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Sudan braucht politische Friedensinitiativen

Rede von Hüseyin Aydin,

„Was hier stattfindet, ist eine Ersatzhandlung“

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir sollten uns nichts vormachen: In dieser Debatte zur Mandatsverlängerung für die UN-Mission im Sudan geht es gar nicht um die Konflikte und Kriege in Afrikas größtem Land. Ich halte das für höchst problematisch. Was hier stattfindet, ist eine Ersatzhandlung für einen konsequenten und strategisch geplanten Umgang mit dem Sudan, der eigentlich bitter notwendig wäre. Hören Sie auf, der Öffentlichkeit vorzumachen, dass Sie mit der Entsendung von 31 Soldaten einen nachhaltigen Beitrag zur Konfliktmilderung im Sudan leisten würden!
(Beifall bei der LINKEN)
Politische und diplomatische Initiativen sind geboten, um auf die sich abzeichnende Eskalation der zahlreichen Konflikte im Land reagieren zu können. Meine Fraktion hat ihre Position zur UNAMID und UNMIS bereits mehrfach dargelegt. Daran hat sich nichts geändert.
Während man über den Sinn und die Wirkung des UN-Einsatzes im Süden durchaus diskutieren kann, ist die Intervention in Darfur aus vielen Gründen ein Fehlschlag und trägt kaum etwas zur Konfliktminderung bei.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb wird meine Fraktion die Beteiligung an UNAMID ablehnen, während sich einige meiner Kolleginnen und Kollegen und ich selbst im Fall von UNMIS enthalten werden. Doch die Mandatsfrage ist, wie ich bereits andeutete, nicht das eigentliche Thema, das uns beschäftigen sollte. Vielmehr möchte ich die Bundesregierung fragen, welche diplomatischen Aktivitäten sie gegenüber dem Sudan zu entfalten gedenkt. Bisher kann ich nicht erkennen, dass es in der Bundesregierung ein angemessenes Interesse gibt, sich eingehend und dauerhaft mit einem der bedeutendsten Konflikte in Afrika zu beschäftigen.
Ich fordere Sie auf: Positionieren Sie sich endlich! Wie stehen Sie zur unbeirrten Unterstützung Frankreichs für das Regime von Idriss Déby im Tschad? Sind Sie der Meinung, dass die neokoloniale Politik unseres Nachbarlandes einer Konfliktbeilegung zuträglich ist? Sorgen Sie dafür, dass die sich widersprechenden Interessen internationaler Akteure in Bezug auf den Sudan klar benannt werden, und formulieren Sie Ihre eigenen Interessen; denn wir kennen sie nicht!
(Beifall bei der LINKEN)
Initiieren Sie eine Sudan-Politik auf europäischer Ebene, die diesen Namen auch verdient! Bisher ist der EU-Beauftragte für den Sudan, Torben Brylle, nicht wie sein Vorgänger durch wirksame Initiativen aufgefallen.
Die Ursachen für Kriege, Vertreibung und sporadisch aufflammende Konflikte im Sudan - nicht nur im Westen und Süden, sondern auch in anderen Landesteilen - sind sicherlich vielfältig und komplex. Doch eines ist ihnen allen gemeinsam: Die ungleiche Machtverteilung zwischen dem Zentrum in Khartoum und der dort tonangebenden militärischen und wirtschaftlichen Elite einerseits und politisch sowie sozial marginalisierten Regionen andererseits schafft die Grundlage für Armut, Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit, die letztlich zu Krieg führen.
Wir fordern einen umfassenden und langfristig angelegten gesellschaftlichen Dialog, der allen relevanten Bevölkerungsgruppen im Sudan ein Podium zur Formulierung ihrer Positionen bietet. Dieser Wunsch gilt für Dafur, für den Süden, aber auch für den Osten Sudans.
(Beifall bei der LINKEN)
Außerdem halten wir es für dringend geboten, den Sudan und dessen Konflikte aus einer regionalen Perspektive zu analysieren und entsprechend darauf zu reagieren. Aufseiten der Bundesregierung ist höchste Eile geboten, endlich eine Politik gegenüber der gesamten Region am Horn von Afrika und dem Sudan zu entwickeln. Ein zweites Somalia wäre eine Katastrophe - für die Sudanesen und ihre Nachbarländer.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)