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Foto: Rico Prauss

Rede von Susanna Karawanskij zu Protokoll gegeben am 22.06.2017

Rede von Susanna Karawanskij,

In der ersten Lesung zu unserem Antrag stellte ich fest, dass es in 2015 fast 21 000 teilungsbedingte Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin gab. Dazu machte Herr Kollege Lengsfeld den spöttischen Zwischenruf: „Was das an CO 2 kostet!“. Ich finde es erschreckend, wie schnell die CDU/CSU mit Hohn und Spott bei der Sache ist, wenn es um Umweltschutz und Ökologie geht. Natürlich sind teilungsbedingte Flüge nicht alleinige Ursache des Klimawandels. Aber es bleibt dabei: Die Teilung der Regierung ist unökologisch. Dies sollte Sie eher zum Nachdenken als zum Spotten anregen. Denn die miese Ökobilanz in Sachen Bonn-Berlin ist ein Abziehbild der politischen Bilanz dieser Regierungskoalition.

Dabei tut die Teilung der Regierung in zwei Regierungssitze schon lange nicht mehr not. Das Berlin/Bonn-Gesetz, das seit 1994 in Kraft ist, hat seinen Sinn, seine Aufgabe erfüllt, indem die Bundesstadt Bonn besonders gefördert wurde und heute wirtschaftlich, kulturell und politisch gut aufgestellt ist. Die Region Bonn droht nicht, Einöde zu werden. Da haben manche Kommunen in NRW ganz andere Sorgen.

Zudem sind einige wenige Ausnahmen sinnvoll: Wir wollen zum Beispiel nicht, dass Einrichtungen, die in ihrem Wirken explizit der Region Köln/Bonn verbunden sind, nach Berlin umziehen müssen. Dies trifft unter anderem auf das Haus der Geschichte zu. Wir fordern des Weiteren, dass bei einem Umzug des Bonner Regierungssitzes die Mitbestimmungsrechte der Belegschaften beachtet werden.

Fast 40 Prozent der Regierungsstellen sind noch in Bonn – ein absurd hoher Wert! Dabei ist eine Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin längst nicht mehr angezeigt, erst recht nicht, wenn es um zukunftsfähiges Regierungshandeln geht. Wir brauchen doch viel eher schnelle Reaktionen, gezielte, auch persönliche Absprachen, kurze Reaktionszeiten. Die Teilung steht dem entgegen und ist schlicht ineffektiv.

Selbst wenn die Arbeitsstellen der Regierung sich sehr, sehr langsam zugunsten Berlins bewegen, ist die Trennung der Regierungstätigkeit aus drei weiteren Gründen äußerst ineffektiv: Die Zweiteilung der Bundesregierung schwächt erstens die Rolle Berlins als Bundeshauptstadt. Zweitens wird die Koordinierung zwischen Regierung und Parlament erschwert, was nicht gut für unsere Demokratie ist. Da ferner junge Menschen viel eher nach Berlin als nach Bonn ziehen würden, wird drittens aufgrund der zwei Standorte die Nachwuchsarbeit in den Bundesministerien erschwert.

Die anhaltende Trennung der Regierungsstellen ist nicht nur unökologisch und besonders ineffektiv, sondern vor allem auch teuer. Gewiss kostet ein Komplettumzug der Regierungsstellen von Bonn nach Berlin auch Geld. Doch das ist ein einmaliger Akt über einen überschaubaren Zeitraum hinweg. Im Vergleich dazu bleiben die jährlichen Kosten für die Regierungsteilung mit fast 7,5 Millionen Euro in 2016 relativ konstant auf hohem Niveau. Die Kosten für die bereits erwähnten umweltschädlichen Zehntausenden von Dienstreisen pro Jahr beliefen sich in 2015 auf stolze 4,7 Millionen Euro. Und das sind jährliche Kosten! Wie wollen Sie diese Kosten vor den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern weiterhin rechtfertigen?

Selbst in einigen Ministerien wird ja schon mehr oder weniger laut über eine Beendigung der Aufteilung der Regierungsstandorte nachgedacht. Vielleicht gibt es Ihnen einen weiteren Ruck, wenn Sie berücksichtigen, dass gemäß einer repräsentativen Umfrage 83 Prozent der Bevölkerung einen Komplettumzug befürworten.

Schließlich schwächt eine Zweiteilung der Regierungstätigkeit sogar das föderale System. Wenn das föderale System durch Verteilung einzelner Ressorts, Behörden und sonstiger Einrichtungen auf Standorte außerhalb Berlins wirklich gestärkt werden soll, dann müsste man aber mehrere Standorte in den alten Bundesländern und insbesondere auch in Ostdeutschland wählen. Das Umweltbundesamt in Dessau oder das Biomasseforschungszentrum in Leipzig bleiben da jedoch leider Ausnahmen. Knapp 40 Prozent der Regierungsangestellten sind stattdessen in einer einzigen Stadt angestellt, in Bonn. Damit wird die Grundidee des Föderalismus entwertet.

Viele gute Gründe sprechen also für einen Komplett­umzug nach Berlin; deshalb brauchen wir ein Beendigungsgesetz zum Berlin/Bonn-Gesetz. Damit muss der Zustand der Regierungszweiteilung bis 2020 endgültig aufgehoben werden. Ich hoffe, dass die Bonner Republik somit in ihren wohlverdienten Ruhestand geschickt wird und alle, die immer noch für zwei Regierungssitze sind, endlich in der Jetztzeit und in der Berliner Republik ankommen, damit wenigstens diese Zweiteilung in unserem Land endlich beendet wird.