Zum Hauptinhalt springen

Störerhaftung bei offenen W-LANs endlich beseitigen!

Rede von Halina Wawzyniak,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren!

Noch immer sind weite Teile der Bevölkerung von der Nutzung des Internets ausgeschlossen. Nicht wenige können sich einen Internetanschluss einfach nicht leisten. Sie bleiben damit abgeschnitten von all den Möglichkeiten, die das Internet bietet. Besonders für Kinder bedeutet das einen eklatanten Nachteil für ihre Bildungschancen. Wir wollen, dass niemand von der Nutzung des Internet ausgeschlossen wird. Wir wollen, dass es nicht vom Geldbeutel abhängt, ob jemand das Internet nutzen kann oder nicht.

Eine Möglichkeit, dies zu realisieren ist die Einrichtung offener W-LANs, die von jeder und jedem genutzt werden können. Dies ist in vielen Ländern bereits Realität. In Deutschland hindert vor allem die sogenannte Störerhaftung ein flächendeckendes offenes W-LAN. Störerhaftung bedeutet, dass wer sein WLAN nicht oder nur unzureichend schützt und damit für jede Person in der Nähe zugänglich macht, dafür zur Verantwortung gezogen wird, wenn diese Person bei der Verwendung dieses Internetzugangs eine Straftat begeht. Eigentlich klingt dies ziemlich absurd, wurde aber im „Sommer unseres Lebens“-Urteil höchstrichterlich bestätigt. Die Folge ist eine Unsicherheit für Betreiber offener W-LANs und eine Ungleichbehandlung von Providern. Während die großen Provider von einer Störerhaftung ausgeschlossen sind, müssen kleine Provider wie Cafés, Hotels oder Privatpersonen stets befürchten, für Straftaten, die andere begehen belangt zu werden. Das ist absurd und so nicht hinnehmbar. Es wird also Zeit, diese Störerhaftung für alle Betreiber offener W-LANs endlich zu beseitigen.

Erfreulicherweise hat dies die SPD auch erkannt und einen entsprechenden Antrag eingebracht. Dieser ist jedoch von Lösungsansätzen weit entfernt und stellt lediglich einen Prüfauftrag an die Bundesregierung dar. Das ist uns viel zu wenig! Anstatt die Bundesregierung lediglich dazu aufzufordern, zu prüfen, die Störerhaftung zu beseitigen, brauchen wir konkrete Vorschläge. Zum Glück hat die Digitale Gesellschaft einen solchen Vorschlag unterbreitet, den wir sehr gerne aufgenommen haben. Konkret schlagen wir vor, das Haftungsprivileg von Zugangsprovidern im Telemediengesetz auf gewerbliche und private WLAN-Betreiber auszudehnen. Damit beseitigen wir das absurde Risiko, wegen Straftaten, die andere begehen, haftbar gemacht zu werden. Die Freistellung soll ausdrücklich auch für Unterlassungsansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen gelten, die etwa vielen Café-Besitzern in Folge der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zusetzen.

Oft wird uns entgegengehalten, dass man Betreiber von W-LANs ja nicht von der Haftung ausschließen kann, weil man ja sonst niemanden für eventuelle Straftaten, die bei der Nutzung dieses WLANs begangen werden, belangen kann. Ja, das ist in der Tat so. Die Frage ist doch aber, will man hinnehmen, dass vielleicht auch mal eine berechtigte Abmahnung erfolglos bleibt, als dass Menschen für Rechtsverletzungen anderer haften müssen. Ich finde, das kann man hinnehmen. Auch außerhalb des Internets kann man nicht einfach irgendjemanden bestrafen, nur damit jemand bestraft werden kann. Wenn das Ergebnis davon ist, dass wir endlich offene W-LANs ermöglichen, ist der Preis nicht zu hoch. Und wenn ein weiteres Ergebnis ist, dass das eh schon absurde Abmahnunwesen eingedämmt wird, dann ist das sogar ein sehr positiver Nebeneffekt.

Zum Schluss weise ich darauf hin, dass das das Teilen von Internetzugängen keine reine rechtspolitische Frage ist, sondern auch eine netz- und sozialpolitische. Wer sein WLAN anderen zur Mitnutzung zur Verfügung stellt, ist kein potenzieller Verbrecher, sondern tut etwas Gutes. Besonders sozial benachteiligten Bürgerinnen und Bürgern wird mit unserem Entwurf ermöglicht, in einem solidarischen Verfahren einen Internetzugang zu erhalten. Wir werden uns zum Antrag der SPD enthalten. Nicht weil wir der Meinung sind, dass Störerhaftung kein Problem darstellt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen, dass die Störerhaftung so schnell wie möglich beseitigt wird. Dazu bedarf es konkreter Gesetztesinitiativen. Wir haben eine vorgelegt. Stimmen Sie ihr zu, dann muss die Bundesregierung auch nichts mehr prüfen.