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Sabine Zimmermann: Soziale Absicherung von Selbständigen verbessern

Rede von Sabine Zimmermann,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung ist der Meinung, dass Deutschland mehr Selbstständige braucht. Das Bundeswirtschaftsministerium verkündet im Rahmen einer Initiative – zu lesen auf der Internetseite; ich zitiere –:

"Hier besteht noch viel Potential für mehr Aufbruchsstimmung, Wagemut und Lust auf unternehmerische Selbständigkeit."

Das ist doch wieder typisch für diese Bundesregierung. Von anderer Seite fordert sie Bewegung, aber bei ihrer eigenen Politik sehen wir nur Stillstand, und das sorgt natürlich auch für Resignation, besonders bei unseren Selbstständigen. Das, finde ich, muss hier einfach mal gesagt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei den großen Risiken des Lebens wie Krankheit und Altersarmut lassen Sie die Selbstständigen im Stich; denn diese können sich nur sehr schwer dagegen absichern. Aber anstatt hier zu handeln, schicken Sie immer noch mehr Menschen sehenden Auges in prekäre Verhältnisse. Das ist unsozial, und das wissen Sie auch ganz genau.

Viele Selbstständige, insbesondere Solo-Selbstständige, berichten mir regelmäßig – ich gehe davon aus, dass auch Sie diese Situation aus Ihren Wahlkreisbüros kennen –, dass sie Sorgen und Ängste haben, die Krankenversicherung nicht mehr bezahlen zu können oder aber auch in Altersarmut abzurutschen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Viele Selbstständige verdienen so wenig, dass sie Probleme haben, ihre Krankenversicherung selbst zu bezahlen. Ein Grund dafür ist die zu hohe, nicht den tatsächlichen Einkommen entsprechende Mindestbemessung.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Ich will es Ihnen erklären: Ein Mindestbeitrag von rund 400 Euro ist für viele Menschen kaum zu leisten, gerade bei Solo-Selbstständigen. Sie nicken, liebe Kollegin Klein-Schmeink. Angesichts von Solo-Selbstständigen, die im Durchschnitt mit 1 500 Euro brutto nach Hause gehen, frage ich Sie von der Koalition: Wie sollen die noch 400 Euro als Mindestbeitrag für ihre Versicherung bezahlen? Das geht einfach gar nicht. Das ist unsozial, meine Damen und Herren, und das wissen Sie auch ganz genau.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr als die Hälfte aller Solo-Selbstständigen ist nicht für das Alter abgesichert, weder durch die gesetzliche Rentenversicherung noch über eine Lebensversicherung. Sie können es sich einfach nicht leisten. Da sagen wir: Das ist unsozial, und das muss sich verändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Regelungen zur Arbeitslosenversicherung für Selbstständige schließen viele Betroffene aus, da der Zugang zu restriktiv ist und die Beiträge oft nicht aufgebracht werden können. Viele Selbstständige fühlen sich mit ihren Problemen völlig alleingelassen. Nicht wenige – wir haben es heute schon gehört – schuften am Rande der Selbstausbeutung zu niedrigem oder niedrigstem Einkommen, muss man sagen. Über 100 000 Selbstständige stocken zusätzlich mit Hartz-IV-Leistungen auf. Das kann es doch wohl nicht sein. Das ist doch nicht das, was wir wollen. Wir haben ja mittlerweile für abhängig Beschäftigte, wenn auch viel zu spät und aus unserer Sicht viel zu niedrig, einen Mindestlohn eingeführt. Ebenso haben wir auch für Selbstständige eine Verantwortung und müssen eine Haltelinie nach unten einziehen. Das erwarten wir auch von dieser Bundesregierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke möchte einen realistischen und fairen Beitrag zur Krankenversicherung für alle Selbstständigen, der vor allen Dingen auch bezahlbar ist. Wir fordern, dass sich der Mindestbeitrag an der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro orientiert. Das wäre ein Beitrag von rund 70 Euro im Monat für die Krankenversicherung und von rund 12 Euro im Monat für die Pflegeversicherung.

(Beifall bei der LINKEN)

Oberhalb davon soll natürlich entsprechend dem Einkommen gezahlt werden wie bei Angestellten auch.

Außerdem brauchen wir eine Einbeziehung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung,

(Beifall bei der LINKEN)

um sie vor allen Dingen vor Altersarmut zu schützen. Altersarmut ist das große Thema, das wir dringend für die Zukunft bearbeiten müssen. Die Linke fordert eine Orientierung am tatsächlichen Einkommen. Die gesetzliche Rente muss wieder ein höheres Leistungsniveau haben. Die gesetzliche Rentenversicherung muss für einen sozialen Ausgleich sorgen und wieder für alle attraktiv sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Sie sehen also: Es gibt viel zu tun, gerade zur Verbesserung der Situation von Selbstständigen. Doch das, meine Damen und Herren der Bundesregierung, wird natürlich mit Ihrer unsozialen Politik nicht gelingen. Dafür bedarf es eines Politikwechsels, und der geht nur mit der Linken.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den letzten Satz hätten Sie sich sparen können!)