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Somalia: Piraterie das Wasser abgraben - Militäreinsatz beenden

Rede von Niema Movassat,

Niema Movassat (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

”Wenn wir alle Schiffe, die dieses Gebiet durchfahren, effektiv schützen wollten, dann wären alle Armeen dieser Welt nicht ausreichend.”
Dieses Zitat stammt nicht etwa aus einem Antrag der Linksfraktion, sondern aus einer Präsentation der EU. Es verdeutlicht die ganze Sinnlosigkeit der Operation „Atalanta“. Laut dem International Maritime Bureau ist die Zahl der Piratenangriffe trotz Militärpräsenz weiter gestiegen. Die Piraten haben ihre Angriffe regional ausgeweitet und sind gewaltsamer geworden. Die Gewaltspirale dreht sich demnach mit zunehmender Militärpräsenz weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Anstatt weiter Geld in eine sinnlose Militäroperation zu pumpen, sollte sich die Bundesregierung endlich mit den Ursachen der Piraterie beschäftigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Selbst das von der EU ins Leben gerufene Maritime Security Center benennt die Überfischung somalischer Gewässer durch internationale, oft illegale Fischfangflotten sowie die Giftmüllverklappung als auslösende Faktoren für die Piraterie am Horn von Afrika. So wird den somalischen Fischern jeden Tag ein weiteres Stückchen ihrer Existenzgrundlage entzogen. Machen wir es konkret: Da ist ein Fischer, der muss Frau und Kinder versorgen. Fangen tut er nichts mehr; denn das Meer ist leergefischt oder die Fische sind vergiftet. Wovon sollen er und seine Familie morgen leben? So erscheint Piraterie einigen tragischerweise als ein Ausweg. Natürlich ist Piraterie ein Verbrechen, die Zerstörung der Existenzgrundlage von Zehntausenden Fischern aber ebenfalls.

(Beifall bei der LINKEN)

450 Millionen Dollar hat Somalia im Jahr 2008 durch Raubfischerei verloren. Hinzu kommen finanzielle Schäden durch illegale Giftmüllentsorgung. Laut UN geht es hierbei sogar um radioaktive Stoffe und Schwermetalle. Viele der Raubfischer und Giftmüllentsorger sind Staatsbürger der EU. Wenn Sie, Herr Westerwelle er ist nicht mehr da tatsächlich etwas für die Sicherheit und die Menschen am Horn von Afrika tun wollen, dann gehen Sie endlich gegen diese Kriminellen vor.

(Beifall bei der LINKEN)

Im April dieses Jahres kündigte die EU-Kommission an, sich verstärkt um die Strafverfolgung von Raubfischern aus EU-Ländern zu kümmern. Was ist daraus geworden?
Was treibt die EU und die Bundesregierung also um, Kriegsschiffe im Rahmen einer zum Scheitern verurteilten Militärmission zu entsenden?

(Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Das ist doch zynisch!)

Mir scheint, dass die Sicherung von Handelswegen für die Bundesregierung zum Verteidigungsfall Nummer eins geworden ist und dass sie Angriffe von Piraten auf deutsche Handelsschiffe als Kriegserklärung wertet. Angeblich geht es bei „Atalanta“ ja um den Weltfrieden. Doch dass ein bettelarmes Land ein Vielfaches dessen, was europäische Handelsschiffe durch die Zahlung von Lösegeld verlieren, durch illegalen Fischfang verliert, scheint für die Bundesregierung ohne Belang zu sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie mögen einwenden, dass die Schiffe des Welternährungsprogrammes geschützt werden müssen. Diese Schiffe ließen sich besser durch zivilen Geleitschutz sichern. Investieren Sie die Gelder für den Militäreinsatz lieber in die Regenerierung der Gewässer und in Unterstützung für die somalischen Fischer. Sie werden sehen: Wenn die Menschen wieder die Möglichkeit haben, ihren Lebensunterhalt legal zu verdienen, wird die Piraterie nachlassen.

(Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Das ist doch töricht! Die Piraterie liegt doch am fehlenden Rechtsstaat in Somalia!)

Ein letzter Punkt: Bei „Atalanta“ geht es auch um die weitere Vorantreibung der Übernahme polizeilicher Aufgaben durch das Militär, also um die Auflösung der grundgesetzlich verankerten strikten Trennung dieser beiden Kräfte. Dies lehnen wir kategorisch ab. Wir bezeichnen den Militäreinsatz schon heute als unangemessen. Wir fordern das Ende der deutschen Beteiligung an „Atalanta“. Deshalb wird die Linke gegen den Antrag der Bundesregierung stimmen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Aufzeichnung der Rede finden Sie unter: www.youtube.com/watch