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Straßen- und Schienenlärm wirksam reduzieren

Rede von Sabine Leidig,

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (15. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn, Dr. Anton Hofreiter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Rede zu Protokoll

Werte Kolleginnen und Kollegen,

es ist gut, dass das in der Tat fast völlig vernachlässigte Problem des Verkehrslärms an bestehenden Straßen und Schienenwegen hier noch einmal auf die Tagesordnung kommt – allerdings wahrlich spät.

Es ist ja nicht nur gesundheitsschädlich und nervenaufreibend für Leute, die an dicht befahrenen Straßen oder an Güterzugtrassen wohnen, sondern es ist auch noch ungerecht und perspektivlos - nach jetziger Rechtslage -, denn während es im Falle eines Neu- oder Ausbaus echte Grenzwerte gibt, die eingehalten werden müssen (in der 16. Verordnung nach dem BundesImmissiosschutzgesetz = 16. BImSchV), gibt es für bestehende Straßen und Schienen keinerlei Rechtsanspruch auf Lärmschutz. Für Bundesstraßen und Autobahnen sowie Schienenwege des Bundes gibt es freiwillige Lärmsanierungsprogramme, für die aber erstens mehr „Krach“ zulassen ist und auf die es zudem keinen Rechtsanspruch gibt.

Übrigens gilt das Bundesimmissionsschutzgesetz für alle Straßen – in Bund, Land und Kommunen.

Wir haben als Linksfraktion im März 2011 einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der die gleiche Thematik behandelt und der wesentlich anspruchsvoller war als das, was die Grünen hier vorgelegt haben. Unser Vorschlag sah vor, dass auch für bereits bestehende Bahnstrecken und Straßen die Lärmschutzwerte der 16. BundesimmissionsschutzVerordnung gelten sollen, versehen mit einer knapp 10-jährigen Übergangsfrist zur Lärmsanierung.

In Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, ist ein deutlich weniger anspruchsvoller Grenzwert vorgesehen. Und ich frage: wieso wollen Sie den AnwohnerInnen bestehender Strecken nicht den gleichen Schutzstandard gewähren wie denjenigen, die an einer Strecke wohnen, die neu ausgebaut wird? Folgt man dem Antrag, gibt es weiter Lärmbetroffene 1. und 2. Klasse!

Wir haben in unserem Antrag ganz klare Fristen vorgesehen, ab wann es ruhiger werden muss. Wir wollen dass die Werte bis 2020 überall eingehalten werden müssen. Laut Grünen-Antrag sollen zunächst Lärmsanierungsgebiete identifiziert und dann Lärmminderungsmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Aber Sie haben keinen klaren Rechtsanspruch auf ein bestimmtes Ruheniveau vorgesehen. Warum nicht? Das hieße doch, dass die Betroffenen sich dann - wie bei den Luftreinhalteplänen - über die Angemessenheit der einzelnen Maßnahmen vor Gericht streiten müssen. Auch hier weichen sie von der 16. BImSchV ab.

Und Sie sagen, dass die Kosten der Sanierung ermittelt werden sollen. Allerdings liegen für die Bundesfernstraßen und Schienenwege des Bundes bereits Zahlen vor. So beziffert die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Anfrage die Kosten der Angleichung der Werte für die Lärmsanierung an die 16. BImSchV auf 3,9 Mrd. € (Frage 1 in 17/8733). Das wäre doch mal ein sinnvolles Konjunkturprogramm und ist weniger, als wir Jahr für Jahr sowieso in die Bundesfernstraßen stecken! Bei Ihnen, liebe KollegInnen der Grünen, liest sich das aber so, als ob Sie den Finanzierungsvorbehalt in § 41 Abs. 2 des BImSchV nicht antasten wollen, so dass es Lärmsanierung weiterhin nur nach Kassenlage geben soll. Wir verlangen, dass diese Passage gestrichen wird, denn Gesundheitsschutz hat Vorrang!

Abschließend stelle ich fest, dass das was die Grünen hier beantragen, zwar leider hinter dem Nötigen und Möglichen zurück bleibt, aber es wäre deutlich besser, als das Nichts, welches leider die bestehende Rechtslage ist. Deswegen werden wir dennoch zustimmen. Deutlich besser allerdings wäre es gewesen, unser linker Antrag wäre beschlossen worden, um die Anwohner möglichst gut und zügig vom Höllenlärm zu entlasten. Diese Chance hat der 17. Deutsche Bundestag nicht genutzt. Aber wir werden dran bleiben – zusammen mit den vielen Bürgerinitiativen – und Druck machen, damit wenigstens in der nächsten Legislatur die Weichen zu Gunsten der betroffenen Menschen gestellt werden!