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Sachverstand ist nicht gefragt - Debatte zur WSV reform

Rede von Herbert Behrens,

Herbert Behrens (DIE LINKE):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das Begrüßen einer Aktion oder einer Aktivität wäre ja ganz sinnvoll, aber begründet sollte sie dann doch schon sein, Herr Staffeldt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir stellen heute fest: Zwei Jahre debattieren wir über den Sinn und vor allen Dingen über den Unsinn der Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Ich finde, es sind zwei verlorene Jahre für die Belegschaften, die Jahr um Jahr Kolleginnen und Kollegen verlieren, weil deren Stellen nicht wieder besetzt werden. Das sind zwei Jahre Unsicherheit auch für Unternehmen, die ganz gern wissen wollten, mit wem sie künftig zusammenarbeiten müssen. Da sind auch Unsicherheiten bei den Freizeitkapitänen, bei den Tourismusverantwortlichen in den Kommunen, die nicht genau wissen, wie es weitergehen soll.
Nur eines ist sicher für alle Beteiligten: Wer so Politik macht, macht deutlich, dass Sachverstand hier nicht gefragt ist. Meine Meinung ist: Wer so Politik macht, der wird damit scheitern.

(Beifall bei der LINKEN Johannes Kahrs (SPD): Das tun sie im September!)

Was hören wir von den Koalitionsfraktionen, von Herrn Staatssekretär Ferlemann, von Herrn Staffeldt? Starke Sprüche über Tatkraft und Reformwillen der Bundesregierung. Aber das wollen die Kolleginnen und Kollegen, die dieses tagtäglich hören müssen, nicht mehr hören. Sie wollen, dass ihre Fragen und insbesondere ihre Vorschläge für eine zukunftsfähige WSV ernst genommen und registriert werden.

Der Bundesverkehrsminister ist dabei, Strukturen zu zerschlagen, die in den vergangenen Jahren gewachsen sind, aufgebaut und immer wieder umgebaut worden sind. Geschäftsführung und Belegschaften waren mit dabei. Direktion oder Personalräte, egal auf welcher Seite man gestanden hat, Ämter, Betriebsteile und Personal, haben es geschafft, dass beispielsweise die eben angesprochenen 80 Jahre alten Schleusen noch funktionieren. Sie haben auch dafür gesorgt, dass neueste Technologie eingeführt worden ist und von Anfang an funktioniert hat, und sie haben dafür gesorgt, dass junge Menschen eine sehr gute Ausbildung bekommen konnten und gut auf den Arbeitsmarkt vorbereitet sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür haben sie Anerkennung verdient statt Bedrohung mit Versetzung oder dem Entzug von Aufgaben. Ich will den Betroffenen allerdings keine Illusionen machen, dass ab jetzt gute Argumente stark genug sind, um den Bundesverkehrsminister überzeugen zu können. Ich glaube, was wir zuletzt vom Kollegen Staffeldt gehört haben, zeugt davon, dass das vergebene Liebesmüh ist.

(Beifall bei der LINKEN - Torsten Staffeldt (FDP): Ich fühle mich schwer getroffen!)

Wir haben festgestellt: In Niedersachsen werden Hannoversch Münden, Verden, Rheine, Meppen, Uelzen, Aurich und Hannover Kompetenzen und Know-how verlieren. Sie werden zu Außenstellen, Betriebs- oder Unterhaltungsämtern und müssen ihre Aufgaben und ihr Personal mit anderen Dienststellen neu sortieren und aufteilen.

Die CDU-Mitglieder vor Ort raufen sich die Haare und die CDU/FDP-Landesregierung das wurde vorhin erwähnt druckst zwar herum, hat sich aber zumindest davon überzeugen lassen, einen entsprechenden Beschluss zu fassen und diese Reformpläne abzulehnen.
Ich habe ein Zitat mitgebracht:

Eine Reform, die ohne jede Rücksicht auf die speziellen Belange der Schifffahrt und Hafenbetreiber eine Kategorisierung der Bundeswasserstraßen vornimmt und auf dieser Grundlage alle betroffenen Akteure vor vollendete Tatsachen stellt, kann nach Auffassung
- hört! Hört!
der Kreis-CDU - also des CDU-Kreisverbandes Aurich - auf Dauer keinen Erfolg haben.

Das sagte der dortige Kreisvorsitzende Sven Behrens. Sven Behrens hat recht: Der Verkehrsminister und die Regierungsfraktionen werden auf Dauer keinen Erfolg haben. Schon am 20. Januar, dem Wahltag in Niedersachsen, wird sich das zeigen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Linke macht Vorschläge, welche Aufgaben eine zukünftige WSV übernehmen kann. Wir wollen nicht, dass alles so bleibt, wie es ist. Das wäre dummes Zeug. Im Gegenteil: Wir wollen, dass die Kolleginnen und Kollegen vor Ort, mit denen wir auch gesprochen haben, weitermachen können mit ihren Reformvorschlägen, dass sie wirklich zukunftsfähige WSV-Arbeit machen können. Sie haben sehr gute Vorschläge vorgelegt bekommen, egal ob in Schweinfurt, Berlin oder Magdeburg. Das hört man auch in Emden oder Aurich.

Die Betroffenen haben keine Angst davor, sich zu verändern. Sie nehmen diesen Veränderungsprozess auf und wollen die Reform gestalten, wenn es denn eine Reform wäre statt eines Projekts, das ausschließlich darin mündet, die WSV zu zerschlagen. Was jetzt vorgesehen ist in Bonn wird eine zentrale Bürokratie aufgebaut, und es wird ein neues Organigramm erstellt, in dem die Behördenstruktur neu zusammengestellt wird , reicht ihnen nicht aus.
Das sind keine Maßnahmen, die eine moderne Wasser- und Schifffahrtsverwaltung gestalten. Sie werden wird nicht dazu beitragen, dass wir zu einer ökologischen Bewirtschaftung der wichtigen Schifffahrtswege kommen. Unternehmen oder ökologische Ansprüche werden mit dem, was Sie auf den Weg bringen wollen, nicht zufriedengestellt werden.
Nein, der Umbau der WSV in dieser Weise bringt überhaupt nichts auf den Weg. Sie soll lediglich darauf reduziert werden, Aufträge zu vergeben. Das Stichwort „Privatisierung“ wurde genannt. Das ist schlecht für die Kompetenzen, die die WSV heute noch hat. Das ist schlecht für eine ökologische Flusspolitik. Da gehen wir nicht mit.

Ich vermute, spätestens ab September 2013 werden die Karten neu gemischt. Darauf können die Kolleginnen und Kollegen vertrauen, die zurzeit mit der Zerschlagung ihrer WSV zu tun haben. Ich freue mich darauf, diese Prozesse mit zu begleiten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)