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Sabine Leidig: Alternativen statt Asphalt!

Rede von Sabine Leidig,

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Dieser Bundesverkehrswegeplan

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ist super!)

zielt auf noch mehr Verkehr und lässt umweltverträgliche Alternativen auf der Strecke. Deshalb lehnt die Linke ihn ab.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Minister Dobrindt behauptet, dass mehr Verkehr auch mehr Wohlstand bringt. Aber das ist reine Propaganda, und das wissen Sie natürlich. Es gibt schon viel zu viel Verkehr, zu viel Lärm, Abgase und Unfälle, zu viele Lkws in den Ortschaften, zu viele stehende Autos in den Städten, zu viel zerstörte Naturräume. Der Kampf um den Treibstoff für diesen Verkehr ist der wichtigste Grund für Kriege und Auseinandersetzungen im Nahen Osten. Ölkonzerne und der Klimawandel zerstören Lebensräume und treiben Millionen Menschen in die Flucht.

Wir brauchen endlich einen Einstieg in eine sozial-ökologische Verkehrswende.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen noch 15 Jahre vom zerstörerischen Weiter-so und Mehr-davon, werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von der CDU/CSU, und haben noch zusätzliche Straßenbauprojekte für Hunderte Millionen Euro in den Entwurf hineinverhandelt. So etwas machen wir nicht mit.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen Mobilität für alle – ja! –, aber mit weniger Verkehr. Niemand darf aufs eigene Auto angewiesen sein. Dafür braucht es aber deutlich mehr öffentlichen Nahverkehr, den Bahnausbau in der Fläche und überall sichere Fahrradwege.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben eine ganze Liste mit sinnvollen Eisenbahnprojekten vorgeschlagen, die einem solchen Konzept folgen. Die haben Sie – bis auf ein einziges, nämlich die Gäubahn, die schon längst in der Debatte ist – alle abgelehnt.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Unglaublich!)

Sie haben überhaupt alle Schienenprojekte abgelehnt, die von regionaler Bedeutung sind. Warum?

(Sören Bartol [SPD]: Weil es ein Bundesverkehrswegeplan ist! Sie haben es immer noch nicht verstanden! Sie werden es auch nie verstehen!)

Ein Viertel aller beschlossen Straßen hat überhaupt keine überregionale Bedeutung. – Sie brauchen hier gar nicht so herumzutönen; Sie wissen ganz genau, dass das ein eklatanter Widerspruch ist.

(Beifall bei der LINKEN – Gustav Herzog [SPD]: Er tönt nicht, er spricht Argumente aus!)

Der Kollege Herzog hat dann auch noch behauptet, man könne gar nicht so viele Bahnprojekte durchführen, weil gar nicht alle gleichzeitig gebaut werden könnten. Ja, aber wollen, dass es passiert, planen und das Geld dafür bereitstellen, wäre möglich. Das machen Sie bei den 1 300 Straßenbauprojekten, die Sie beschließen, ja auch. Die hat das Ministerium übrigens alle akribisch und so berechnet, dass sie sich angeblich alle lohnen.

Für die Bahn ist das bisher überhaupt nicht passiert. Sie haben es abgelehnt, dass auf der Schienenstrecke elektrifiziert wird. Sie haben nicht beschlossen, dass das 740-Meter-Netz realisiert wird, damit europaweit auf langen Strecken lange Güterzüge fahren können. Alles dies ist wirklich nichts, was in die richtige Richtung geht.

Ich will noch ein Thema ansprechen, das wirklich brennt. Landauf, landab haben sich viele engagierte Menschen im Rahmen Ihrer sogenannten Bürgerbeteiligung eingebracht. Sie reden ja immer davon, wie großartig Sie das gemacht haben. Es sind Tausende Vorschläge dazu gekommen, wie man unnütze Straßenbauprojekte vermeiden und Geld sparen kann, wie sinnvollere Lösungen gefunden werden können. Was ist passiert? Alle diese Einwendungen sind in einer Blackbox gelandet, und es ist nichts dabei herausgekommen. Nirgendwo ist zu erkennen, dass die Einwände und Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger irgendeine Wirkung gehabt hätten. Das ist nicht akzeptabel!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte ein Beispiel skizzieren, das zeigt, wie vernünftig die Alternativvorschläge sind. Das Bürgerforum Gladbeck fordert, dass auf den Bau der durchgehenden A 52 verzichtet wird, der übrigens schon bei einem Ratsbürgerentscheid 2012 mehrheitlich abgelehnt worden ist.

(Sören Bartol [SPD]: Das stimmt nicht! Falsch!)

Stattdessen schlagen sie sehr konkrete Maßnahmen vor, um die Verkehrsprobleme auf der Nord-Süd-Verbindung im Ruhrgebiet – Gladbeck–Bottrop–Essen – zu lösen und die Situation der regionalen Unternehmen zu verbessern: Umgestaltung der Bundesstraße, Verbesserung des Bahnverkehrs, bessere Radwege usw.

(Gustav Herzog [SPD]: Auf dem Radweg transportieren Sie dann die Container?)

bis hin zu geänderten Ampelphasen. Das ist doch viel sinnvoller, als noch mehr Geld in noch mehr Asphalt zu stecken.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben sich bisher geweigert, Alternativen zu akzeptieren oder auch nur zu prüfen.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Damit machen Sie Bürgerbeteiligung zur Farce, und das ist wirklich beschämend.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Fraktion stellt heute noch einmal zur Abstimmung, dass mehr Demokratie in die Projektplanung kommt. Bei den großen, umstrittenen Straßenprojekten – das sind ganz konkret 50 – sollen, bevor wir hier selbstherrlich beschließen: „So wird es gemacht“,

(Gustav Herzog [SPD]: Wir beschließen demokratisch, nicht selbstherrlich! Was haben Sie für ein Demokratieverständnis! Unglaublich! Das ist vielleicht der Zustand Ihrer Fraktion und Partei!)

vor Ort faire Dialogverfahren mit unabhängigen Gutachtern und neutraler Moderation stattfinden. So steht es übrigens in diesem sogenannten Handbuch für Bürgerbeteiligung, das Herr Ramsauer in der letzten Legislatur als Minister mit großem Brimborium öffentlich vorgestellt hat.

Die Alternativen müssen unabhängig vom Verkehrsträger geprüft und bewertet werden. Danach kann das Parlament entscheiden – das ist völlig in Ordnung. Aber das ist das Mindeste, was Sie im Rahmen dieser abschließenden Beratung noch besser machen können. Sorgen Sie für ein Mindestmaß an politischer Korrektheit und demokratischer Haltung in diesem Punkt! Nicht mehr und nicht weniger fordern wir an dieser Stelle.

(Beifall bei der LINKEN – Sören Bartol [SPD]: Das ist Demokratie!)