Zum Hauptinhalt springen

Rede von Kirsten Tackmann zu Protokoll gegeben am 16.02.2017

Rede von Kirsten Tackmann,

Viel wird derzeit über Tierschutz und Tierwohl diskutiert. Für uns Linke ist das auch eine Frage von Strukturen, deshalb wollen wir zum Beispiel Bestandsgrößen am Standort begrenzen, um Megaställe zu verhindern. Und wir wollen die Tierdichte in Region begrenzen, auch um die Folge von Seuchenausbrüchen zu reduzieren.

Aber für uns ist Tiergesundheit auch eine Frage von ausreichendem, gut bezahltem und gut qualifiziertem Personal. Deshalb wollen wir unter anderem einen angemessenen Betreuungsschlüssel. Denn es gehört zur guten landwirtschaftlichen Praxis, den Tierbestand regelmäßig in Augenschein zu nehmen. Viele Landwirtschaftsbetriebe halten sich daran. Und das sollten wir auch einmal anerkennen. Oft schlecht bezahlt, wollen sie trotzdem sichergehen, dass es den Tieren im Stall und auf der Weide gut geht.

Damit die Gesundheit der Tiere gesichert ist, braucht es auch den Sachverstand der Tierärztinnen und -ärzte. Und hier lautet für mich das Zauberwort nicht Behandlung und schon gar nicht Medikamentenverkauf, sondern Prävention. Denn Krankheiten sollten vermieden werden, und dazu gehören nicht nur gut ausgebildete Tierhalterinnen und Tierhalter, sondern auch veterinärmedizinische Sachkenntnis. Deshalb fordert Die Linke schon lange eine integrierte veterinärmedizinische Betreuung zur Unterstützung der Tierhalterinnen und Tierhalter. Die Tierärzteschaft soll mehr beraten, damit weniger behandelt werden muss. Landwirtschaftliche Betriebe können davon profitieren, wenn die betreuende Tierärztin stärker in das Bestandsmanagement eingebunden wird, statt erst dann zum Hörer gegriffen wird, wenn es im Stall schon brennt.

Natürlich müssen diese präventiven Maßnahmen als tierärztliche Leistungen bezahlt werden. Genau da liegt das Problem. Die Linke betont immer wieder, dass der Ruf nach mehr Tierschutz im Stall allein nicht ausreicht. Denn solange möglichst niedrige Kosten das Maß des Erfolgs sind, ist es doppelzüngig, einzelne Landwirtinnen und Landwirte allein moralisch für mangelnde Betreuung verantwortlich zu machen. Stattdessen muss der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen so verändern, dass angemessene Erzeugerpreise faire Bedingungen für Mensch und Tier im Stall, aber eben auch eine sinnvolle tierärztliche Beratung gewährleisten. Nur so wird mehr Tierwohl erreichbar sein.

Doch leider hat sich die Bundesregierung in dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Bundestierärzteordnung nur auf das Zwingende beschränkt. Nach EU-Recht müssen tierärztliche Ausbildungen EU-weit anerkannt werden. Die Gesetzesänderungen regeln den Nachweis zu einer Eignungsprüfung, die Gleichwertigkeit eingereichter Ausbildungsnachweise und eröffnen die Möglichkeit für einen europäischen Berufsausweis. Das war die Pflicht, doch wo bleibt die Kür? Von einer Überarbeitung des tierärztlichen Berufsbildes, so wie es die Bundestierärztekammer gefordert hat, fehlt im Gesetzentwurf leider jede Spur.

Doch genau die hätte es im Sinne einer positiven Botschaft auch an den Berufsstand gebraucht, der sich diesen neuen Herausforderungen stellen muss. Übrigens auch oft entgegen weit verbreiteter Vorurteile schlecht bezahlt. Mal abgesehen von dem völlig ungelösten Problem, dass die wachsende Armut in unserem Land auch dazu führt, dass Rechnungen beim Tierarzt selbst für zwingende Behandlungen nicht bezahlt werden können. Stattdessen entschied das Bundessozialgericht kürzlich, dass Hartz-IV-Betroffene selbst bei der Hundehalterhaftpflicht keine Unterstützung erhalten, da diese nicht in direktem Zusammenhang zur Existenzsicherung oder mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stehe. Das gilt übrigens selbst für Menschen, die wegen niedriger Bezahlung mit Hartz IV aufstocken müssen. Kurzum: Wenn du arm – gemacht – wirst, musst du auch noch deinen Gefährten ins Tierheim abschieben oder noch mehr bei dir selbst sparen. Das ist unmenschlich und mehr als fragwürdig in einem Staat mit Tierschutz im Verfassungsrang.