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"Sie haben die Weichen falsch gestellt"

Rede von Nele Hirsch,

Rede in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Ministerin, Sie haben sich vorhin hier hingestellt und gesagt, dass Sie die Weichen für Bildung, Forschung und Wissenschaft in Ihrer bisherigen Regierungstätigkeit richtig gestellt haben. Nun, die Linke ist hier grundlegend anderer Auffassung.

(Dorothee Bär (CDU/CSU): Das ist keine Überraschung!)

Wir sagen: Sie haben die Weichen falsch gestellt. Ich möchte Ihnen auch begründen, warum wir diese Auffassung haben.

Erstens. In der Bildungsfinanzierung sind Sie aus unserer Sicht vollkommen auf dem Holzweg. In Ihrer schriftlichen Bilanz, die Sie in der letzten Woche vorgelegt haben, loben Sie sich unter anderem dafür, dass es seit April Studienkredite gibt, dass Sie die Begabtenförderung ausbauen und dass Sie neue Modelle zum Bildungssparen entwickeln. Diese Maßnahmen so schreiben Sie weiter seien sozial und gerecht. Mit Verlaub, werte Frau Ministerin, diese Behauptung ist wirklich grober Unfug.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist eben nicht sozial und gerecht, dass diejenigen, die von Haus aus wenig Geld haben, am Ende ihres Studiums vor einem großen Schuldenberg stehen und diejenigen, die reiche Eltern und Verwandte haben, vollkommen unbelastet in ihre Zukunft starten können. Wir werden solchen Vorhaben deshalb nicht zustimmen. Anstelle dieser Studienkredite fordern wir mehr und besseres BAföG. Dazu liegt Ihnen heute ein Antrag der Fraktion Die Linke vor. Wir können nicht erkennen, dass das BAföG in der großen Koalition die Priorität hat, die es eigentlich verdient.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite vollkommen falsche Weichenstellung das hat hier heute Abend schon eine Rolle gespielt war die Föderalismusreform. Sie wurde vor der Sommerpause im Hauruckverfahren durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht. Ich möchte einige Worte an die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion richten, die sich heute und gestern für das Verhalten auf die Schultern geklopft haben, das sie an den Tag gelegt haben. Herr Kollege Hagemann hat sich beispielsweise eben dazu geäußert.

Ich möchte Sie daran erinnern, wie die ganze Diskussion, die wir hier zur Föderalismusreform geführt haben, aussah. Erst haben Sie über Monate hinweg gesagt, dass Sie diese Reform bildungspolitisch für grundlegend verkehrt halten, dass sie abgelehnt werden muss und dass Sie bei diesem Projekt nicht mitmachen. Dann hat die Unionsfraktion ein vollkommen unzureichendes Kompromissangebot gemacht: Das war das Zugeständnis der Aufweichung des Kooperationsverbotes für die Hochschulen es handelt sich um einen winzigen Teil dieser Reform

(Jörg Tauss (SPD): Die Länder, inklusive Berlin und Meck-Pomm und wie sie alle heißen, waren alle mit dabei!)

Herr Tauss, jetzt hören Sie erst einmal zu , und auch das nur unter der Maßgabe, dass alle 16 Bundesländer zustimmen. Als dieses Zugeständnis gemacht wurde, sind Sie sofort eingeknickt und haben der Reform zugestimmt. Ich finde, dass so ein Einknicken eigentlich keinen Applaus verdient. So ein Einknicken ist verkehrt. Wenn Sie damals nicht zugestimmt hätten, dann wäre diese Reform uns allen erspart geblieben.

(Beifall bei der LINKEN)

Die dritte falsche Weichenstellung sie wurde nicht von der großen Koalition vorgenommen, sondern bereits von Rot-Grün ist die Gestaltung der Steuerpolitik in diesem Land. Schon mit der Steuerreform von 2001 haben Sie rund 100 Milliarden Euro an Vermögende und Großkonzerne verschenkt; diese Entwicklung hält bis heute an. Diese 100 Milliarden Euro fehlen uns für eine bessere Bildung in diesem Land.

(Klaus Hagemann (SPD): Wir haben das Existenzminimum angehoben!)

Herr Hagemann, mich interessiert, wie Sie solch eine Politik unter anderem in Ihrem Wahlkreis begründen. Auch zu Ihnen kommen doch sicher zahlreiche Menschen aus Ihrem Wahlkreis, die Ihnen erläutern, dass sie die Busfahrt ihrer Kinder zur Schule kaum noch finanzieren können, dass es an Geld für die immer teureren Schulbücher fehlt, dass es an öffentlichem Förderunterricht fehlt und dass die private Nachhilfe eben auch viel zu teuer ist. Was erzählen Sie diesen Menschen?

(Beifall bei der LINKEN)

Sagen Sie ihnen die Wahrheit, dass Sie nämlich gerade dabei sind, die nächste Reform vorzubereiten, mit der Sie die öffentlichen Kassen noch weiter schröpfen werden und mit der Sie noch weiter von unten nach oben umverteilen werden?

Ich bin der festen Überzeugung: Wenn Sie den Menschen diese Wahrheit klar und offen ins Gesicht sagen werden, dann wird die große Mehrheit der Menschen in Ihrem Wahlkreis diesem Vorhaben nicht zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie betreiben neoliberale Schönrednerei. Sie streuen den Menschen Sand in die Augen und Sie machen eben nicht deutlich, worum es sich hier eigentlich handelt.
Wir finden, dass Sie die Voten aus Ihren Wahlkreisen ernst nehmen müssen, dass Sie grundlegend umsteuern müssen und dass Sie gerade in der Steuerpolitik von einem Verfahren wegkommen müssen, das Bildungsarmut produziert. Wenn Sie das täten, dann wären Sie auf dem richtigen Weg: hin zu einem besseren Bildungssystem und auch zu einer gerechteren Gesellschaft. Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, dabei hätten Sie sicherlich auch die Unterstützung meiner Fraktion, der Linken.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)