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Sanitäre Grundversorgung: Dezentrale und technisch einfache Lösungen gefragt

Rede von Hüseyin Aydin,

Zugang zu Wasser und fachgerechte Entsorgung von Abwässern in Entwicklungsländern verbessern

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Simbabwe ruft den Notstand aus, Tausende Menschen seien bereits an Cholera gestorben, mehr als 12 000 Menschen seien infiziert. Der Grund: kein sauberes Wasser. Der Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht. Weltweit steht genügend Wasser zur Verfügung. Ob es jedoch sauber und trinkbar ist und wie es verteilt wird, hat mit dem sozialen Gefälle in der Gesellschaft zu tun, aber auch mit dem Handeln der Regierungen. Das Recht auf Wasser ist unteilbar mit dem Recht auf sanitäre Grundversorgung verbunden. Was würden wir tun, wenn wir erst einmal eine halbe Stunde aus dem Dorf herauslaufen müssten, um uns hinter irgendeinen Busch zu hocken?

(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das war bei uns auch so!)

Im subsaharischen Afrika sind es zwei von drei Menschen, die unter solch menschenunwürdigen Bedingungen leben. Alle 20 Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an einfachen Erkrankungen wie Durchfall. Bei schlechter Abwasserbehandlung kommt es zu Cholera- und Ruhrepidemien, wie in Simbabwe. In Lusaka, der Hauptstadt von Sambia, leben 70 Prozent der Bevölkerung in informellen Siedlungen am Stadtrand. Hier greifen die Menschen auf die einfachsten Mittel zurück, wie die der „fliegenden Toiletten“: Man macht in eine Plastiktüte und wirft sie dann auf der Straße weg. Die Gefahr der Ansteckung ist enorm.

Die Probleme der sanitären Grundversorgung betreffen vor allem Mädchen und Frauen. Mangelnde Privatsphäre und Scham führen oft zu einer langen Verschleppung von Klogängen und so zu Erkrankungen. Viele Mädchen besuchen mangels Toiletten keine Schulen; Frau Eid wies bereits darauf hin. Ein Teufelskreis aus schlechten sanitären Verhältnissen, mangelnder Bildung, Krankheit und Armut!

Von der Erreichung des UN-Millenniumsziels, die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Wasser und Abwasserentsorgung zu halbieren, sind wir weit entfernt. Pro Sekunde muss mehr als eine Toilette gebaut werden. Nur etwa 10 Prozent der Abwässer werden in den Entwicklungsländern geklärt. Es gibt kaum Kanalisation. Die Grünen sprechen also mit ihrem Antrag ein notwendiges Thema an. Viele von den dargelegten Forderungen können wir nur unterstützen.

Ich möchte jedoch noch auf einige Punkte hinweisen: Der von Ihnen angesprochene Evian Actions Plan der G 8 von 2003 setzt bei Wasserver- und -entsorgung auch auf private Versorger. Private Versorger und Investitionen im Wassersektor haben in vielen Entwicklungsländern bereits zu katastrophalen Verhältnissen geführt. Es gibt Beispiele von unbezahlbaren Wasser- und Anschlusspreisen, was in Cochabamba in Bolivien zum Aufstand geführt hat.

Wir brauchen dezentrale und technisch einfache Lösungen. Sanitärkonzepte müssen, wie auch Sie ganz richtig sagen, mit Konzepten in der Landwirtschaft und im Energiebereich zusammengeführt werden. Hier ist viel Potenzial für Biogasanlagen und für Düngeversorgung.

Der Bedarf ist enorm. Diese Konzepte bringen kein Geld. Aber sie bedeuten Lebensqualität und Würde für die Menschen vor Ort. Darum geht es uns. Wir unterstützen den Antrag der Grünen, und wir werden die Umsetzung der Bundesregierung sehr genau beobachten, weil der Zugang zu Wasser ein Menschenrecht ist. Auch wenn die Bundesregierung mit 350 Millionen Euro im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit die Verhältnisse zu verbessern versucht - uns wurden bei unseren Besuchen bereits positive Beispiele gezeigt -, bedarf es hier vermehrter Anstrengungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)