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Rede von Petra Sitte am 30.06.2017

Rede von Petra Sitte,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute reden wir mal wieder – und voraussichtlich zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode – über die endgültige Abschaffung der Störerhaftung

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Voraussichtlich! So ist es!)

– genau, voraussichtlich –, dieses Mal tatsächlich anhand eines Antrags, der halten sollte, was er verspricht. Es wird endlich klargestellt, dass WLAN-Betreiber, die ihr Netz frei zur Verfügung stellen, keine Haftung für Dritte tragen. Diese Störerhaftung ist – das hat der Kollege gerade gesagt – tatsächlich eine rein deutsche Erfindung, allerdings keine gute,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Marcus Held [SPD])

und ist in anderen Ländern völlig unbekannt. Das hat den rechtssicheren Betrieb von WLAN-Netzen lange behindert und damit ihren Ausbau wirksam begrenzt. Damit soll nun also Schluss sein.

Es bleibt aber festzuhalten, dass man das alles auch viel früher hätte haben können, wenn Sie damals, 2014, unserem Antrag zugestimmt hätten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Besser wäre es gewesen!)

Aber nicht nur 2014, sondern auch im letzten Jahr, als wir darüber diskutiert haben, haben wir Ihnen gesagt, dass das so nicht geregelt bleiben kann, weil das zu Problemen führt. Nun ist genau das passiert. Nun gut, dass Sie nicht auf mich hören, erschüttert mich nicht so tief. Aber wenigstens haben Sie auf den Europäischen Gerichtshof gehört.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir können ja anscheinend froh sein, dass es überhaupt noch zur Abstimmung kommt. Da gab es nämlich – so jedenfalls die Signale in der letzten Woche – eine ganze Reihe von Hürden, die zu überwinden waren. Bei der Anhörung im Wirtschaftsausschuss haben die Sachverständigen der Union freies WLAN in Gänze verteufelt; es hat nicht wirklich Spaß gemacht, dort zuzuhören. Bei den Bedrohungen, die da an die Wand gemalt wurden, wenn etwa Cafés freie Internetzugänge bieten, hätte mich nicht verwundert, wenn einer der Sachverständigen in einem Schlusssatz gesagt hätte, dass wir auch die Cafés verbieten sollten.

Dass sich diese Denkweise am Ende nicht durchsetzen konnte, ist ein Grund zur Freude. Getrübt wird diese allerdings dadurch, dass hier nicht einfach die Störerhaftung abgeschafft wird, sondern dass Sie dies mit einer weiteren Regelung, einer weiteren Bedingung verknüpfen. Es wäre auch zu schön gewesen, wenn Sie etwas richtig durchgezogen hätten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was Gutes, das wäre schön gewesen!)

Betreiber von WLAN-Zugängen sollen jetzt im Fall einer Rechtsverletzung verpflichtet werden können, Netzsperren gegen bestimmte Inhalte einzurichten.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha, Netzsperren wollt ihr einrichten!)

Das soll nun wirklich verstehen, wer will. Es ist ja nicht so, als ob wir nicht schon hundertmal über Erfolg und Misserfolg von Netzsperren in diesem Haus geredet hätten. Jetzt taucht das wieder auf. Wir wissen längst, dass solche Sperren ein vollkommen untaugliches Mittel zur Bekämpfung illegaler Inhalte sind

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Richtig!)

und immer mit der Gefahr verbunden sind, dass auch Inhalte gesperrt werden, die rechtmäßig sind.

Die technische Umsetzung solcher Sperranordnungen liegt dann bei Privatpersonen, die WLAN anbieten, oder bei Geschäftsinhabern. Damit droht erneut Unsicherheit. Wie viele von Ihnen wüssten denn, was Sie auf Ihrem Router einstellen müssten, wenn Ihnen eine solche Aufforderung ins Haus käme, um rechtlich und technisch auf der sicheren Seite zu sein?

Am Ende bleibt wohl bloß das Motto der Großen Koalition: keine Verbesserung ohne Verschlechterung. Wir werden uns diesmal bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf enthalten. Das ist vielleicht eine Ermutigung für Sie, in der nächsten Wahlperiode diesen Punkt anzugehen und ihn dann auch noch zu beseitigen.

(Beifall bei der LINKEN)