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Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt

Rede von Richard Pitterle,

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen,

Steuerhinterziehung gilt vielen Leuten immer noch als Kavaliersdelikt, aber das ist es nicht. Im Gegenteil, Steuerhinterziehung ist hochgradig gemeinschädlich. Sie hat nämlich nicht nur in finanzieller Hinsicht negative Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft, wenn Geld in den Kassen fehlt, das dringend zur Sanierung der öffentlichen Infrastruktur, für Schulen, Straßen, Krankenhäuser gebraucht würde.

Steuerhinterziehung hat auch erhebliche soziale Auswirkungen. Bei ungleicher Verteilung des Wohlstandes in einem Land und einer Gesellschaft, wie es in der Bundesrepublik mehr und mehr der Fall ist, verstärkt Steuerhinterziehung auch soziale Spannungen. Häufig ist es nämlich eine finanziell ohnehin privilegierte Oberschicht, die Reichen und Superreichen, die durch Steuerhinterziehung ihre üppigen Pfründe dem Zugriff der Allgemeinheit vorenthalten wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns muss doch allen klar sein: An dieser Stelle fragt sich der Großteil der Bevölkerung, die vielen ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler stets, warum sie eigentlich die Hauptlast der Finanzierung unseres Landes tragen müssen, während diejenigen, die in Reichtum schwelgen, diesen auch noch mehr oder weniger unbehelligt am Fiskus vorbeischleusen können?

Deswegen ist es richtig und wichtig, dass in den letzten Jahren über die Fälle eines bekannten Fußballvereinspräsidenten und einer bekannten Frauenrechtlerin ein Umdenken begonnen zu haben scheint, dessen Auswirkungen wir nun auch im vorliegenden Gesetzentwurf und einer nach 2011 erneuten Verschärfung der Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige sehen können.

Da es die  Option der strafbefreienden Selbstanzeige allerdings nur für den Bereich der Steuerhinterziehung gibt, stellt sie letztlich immer noch eine strafrechtliche Privilegierung von Steuerkriminellen dar. Einfache Betrüger, die nicht zuerst den Staat, sondern ihre Mitmenschen direkt schädigen, haben diese Option nicht. Die Fraktion DIE LINKE stellt daher heute auch ihren Antrag zur Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige zur Abstimmung.

Zu diesem Schritt konnten Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung sich nicht durchringen. Meine Fraktion wird Ihrem Entwurf daher auch letztlich nicht zustimmen, sondern sich der Stimme enthalten. Aber ich will Ihnen trotzdem zu Gute halten, dass mit der geplanten Neuregelung wenigstens eine deutliche Verschärfung der bisherigen Regelungen einhergeht.

Hervorzuheben ist hier die deutliche Anhebung und Staffelung des zu zahlenden Geldbetrages beim Absehen von der Strafverfolgung nach § 398 a der Abgabenordnung. Wer Steuern hinterzogen hat muss hier künftig tief in den Geldbeutel greifen, um eine strafbefreiende Wirkung zu erzielen.

Darüber hinaus war es sinnvoll, die Problematik der Umsatzsteuervoranmeldung und der Lohnsteueranmeldung gesondert zu berücksichtigen, indem nachträglich korrigierte oder verspätete Umsatzsteuervoranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen zukünftig wieder als wirksame Teilselbstanzeige gelten. Für die kleine Unternehmerin oder den kleinen Unternehmer herrscht hierdurch nun Rechtssicherheit. Sie müssen zum Beispiel nicht mehr fürchten, bei versehentlich zu niedrig angesetzten Umsatzsteuervoranmeldungen gleich Gefahr zu laufen, wegen Steuerhinterziehung verurteilt zu werden.

Meine Damen und Herren, am Ende müssen wir aber trotz dieser Verschärfungen und Verbesserungen nach wie vor immer noch eines feststellen: Die Regelung der strafbefreienden Selbstanzeige ist letztlich auch Ausfluss einer Steuerhinterziehungskultur, die sich in dieser Form überhaupt erst aus ungleicher Verteilung und intransparenter, ineffizienter und teils auch schlicht ungerechter Besteuerung entwickeln konnte. Hier liegt der eigentliche Kern des Problems und die Fraktion DIE LINKE wird diese Debatte auch weiterhin vorantreiben.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!