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Sabine Zimmermann: Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums muss für alle gelten

Rede von Sabine Zimmermann,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während bei der Förderung von Unternehmen alle Hebel in Bewegung gesetzt werden und nichts zu teuer ist, soll die soziale Absicherung von EU-Bürgerinnen und ‑Bürgern auf der Strecke bleiben. Wir sagen: Das Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums muss für alle Menschen in Deutschland gelten.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Alle Europäer nach Deutschland!)

– Das habe ich nicht gesagt, Kollege Zimmer.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das ist aber die Konsequenz!)

Mobilität in Europa muss sozial abgesichert werden. Das Streichen der sozialen Absicherung für EU-Bürgerinnen und -Bürger widerspricht grundsätzlich dem europäischen Gedanken. Daran krankt die EU aber schon seit Anbeginn. Im Mittelpunkt stehen die wirtschaftlichen Interessen, denen sich die Menschen unterzuordnen haben. Das Soziale bleibt auf der Strecke. Dagegen wenden wir uns hier.

(Beifall bei der LINKEN)

Namenhafte Juristen haben den Gesetzentwurf der Bundesregierung in Grund und Boden gestampft.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Wer denn?)

– Ich sage es Ihnen gleich, Kollege Zimmer. – Deren Gutachten sind mehr als eindeutig: Ihr Gesetzentwurf ist verfassungswidrig.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Grundrecht auf ein Existenzminimum steht allen Menschen in Deutschland zu, ob nun mit deutscher oder ausländischer Staatsangehörigkeit. So stellt Professor Dr. Berlit in seiner Stellungnahme fest:

"Mit nationalem Verfassungsrecht ist der Entwurf auf der Grundlage der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ... unvereinbar."

Noch deutlicher formuliert es die Neue Richtervereinigung:

"Die Abschaffung von Sozialleistungen an besonders schwache Mitmenschen untergräbt die deutsche Rechts- und Verfassungsordnung. Schwerer Schaden droht dem Arbeits- und Sozialrecht. Die Regelung schafft eine Gruppe moderner Sklaven, die alle Arbeitsbedingungen und jedes Lohnniveau akzeptieren müssen, um hier zu überleben."

(Michael Brand [CDU/CSU]: Sie wissen nicht, was Sklaven sind! Sonst würden Sie nicht solch eine Scheiße reden! – Gegenruf der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Was ist das für eine Vulgärsprache hier?)

– Das sagt die Neue Richtervereinigung. Ich zitiere hier. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

"Dies erhöht den Druck auf diejenigen, die zur Zeit regulären Beschäftigungen im untersten Qualifikations- und Einkommensbereich nachgehen. ... Bisher galt, dass jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft dasselbe Recht auf ein Leben in Würde in sich trägt. Die Neuregelung ersetzt dieses tragende Prinzip durch sozialrechtliche Apartheid."

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Das ist ein starkes Stück! – Michael Brand [CDU/CSU]: Sklaverei und Apartheid!)

"Die Folgen für die deutsche Gesellschaft sind unabsehbar."

Ich sage: Dieses Gesetz fügt sich in die unsoziale Politik dieser Bundesregierung ein.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Sie wollen ein Mindesteinkommen für alle Europäer, das die Deutschen bezahlen! – Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist eine Verharmlosung von Sklaverei und Apartheid!)

Dabei müsste es die Bundesregierung doch eigentlich besser wissen. Gerade Rumänen und Bulgaren wird oft unterstellt, sie kämen hierher, um Sozialleistungen abzugreifen. Die Erwerbsquote dieser beiden Gruppen liegt aber bei über 80 Prozent, sodass dieser Vorwurf unhaltbar ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen ein Europa für die Menschen. Dazu gehört auch die soziale Absicherung. Die Bundesregierung hat mit ihrer unsozialen Politik und mit ihren Spardiktaten schon genug Schaden in Europa angerichtet und für einen dramatischen Vertrauensverlust der EU bei den Menschen gesorgt. Dieser Irrweg muss endlich beendet werden.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Meine Güte!)