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Rede von Martina Renner am 28.06.2017

Rede von Martina Renner,

Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der NSA-Untersuchungsausschuss war richtig, er war wichtig, und er war erfolgreich, obwohl einige wirklich alles darangesetzt haben, die Arbeit zu behindern: sinnfreie Schwärzungen, beeinflusste Zeugen, Drohungen und manches, was sich nur im Geheimen abspielte.

Und doch kam vieles heraus. Milliarden Daten unbescholtener Bürger und Bürgerinnen flossen an die NSA. Der BND war willfähriger Helfer der US-Spionage in Europa und übernahm unhinterfragt Millionen von Suchbegriffen, die die NSA ihm übergab. Er stand der NSA in nichts nach und hörte auch selbst Presse, Zivilgesellschaft und Parlamente ab. Vermutlich tut er das noch heute.

Das Parlamentarische Kontrollgremium und die G 10-Kommission wurden ignoriert und belogen. Das belegen die Feststellungen zu den Operationen „Eikonal“ und „Glotaic“. Die Bundesregierung trägt Mitverantwortung an den vielen Drohnentoten im geheimen Krieg. Ohne die Duldung der US-Basis Ramstein könnten die Drohnen nicht fliegen. 900 zivile Opfer, darunter 200 Kinder, Angst und Schrecken in den betroffenen Regionen – Deutschland darf nicht länger Baustein im geheimen Krieg sein. Frau Merkel, schließen Sie Ramstein!

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Arbeit des Untersuchungsausschusses hat Verantwortlichkeiten aufgedeckt. Hartmut Pauland, der ehemalige Leiter der Abteilung „Technische Aufklärung“ im BND, genießt die Sonne Floridas, obwohl er für den Bruch des Fernmeldegeheimnisses in unzähligen Fällen die Verantwortung trägt.

(Zuruf von der LINKEN: Skandal!)

Günter Heiß, im Kanzleramt zuständig für die Nichtkontrolle der Nachrichtendienste, wurde ebenfalls nicht belangt. Staatssekretär Fritsche hat dafür gesorgt, dass das Parlament möglichst nicht stört, wenn Dienste illegal überwachen. Die Entdeckung der rechtswidrigen NSA- und BND-Selektoren konnte er jedoch nicht verhindern.

Doch verantwortlich ist auch die Bundeskanzlerin. Abhören unter Freunden, das ging 2013, als ihr Handy abgehört wurde, und das geht bis heute. Sie hätten es wissen müssen, Frau Merkel; doch Sie lassen sich von den Geheimdiensten auf der Nase herumtanzen. Richtige, zielführende Konsequenzen – bis heute keine.

Der BND ist aktiver Teil der globalen Überwachungsarchitektur der Geheimdienste. Er liefert Kontaktlisten, Gesichtserkennung, persönliche Vorlieben, politische Einstellungen – nicht nur von Terroristen, sondern von uns allen. Selbst die Telekom äußerte Zweifel, als der BND im Inland ihre Kabel anzapfte. Doch das Kanzleramt sprang in die Bresche und schrieb der Telekom einen Brief – alles sei in Ordnung. Meine Vorstellung von einem funktionierenden Rechtsstaat ist das nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Aufzuklären bleibt, ob diese illegale Praxis bis heute andauert und der Abgriff an den Kabeln unter Beteiligung der NSA unter den neuen Operationsnamen „Wharp­drive“ und „Emerald“ fortgesetzt wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Klagen von Menschen, die sich gegen die illegalen Machenschaften der Dienste wehren, machen Hoffnung. Für diese Menschen haben wir Verantwortung. Sie verdienen es, dass wir rechtsfreie Räume im BND schließen, dass wir uns nicht länger mit Lügen abspeisen lassen und dass wir uns nicht den Interessen der Geheimdienste beugen. Wir sind dazu bereit. Die Regierung stellt sich weiter vor die Dienste und tritt die Rechte der Opposition mit Füßen. Das hat sie dieser Tage wieder unter Beweis gestellt. Noch nie hat ein Ausschussvorsitzender so selbstherrlich und willkürlich versucht, die Opposition in einem Untersuchungsausschuss zum Schweigen zu bringen.

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Quatsch!)

Ein Wort an die SPD: Ihre Heuchelei ist unübertroffen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Während Sie drei Jahre lang in jedes Mikrofon sprachen, wie wichtig Ihnen die Aufklärung sei, haben Sie in unseren Beratungssitzungen hinter verschlossenen Türen jedes Mal mit die Hand für die Vertuschung gehoben.

(Christian Flisek [SPD]: Ich habe eine mäßigende Rede vorbereitet! Das sollten Sie sich vielleicht merken!)

Als Opposition und als Linke haben wir uns in diesem Ausschuss stellvertretend für das Parlament gegen die Geheimdienste und die Regierung behauptet. Das konnten wir mit Unterstützung der mutigen Whistleblower, der engagierten Zivilgesellschaft und kompetenter Journalisten und Journalistinnen. Wir danken deshalb Edward Snowden, Brandon Bryant und Chelsea Manning.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir danken den Bürgern, den Datenschützern und Datenschützerinnen, dem Chaos Computer Club und den vielen anderen, die auf den unbequemen Stühlen die Sitzungen mitverfolgt haben. Mit ihnen teilen wir die Überzeugung, dass Freiheit und Demokratie nicht von Geheimdiensten verteidigt werden müssen, sondern gegen sie.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)