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Rüstungsexporte: Deutschland auf die Hinterbank!

Rede von Paul Schäfer,

Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren!
Es ist ja schön und gut, dass jetzt alle sagen: Wir müssen über die Rüstungsexportberichte zeitnah diskutieren. Das reicht aber nicht. Es ist auch gut, wenn jetzt gesagt wird: Eine Debattenzeit von 30 Minuten für drei Rüstungsexportberichte - da geht es um einen Wert von 30 Milliarden Euro - reicht nicht. Aber auch das haut nicht ganz hin.

Richtig ist, was Kollege Nachtwei gesagt hat: Die Federführung muss vom Wirtschaftsministerium zum Auswärtigen Amt verlagert werden. Es geht hier nicht um Exportförderung, sondern um unsere Außen- und Sicherheitspolitik. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Berichte müssen in allen Ausschüssen, die dafür zuständig sind, diskutiert werden: im Auswärtigen Ausschuss, im Verteidigungsausschuss, im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Wir haben in unserem Entschließungsantrag dazu Vorschläge gemacht.

Es geht auch darum, die Berichte inhaltlich weiter zu qualifizieren. Es stimmt einfach nicht, Kollege Fritz, dass diese Berichte das Nonplusultra an Transparenz wären. Bei den Sammelausfuhrgenehmigungen tappen wir im Dunkeln, und diese machen einen Großteil der Steigerungsrate aus. So ist der Zustand.

Dass es überhaupt noch eine kritische und fundierte Auseinandersetzung über deutsche Rüstungsexporte gibt, ist ausschließlich - da brauchen wir uns nicht in die Tasche zu lügen - der unermüdlichen Arbeit vieler kleiner und größerer Initiativen zu verdanken. (Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte die Liste des Kollegen Nachtwei ergänzen um den Gesprächskreis der beiden Kirchen und entwicklungspolitischer Gruppen, die GKKE, das Netzwerk gegen Kleinwaffenhandel, das Rüstungsinformationsbüro, „Ohne Rüstung Leben“, das Aktionsbündnis Landminen, Oxfam Deutschland, Amnesty International und das Berliner Informationszentrum Transatlantische Sicherheit. Ich möchte diesen Gruppen ganz herzlich danken; (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]) denn wenn die 30-minütige Debattenzeit vorbei ist, kann man das Nichtgesagte bei denen nachlesen. (Beifall bei der LINKEN)

Was die Sache betrifft: Bei den internationalen Waffengeschäften ist Deutschland einer der wichtigsten Global Player. 2004 wurden Rüstungsexporte im Wert von 6,2 Milliarden Euro genehmigt, im darauffolgenden Jahr ebenso. 2006 waren es 7,6 Milliarden Euro und 2007 8,7 Milliarden Euro. Wer also sagt: „Das sind zwar Steigerungen; wir haben aber immer eine gewisse Fluktuation“, hat nicht recht. Wir haben hier eine Konstanz.

2007 gab es kein einziges spektakuläres Großprojekt, das Verzerrungen begründen könnte. Wir liegen also an oberer Stelle, was die Rüstungsexporte betrifft. In diesem Zeitraum - zum Teil unter Rot-Grün, zum Teil unter Schwarz-Rot - ergibt sich eine Summe von 28,7 Milliarden Euro.

Schon diese grobe Bilanz zeigt zwei Dinge:

Erstens. Von einer wirklich restriktiven Waffenausfuhrpolitik kann keine Rede sein. (Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Ein Land, das zu den Top Five der Rüstungsexporteure gehört - das sind wir - , kann nicht als abrüstungspolitischer Musterknabe gehandelt werden. Der Widerspruch zur Abrüstungsrhetorik einiger Minister dieser Regierung ist doch augenfällig. (Beifall bei der LINKEN)

Es geht um strategische Waffensysteme wie U-Boote für Pakistan und Südkorea. Es geht um Eurofighter-Komponenten, die nach Saudi-Arabien geliefert werden, und um Kleinwaffen, die in zweifelhafte Staaten und überhaupt an Länder, die in bewaffnete Konflikte verstrickt sind, exportiert werden. Auch die vermeintlich unverdächtigen Rüstungslieferungen an NATO-Länder werden zum Problem, wenn diese Länder völkerrechtswidrige Angriffskriege führen wie die USA und Großbritannien im Fall Irak. (Beifall bei der LINKEN)

Wir Linke haben da ganz andere Vorstellungen. Die politischen Grundsätze der Bundesregierung müssen endlich ernst genommen werden; denn dann würde Deutschland nicht zu den Top Five gehören, dann würden wir auf der Hinterbank Platz nehmen, und das wäre gut so. (Beifall bei der LINKEN)

Abrüstung und Konfliktprävention müssen den absoluten Vorrang vor rüstungspolitischen Interessen genießen. Der zur namentlichen Abstimmung vorliegende Antrag der Grünen zum Stopp des U-Boot-Exportgeschäftes mit Pakistan wird von uns, um auch das zu sagen, voll und ganz unterstützt. Pakistan muss in regionale Sicherheitsbemühungen einbezogen und nicht auf See hochgerüstet werden.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN)