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Staatsnahe Monopolisten bedient

Rede von Roland Claus,

Guten Morgen, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bundesminister Sigmar Gabriel wird uns in etwa einer halben Stunde wieder die gute wirtschaftliche Situation in Deutschland erklären in Bezug auf Arbeitsmarkt, Steuereinnahmen, Wachstumsraten.

(Ingbert Liebing [CDU/CSU]: Mit gutem Grund! – Johannes Kahrs [SPD]: Mit Recht, Herr Kollege! – Dr. Michael Fuchs [CDU/CSU]: Was stimmt, stimmt!)

– Das habe ich auch nicht bestritten, Herr Kollege. – Im September hat der Minister diese Betrachtung mit der Einschätzung abgerundet – ich zitiere ihn –:

"In der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik muss die Bundesregierung also irgendetwas richtig gemacht haben."

Bescheiden wie wir ihn kennen! Nun frage ich einmal andersherum: Kann es nicht vielleicht auch sein, dass die Opposition in Deutschland etwas richtig gemacht hat,

(Zurufe von der CDU/CSU und der SPD: Nein!)

weil sie die Regierung regelmäßig von noch größeren Fehlern abhält?

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wäre das nicht auch einmal einen Dank wert, meine Damen und Herren? Sie müssen sich darüber gar nicht so aufregen; denn ich denke nicht nur an die Opposition im Bundestag, sondern zum Beispiel auch an die CDU-Opposition in Nordrhein-Westfalen. Sie von der Union haben doch immer den Hauptfeind in Düsseldorf ausgemacht.

Zurück zu den wirtschaftlichen Leistungen. Leider sind die Früchte des Erfolgs sehr ungleich verteilt. Für Millionen von Beschäftigten und deren Kinder gilt leider: arm trotz Arbeit. Wer von seinem Lohn nicht leben kann und noch staatliche Hilfe braucht, wird verwaltungsmäßig „Aufstocker“ genannt. Das ist diskriminierend. Herr Bundesminister und Parteivorsitzender, das kann Sie doch nicht kaltlassen. Da muss ein Wirtschaftsminister doch etwas tun. Dafür gibt ihm das Parlament ja den Etat in die Hand.

Mit diesem Etat bedient das Bundeswirtschafts- und -energieministerium erneut staatsnahe Monopolisten, zum Beispiel Flugzeugbauer. Das kritisieren wir regelmäßig; das kennen Sie von uns. Aber mit diesem Etat tut das Ministerium auch etwas für die Förderung des Mittelstandes. Das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, ZIM, ist ein solches Programm, das von uns allen unterstützt wird. Insofern beantragt die Linke hier, die Mittel für dieses Programm im nächsten Jahr um 80 Millionen Euro zu erhöhen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist ein Vorschlag, dem Sie sich anschließen sollten. Dass das Geld in diesem Lande da ist, sehen Sie doch allein daran, dass das Kabinett schon in der nächsten Woche einen Nachtragshaushalt für 2016 beschließen wird, über den wiederum Geld verteilt wird.

Das Bundeswirtschaftsministerium fördert bekanntlich auch die internationalen Wirtschaftsbeziehungen, unter anderem durch Zuschüsse an etwa 130 Außenhandelskammern in aller Welt. Gerade von diesen Handelskammern ergeht seit Jahren die Botschaft an das Ministerium: Macht Schluss mit den Wirtschaftssanktionen gegen Russland, unter denen insbesondere ostdeutsche kleine und mittelständische Unternehmen leiden! Erfreulich ist, dass der Außenhandel zwischen Deutschland und Russland 2016 wahrscheinlich wieder anwachsen wird; aber noch immer beschäftigen Sie sich mit diesen Sanktionen.

Das Bundeswirtschaftsministerium ist auch das Ostministerium der Bundesregierung. Die Parlamentarische Staatssekretärin Gleicke fungiert als Beauftragte der Bundesregierung für die sogenannten – so der Begriff – neuen Länder; mit dem komischen Begriff muss man auch irgendwann mal aufräumen. Ein völlig falsches Signal aber setzen Sie nun mit diesem Haushalt, in dem die Mittel für die Ostbeauftragte um exakt ein Viertel abgesenkt werden. Das ist doch ein absurdes Signal. Wenn man das auf den Kalender von 2017 umrechnet, heißt das: Im Vergleich zu 2016 reicht das Geld dann gerade mal bis zum September 2017, also bis zur Wahl. Und da wundern Sie sich, wenn manche Kritiker daraus ableiten, dass hier womöglich die Abschaffung einer Ostverantwortung in der Bundesregierung etatisiert wird. Das haben Sie vom Wirtschaftsministerium bei der Beratung zwar vehement dementiert. Aber warum, frage ich Sie, gibt es dann einen solchen Dilettantismus beim Haushalt? Auch hierzu stellen wir einen Änderungsantrag. Das lässt sich ändern; da geht es nicht um so viel Geld. Folgen Sie unserem Vorschlag, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Eine zukunftsfähige Wirtschafts- und Energiepolitik ist mit diesem Etat nicht möglich. Das weiß wohl auch Bundesminister Gabriel. Eine andere Wirtschafts- und Energiepolitik ist nötig, und sie ist auch möglich.

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie abschließend um Verständnis bitten: Ich kann der Debatte nicht bis zum Schluss folgen, weil ich zu einer Trauerfeier für den verstorbenen langjährigen Stadtvorsitzenden meiner Partei in Halle, Frank Baier, fahren möchte. Ich bitte Sie um Verständnis dafür und danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)