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Rede zum Gesetzentwurf zur Änderung der medizinproduktrechtlichen Vorschriften

Rede von Frank Spieth,

Überprüfung der Medizinprodukte war lange nötig. Endlich wurde ein entsprechendes Gesetz erlassen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Medizinprodukte sollen zukünftig geprüft und sicherer gemacht werden. Damit sollen die Patienten in Deutschland besser geschützt werden. Dieses zentrale Anliegen des hier zu beratenden Medizinproduktegesetzes wird von uns voll und ganz unterstützt.

Künstliche Hüftgelenke oder Herzschrittmacher sind keine normalen Handelswaren, sondern sie sind medizinische Hilfsmittel, an deren Funktionsfähigkeit im Interesse der Patienten höchste Anforderungen zu stellen sind. Diese Produkte dürfen nicht ohne vorhergehende fachlich qualifizierte Prüfung auf den Markt gebracht werden.

Die Gewinninteressen der Hersteller dürfen keinen Vorrang vor der Gesundheit der Patienten haben. Patientenschutz muss an erster Stelle stehen, auch wenn es dadurch für die Hersteller zu einer Verzögerung in der Einführung neuer Produkte kommt.

Diesen Grundsatz der Patientensicherheit folgt die Bundesregierung mit diesem Gesetz in weiten Bereichen. Bedauerlicherweise wurden aber einige Forderungen und Hinweise aus der Fachdebatte, auch mit den Sachverständigen, von der Koalition nicht in das Gesetz aufgenommen.

Studien belegen, dass über 80 Prozent der Patienten nicht wissen, dass Einmalprodukte, wie zum Beispiel Schläuche, aufbereitet und wiederverwendet werden. Für diese wenig vertrauenerweckende Praxis gibt es bisher keine verbindliche Regeln. Die hätte man in diesem Gesetz treffen können. Wiederverwendete Einmalprodukte sind eine Gefahr für die Patientensicherheit. In einer Studie mit über 2.000 aufbereiteten Produkten wird belegt, dass fast die Hälfte der Produkte Oberflächenschäden und Verschmutzungen aufwies. Das ist eine Bedrohung der Gesundheit der Patienten.

Andere Länder verbieten daher die Mehrfachwendung von Einmalprodukten in der Medizin.
Das Medizinproduktegesetz wäre der richtige Ort gewesen, Abhilfe zu schaffen und die Wiederaufbereitung gesetzlich zu regeln oder auch zu verbieten. Doch die Koalition hat diese Möglichkeit nicht genutzt.

Ein weiteres Problem: Es wird jetzt zwar gesetzlich geregelt, dass die Hersteller von Medizinprodukten Mängel an die zuständige Bundesbehörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), melden müssen. Diese Mitteilungsverpflichtung hat allerdings, wenn sie verletzt wird, keine Folgen für die Hersteller. Wenn die Meldung durch die Hersteller zu spät oder gar nicht erfolgt, dann bleibt es bei Briefen oder Mahnungen. DIE LINKE findet, dass diese Unterlassung zu einer Sanktion, zu einem Bußgeld führen muss, das dem Hersteller wehtut.

Alles andere ist wirkungslos. Wenn also ein Hersteller eines künstlichen Hüftgelenks davon erfährt, dass fünf bei Patienten eingebaute Gelenke gebrochen sind, dann muss er nach dem Gesetz den Vorfall dem BfArM melden, damit weiterer Schaden vermieden werden kann. Hält sich der Hersteller an das Gesetz und meldet die Probleme, hat das möglicherweise Konsequenzen auf die Zulassung des Produkts und damit auf den Gewinn des Unternehmens. Meldet der Hersteller das Problem nicht, passiert ihm nichts; aber dafür kommen Menschen zu Schaden.

Erst vor knapp zwei Jahren ist es zu einem Medizinprodukteskandal gekommen. Damals wurde man darauf aufmerksam, dass Hüftgelenksprothesen eines Herstellers häufig brachen. Da diese Fälle nicht nur in Deutschland, sondern in mehreren EU-Staaten auftraten, habe ich schon damals gefordert, eine europäische Behörde zu schaffen, die für die Sicherheit und die Überwachung zuständig ist. Wäre man bereits nach den ersten fünf Brüchen auf das Problem aufmerksam geworden, hätten Dutzende andere Patienten Schmerzen und zusätzliche Operationen erspart werden können.

Dafür muss man aber auch Sanktionsmöglichkeiten in das Gesetz schreiben. Aber genau dies wollte die Koalition nicht, obwohl das BfArM das Einführen von Sanktionsmöglichkeiten begrüßen würde. Wir halten diese Unterlassung für fahrlässig gegenüber den Patienten!

Der Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung und er ist gegenüber dem bisherigen Zustand im Sinne des Patientenschutzes ein eindeutiger Fortschritt. Da aber die Wiederverwendung von Einmalprodukten nicht untersagt oder wenigstens geregelt wird und die Sanktionsmöglichkeiten fehlen, wird sich die Fraktion DIE LINKE bei dem Gesetzentwurf enthalten.