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Rede von Norbert Müller zu Protokoll gegeben am 10.11.2016

Rede von Norbert Müller,

Seit Aussetzen der Wehrpflicht ist die Zahl minderjähriger Rekrutinnen und Rekruten bei der Bundeswehr beständig gestiegen. Traten 2011, in dem Jahr also, in dem die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, 689 Minderjährige ihren Dienst an der Waffe an, sind es in diesem Jahr 1 576 unter 18‑Jährige. Hinter diesen Zahlen steckt eine Strategie: Die Bundeswehr und das Bundesverteidigungsministerium setzen im Wettbewerb mit der freien Wirtschaft gezielt auf die Anwerbung Minderjähriger. Immer neue Formate werden in Zusammenarbeit mit PR-Agenturen entwickelt, um möglichst früh die Begeisterung von Kindern und Jugendlichen für eine mögliche Karriere bei der Bundeswehr zu wecken.

Diese Praxis wird seit Jahren von Kinderrechtsorganisationen, Friedensinitiativen, Pädagogenverbänden und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit scharf kritisiert. Aber auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat der Bundesregierung bereits mehrfach empfohlen, die Rekrutierung Minderjähriger zu beenden. Und auch die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder des Deutschen Bundestages hat sich in ihrer jüngsten Stellungnahme dieser Forderung angeschlossen. Unser vorliegender Antrag greift das auf und fordert von der Bundesregierung, die Ausbildung von Minderjährigen an Waffen sofort zu beenden und einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr stoppt.

Wir als Fraktion Die Linke machen damit deutlich: Es darf keinen Vorrang von militärischen Interessen vor den Schutzrechten von Kindern und Jugendlichen geben. Die Rechte von Kindern und Jugendlichen, zu denen sich auch die Bundesrepublik Deutschland mit der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention bekannt hat, können aus unserer Sicht in militärischen Kontexten schlicht nicht gewährleistet werden. Dies wird insbesondere bei der Betrachtung der Unterschiede in der militärischen Ausbildung von minderjährigen und volljährigen Rekrutinnen und Rekruten deutlich. Die gibt es nämlich schlicht und ergreifend nicht. Minderjährige werden an der Waffe ausgebildet, sie werden mit Volljährigen zusammen untergebracht, es gibt keine gesonderten Ansprechpartnerinnen und ‑partner oder Schutzkonzepte gegen sexuellen Missbrauch.

Auch wenn Minderjährige nicht an Auslandseinsätzen teilnehmen dürfen und es ihnen ebenfalls untersagt ist, eigenverantwortlich sowie außerhalb der militärischen Ausbildung Funktionen auszuüben, bei denen sie wie etwa im Wachdienst zum Gebrauch der Waffe gezwungen sein könnten, ist es vor dem Hintergrund der internationalen Verantwortung der Bundesrepublik mehr als geboten, die Rekrutierung Minderjähriger endlich zu beenden. Wer glaubhaft international für die Demobilisierung von Kindersoldaten eintreten will, kann es sich nicht leisten, für die eigenen Armee Jugendliche zu rekrutieren, auch wenn dies auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung der Eltern geschieht.

Ich fordere Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, hiermit auf: Lassen Sie uns gemeinsam die Rekrutierung Minderjähriger für die Bundeswehr endlich beenden.