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Staatliche Teilfinanzierung von Parteien verteidigen

Rede von Halina Wawzyniak,

Halina Wawzyniak (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Kollege Brandt hat schon darauf hingewiesen: Artikel 21 des Grundgesetzes gesteht den Parteien eine herausragende verfassungsrechtliche Rolle zu. Es ist deshalb folgerichtig, dass im Parteiengesetz Regelungen zur staatlichen Teilfinanzierung getroffen werden. Aber ich bin auch der Meinung, dass der Staat aufgrund der herausgehobenen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Parteien die Pflicht hat, Grundbedingungen für das Funktionieren des Parteiensystems zu schaffen. Das ist mit dem System der staatlichen Parteienfinanzierung geschehen. Es begrenzt im Übrigen auch die staatliche Parteienfinanzierung. Deswegen sagen wir: Die staatliche Teilfinanzierung der Parteien dürfen wir alle nicht infrage stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

- Ich dachte, dass an dieser Stelle alle Fraktionen klatschen. Aber das scheint nicht der Fall zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir finden jedenfalls: Wer das staatliche Teilfinanzierungssystem infrage stellt, der will eine Demokratie, wie wir sie nicht haben wollen, eine Demokratie, in der vor allem wirtschaftlich Mächtige die Parteien finanzieren. Wir wollen das staatliche Teilfinanzierungssystem erhalten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

- Es geht doch. Wunderbar.

Nun hat sich aber gezeigt, dass es ein paar Lücken in diesem staatlichen Teilfinanzierungssystem gibt. Das vorrangige Ziel dieses Gesetzentwurfs ist es, diese Lücken zu schließen. Ich will das so deutlich sagen.

Es ist schon angesprochen worden: Eine Partei, die sechs Jahre keinen Rechenschaftsbericht abgibt,

(Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Ist keine Partei!)

verliert die Parteieigenschaft. Das ist richtig, das finden wir gut. Es ist auch richtig, dass bei den Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit eine Saldierung von Einnahmen und Ausgaben stattfindet, damit kein Missbrauch betrieben wird. Auch das finden wir gut. Wir finden auch gut und richtig - auch das ist schon angesprochen worden -, dass die Strafzahlung bei rechtswidrig erlangten und nicht veröffentlichten Spenden nicht mehr vom Bundestagspräsidium verteilt wird, sondern in den Staatshaushalt zurückfließt.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN - Max Straubinger (CDU/CSU): Wenn das alles so gut ist, warum machen Sie nicht mit? - Paul Lehrieder (CDU/CSU): Bis jetzt stimmt alles!)

‑ Immer mit der Ruhe. - Jetzt gibt es den Vorschlag, die Zuwendung pro von den Bürgerinnen und Bürgern abgegebener Stimme um einige Cent zu erhöhen. Es ist richtig, dass die letzte Erhöhung 2002 stattgefunden hat. Ich verstehe sogar das Argument, dass es Tarifsteigerungen bei den Beschäftigten und auch sonstige Kostensteigerungen gibt. Wäre ich Bundesschatzmeisterin, würde wahrscheinlich auch ich so argumentieren. Für uns wäre aber eine solche Erhöhung nur dann akzeptabel, wenn es auch Regelungen zu Sponsoring und Spenden juristischer Personen in diesem Gesetzentwurf gegeben hätte.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen kleinen Punkt will ich noch erwähnen. Wäre ich Landesschatzmeisterin, würde ich allerdings noch darum kämpfen, dass auch der Betrag von 0,50 Euro, die den Landesverbänden pro abgegebener Stimme bei einer Landtagswahl gesetzlich zustehen, etwas erhöht wird. Aber ich bin nicht Landesschatzmeisterin; insofern ist das nicht mein Problem.

Ich will als Letztes noch Folgendes sagen: Wir haben bereits im Jahr 2014 einen Antrag zum Verbot von Spenden juristischer Personen eingebracht. Nach dem Parteiengesetz sind Parteien Vereinigungen von Bürgerinnen und Bürgern. Wir haben schon jetzt die Situation, dass Transferleistungsempfangende und Menschen mit geringem Einkommen a) unterdurchschnittlich oft zur Wahl gehen und b) unterdurchschnittlich in Parteien repräsentiert sind. Wir glauben, dass das Signal von Unternehmensspenden an dieser Stelle wäre: Die, die viel Geld haben, nehmen noch mehr Einfluss auf Parteien. Eine Spende - das muss man ehrlich sagen - wird nie nur aus gutwilligen Motiven geleistet, sondern es wird eine Gegenleistung erwartet.

(Zuruf von der CDU/CSU: Spenden sind ohne Gegenleistung!)

Ein letztes demokratietheoretisches Argument: Diejenigen, die den Gewinn erwirtschaften, entscheiden gar nicht darüber, wohin der Gewinn verteilt wird.

Ich komme zum Schluss. Wegen des verfassungsrechtlichen Status der Parteien und wegen der im Parteiengesetz getroffenen Definition von Parteien glauben wir, dass die staatliche Teilfinanzierung plus die eigenen Einnahmen, und zwar ohne Zuwendungen von juristischen Personen, ausreichen müssen, um Parteien zu finanzieren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU): Sind Sie jetzt dafür oder nicht?)