan droht auseinanderzubrechen. Und sollte es soweit kommen, wird es noch mehr Gewalt geben, noch mehr Tote, noch mehr soziales Elend - und noch mehr Bedrohung auch für die fragilen Staaten in der Nachbarschaft. Deshalb braucht der Sudan vordringlich eine breit angelegte Friedensinitiative, die alle Akteure - zivilgesellschaftliche und bewaffnete Gruppen - mit ein-schließt. Die Internationale Gemeinschaft muss eine breit angelegte Friedens-diplomatie in Gang bringen, um einen solchen Prozess zu unterstützen.

Die Ressourcen werden aber völlig falsch eingesetzt. UNAMID und UNMIS kosten jährlich zweieinhalb Milliarden US-Dollar. Zur Lösung der politischen und sozialen Konflikte im Sudan haben sie erwartungsgemäß nichts beigetra-gen.

Die Situation der Menschen in Darfur ist so hoffnungslos wie zuvor. Die UNA-MID überwacht dort ein Friedensabkommen, das nur auf dem Papier existiert, während sich die Zahl der Gewaltakteure vervielfacht hat. Die Versorgung der Millionen Menschen in den Flüchtlingslagern mit dem Lebensnotwendigen ist durch die Ausweisung etlicher Hilfsorganisationen noch schwieriger geworden.

Die Nachricht über den Angriff auf einen UN-Frachter mit Hilfsgütern im Süd-sudan hat uns verdeutlicht, dass auch der Süden des Sudan - trotz des Ab-kommens von 2005 - von einer nachhaltigen Friedensordnung weit entfernt ist. Zuletzt kamen über Tausend Menschen bei Kämpfen zwischen rivalisie-renden Milizen ums Leben. Soziale Konflikte, etwa um Landverteilung, werden auch im Südsudan zunehmend ethnisiert und von lokalen Eliten instrumentali-siert, während riesige Nutzflächen im Sudan internationalen Investoren zum Kauf bzw. zur Pacht angeboten und die Konflikte so potenziell weiter verstärkt werden.

Ich wünsche mir, dass wir im Bundestag viel öfter darüber diskutieren, wie wir all diesen Herausforderungen begegnen! Wie wir die Menschen im Sudan da-bei unterstützen können, selbstbestimmt einen friedlichen - gemeinsamen - Weg zu gehen.

Es muss eine Perspektive für den gesamten Sudan entwickelt werden. Diese Perspektive kann nur aus der sudanesischen Gesellschaft selbst entstehen und erkämpft werden. Die internationale Gemeinschaft sollte aber solche Pro-zesse unterstützen und Foren bereitstellen. Wichtig ist: Sie muss dabei als unparteiischer Akteur auftreten.

Wir unterstützen die Forderung sudanesischer ExpertInnen und zivilgesell-schaftlicher Gruppen nach einer nationalen Friedenskonferenz unter Einbezie-hung aller Akteure: Sudanesische Regierung, Milizenführer, lokale Politikerin-nen und Politiker, Stammesführer und religiöse Führer, Nichtregierungsorgani-sationen, Frauenorganisationen…

Waffenstillstands- und Friedensgespräche müssen auf allen Ebenen gefördert und unterstützt werden. Diplomatischer Druck auf die Beteiligten muss entwi-ckelt werden, um bereits vorhandene Ansätze und Initiativen voranzutreiben. Ich beziehe mich dabei z.B. auf die Verhandlungen auf Initiative von Katar, die seit März auf Eis liegen, oder auf die zivilgesellschaftliche Initiative, die - von UN und AU unterstützt - im letzten Monat in Äthiopien VertreterInnen der su-danesischen Zivilgesellschaft mit VertreterInnen der Regierung zusammen-bringen wollte und von der sudanesischen Regierung boykottiert wurde.

In diesem Zusammenhang kritisiert DIE LINKE, dass der Auslieferungsbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den Präsidenten Bashir kein Bei-trag zur Verbesserung der schlimmen Menschenrechtslage im Sudan, sondern im Gegenteil kontraproduktiv war und der Regierung einen Vorwand zum Boy-kott von Friedensverhandlungen in die Hand gegeben hat.

DIE LINKE fordert, dass die internationale Gemeinschaft sich stärker der Be-kämpfung der sozialen und wirtschaftlichen Konfliktursachen zuwendet. Es stünden ausreichend Mittel zur Verfügung, die - auf sinnvolle Weise in die zivi-le Entwicklung im Darfur und Südsudan investiert - zur Entschärfung der Kon-flikte dort beitragen könnten. DIE LINKE fordert zivile Entwaffnungsinitiativen, die von umfassenden Sozialprogrammen in den Konfliktregionen unterstützt werden.

Die Konflikte im Sudan haben auch eine internationale Dimension. In eine dauerhafte Friedenslösung müssen auch die Nachbarstaaten wie Tschad, Ä-thiopien, Eritrea, die Zentralafrikanische Republik eingebunden werden, eben-so internationale Akteure, die im Sudan auftreten, etwa die Arabische Liga o-der China. DIE LINKE fordert außerdem ein striktes Waffenembargo - nicht nur für den Sudan, sondern für die ganze Region.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, dass wir in der nächsten Legislatur dazu kommen werden, nicht immer nur über Ja oder Nein zu Mili-täreinsätzen zu debattieren, sondern darüber, wie wir zu einer dauerhaft fried-lichen und sozial gerechten Entwicklung in der Region beitragen können. Mit UNMIS und UNAMID wird uns das nicht gelingen.

(Rede zu Protokoll)